Baar-Ebenhausen
Abgeordneter, KZ-Häftling und Kämpfer gegen Franco

Joseph Zäuner: Vor 125 Jahren wurde Baars erster frei gewählter Bürgermeister nach dem Zweiten Weltkrieg geboren

30.04.2015 | Stand 02.12.2020, 21:21 Uhr

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Baar-Ebenhausen (DK) Bayerischer Kommunist, KZ-Häftling in Dachau, antifaschistischer Widerstandskämpfer in Spanien und Bürgermeister von Baar nach dem Zweiten Weltkrieg: Joseph Zäuner führte ein bemerkenswertes Leben. Vor 125 Jahren wurde er geboren.

Als uneheliches Kind kam Zäuner am 2. Mai 1890 in Augsburg auf die Welt, wuchs aber bei seinem Großvater, einem Gaimersheimer Schafhirten, auf. Nachdem er mit 17 Jahren in die Unteroffiziersschule eingetreten war, wurde er beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs einberufen. Knapp ein Jahr später erklärte man ihn nach einem Konflikt mit einem Vorgesetzten jedoch für dienstunfähig: Der Träger dreier Orden hatte sich für seine Untergebenen eingesetzt, wie seine Ururenkelin Ann-Kathrin Lutz bei der Erforschung seines Lebens herausfand. „Die tragischen Erlebnisse, die Zäuner während des Ersten Weltkriegs miterleben musste, prägten ihn und änderten seine politische Gesinnung dauerhaft“, schreibt sie. Zäuner zog nach Baar und arbeitete in der Pulverfabrik in Ebenhausen.

Mit Kriegsende und Zusammenbruch der Monarchie schloss er sich der VKPD an, für die er 1924 sogar kurzzeitig im Bayerischen Landtag saß. Die Kommunistische Partei Deutschlands ergänzte ihren Namen vorübergehend um den Begriff „Vereinigt“. Zäuner war zu einem bekannten Redner avanciert und wurde wegen seines radikalen Auftretens mehrmals kurzzeitig inhaftiert, darunter erstmals im Jahr 1920 in Niederschönenfeld. Dort lernte er den ebenfalls verhafteten Schriftsteller Ernst Toller kennen. Zäuner verband zudem eine Freundschaft mit dem Schriftsteller Erich Mühsam.

„Zäuner war von Anfang an ein erbitterter Gegner des Nationalsozialismus und Hitlers“, so seine Ururenkelin. Schon bald nach der sogenannten „Machtergreifung“ 1933 wurde er ins Eichstätter Gefängnis gebracht und bald darauf mit vier weiteren „Schutzhäftlingen“ wegen „kommunistischer Betätigung“ ins Konzentrationslager Dachau verlegt, wo er zwei Jahre unter unmenschlichen Bedingungen inhaftiert war. Aber „auch im Lager blieb er seinen humanitären Grundsätzen und seiner politischen Gesinnung trotz aller Widrigkeiten und Misshandlungen treu“.

So wurde er als erster Dachauer Häftling mit einem Ochsenziemer ausgepeitscht. – er erhielt 80 Schläge aufs Gesäß. Mithäftlinge rühmen schon bald Zäuners Unerschrockenheit, seinen Mut und seinen Einsatz für seine Mitgefangenen. Wegen seiner untadeligen Haltung genoss er deren rückhaltloses Vertrauen.

Selbst die SS zeigte sich beeindruckt und übertrug ihm den Posten eines Arbeitsfeldwebels, die Verbindungsstelle zwischen Lagerleitung und Häftlingen. Hier bemühte er sich nach Kräften, die Lage der KZ-Insassen zu erleichtern und scheute auch vor Konflikten mit den Wachmannschaften nicht zurück. Nachdem er sich mit dem berüchtigten SS-Aufseher Hans Steinbrenner angelegt hatte (dieser wurde nach dem Krieg wegen Mordes verurteilt und beging Suizid), musste Zäuner sieben Monate in einem verdunkelten Bunker verbringen. Doch selbst die ständigen Misshandlungen dort konnten ihn nicht von seiner politischen und humanitären Überzeugung abbringen.

Nach der Entlassung aus dem KZ kehrte Zäuner zu seiner Frau Maria, die er 1916 geheiratet hatte, und seinen drei Kindern zurück. Doch ein Jahr später drohte ihm eine erneute Inhaftierung in Dachau. Rechtzeitig gewarnt, setzte er sich mithilfe von Freunden über die Schweiz und Frankreich nach Spanien ab. Hier schloss er sich den internationalen Brigaden im Kampf gegen General Franco an und nahm auch an der Schlacht von Guadalajara teil. In den nächsten Jahren verlieren sich seine Spuren. Aus einzelnen Briefen an die Familie sind nur Bruchstücke bekannt. Sicher scheint nur, dass er als Schäfer in Südfrankreich lebte und nach dem Einmarsch der Deutschen ins nordafrikanische Casablanca emigrierte, das unter französischer Herrschaft stand.

Erst 1946 nahm Zäuner wieder Kontakt zu seiner Familie auf: „Als Grund dafür nannte er nach seiner Rückkehr, er habe damit die Familie beschützen wollen“, schreibt seine Ururenkelin. Ende März 1947 hießen ihn etliche alte Freunde und Widerstandsgefährten bei seiner Rückkehr am Reichertshofener Bahnhof willkommen. 1948 fanden in Bayern wieder die ersten freien und demokratischen Wahlen statt. Der gesundheitlich angeschlagene Zäuner stellte sich und wurde mit großer Mehrheit zum Bürgermeister gewählt. Doch die Spätfolgen der Misshandlungen im KZ Dachau holten ihn ein: Am 10. Januar 1950 starb der 60-Jährige nach einem Schlaganfall. Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung wurde er auf dem Friedhof in Baar beerdigt. Viele Nachrufe würdigten seinen Mut und seine Standhaftigkeit, aber auch, dass er später seinen politischen Gegnern verziehen hat.