Ingolstadt
"Hinweise, aber keine Beweise"

Statistik: Zusammenhang zwischen AfD-Zweitstimmen und Bevölkerungsanteil mit Migrationshintergrund

26.09.2017 | Stand 02.12.2020, 17:26 Uhr

Ingolstadt (DK) Die Wahlschlacht ist geschlagen, die Suche nach den Ursachen für den Erfolg der AfD und die herben Verluste der etablierten Parteien hat begonnen. Eine politische Bewertung will Helmut Schels nicht abgeben. Doch der Statistiker der Stadt kann umfangreiches Datenmaterial liefern und daraus einige Erkenntnisse ableiten.

Sein Fazit: Keine Beweise, aber zumindest gewisse Hinweise darauf, dass es einen Zusammenhang zwischen den Zweitstimmen für die AfD und einem hohen Anteil an Spätaussiedlern in der Bevölkerung gibt.

Doch zunächst ein Vergleich der acht bayerischen Großstädte, der ebenfalls aufschlussreich ist. Ingolstadt weist danach sowohl bei den Erst- als auch bei den Zweitstimmen mit den höchsten Wert bei der CSU (49,5/41,7 Prozent) und der AfD (13/15,1) auf und zugleich mit den niedrigsten Wert bei der SPD (13,6/13,3) und den Grünen (6,3/7,2). Die CSU verlor zwar 14 Prozent, verzeichnet aber in Ingolstadt mit Abstand das beste Ergebnis unter allen bayerischen Großstädten - für Schels ein Hinweis auf eine doch eher konservative Grundhaltung in der Ingolstädter Bevölkerung. Fast drei von vier Stimmberechtigten gingen am Sonntag zur Wahlurne und damit gut neun Prozent mehr als vor vier Jahren.

Bereits am Wahlabend wurde die These aufgestellt, dass das Abschneiden der Parteien, speziell der AfD, mit dem Anteil der Ausländer oder Aussiedler zu tun hat, die heuer offenbar auch verstärkt zur Wahl gingen. Die Statistik hat dafür spezielle Berechnungsverfahren auf Basis der 107 Stimmbezirke in Ingolstadt entwickelt. Wie Schels betont, ist ein Vergleich der Stimmbezirke mit der Bundestagswahl vor vier Jahren allerdings nicht möglich, weil diese entsprechend der Bevölkerungsentwicklung angepasst wurden. Im Gegensatz dazu bleiben die Stadtbezirke natürlich gleich. Schels hat nur die Urnenwähler berücksichtigt. Die über 24 000 Briefwähler wurden nicht mitgezählt.

Der Zusammenhang zwischen AfD-Zweitstimmen und dem Anteil an bestimmten Bevölkerungsgruppen wird mit einem Koeffizienten ausgedrückt. Ist dieser null, gibt es gar keinen Zusammenhang, ist dieser 1, so liegt eine hundertprozentige Deckungsgleichheit vor. Ab einem Koeffizienten von 0,5 sprechen die Statistiker von einem Zusammenhang.

Bei den AfD-Zweitstimmen im Abgleich mit dem Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund im jeweiligen Viertel liegt der errechnete Wert bei 0,6, es ist also ein gewisser Zusammenhang da. Bei AfD-Zweitstimmen und Aussiedlern beträgt der Wert 0,62, bei eingebürgerten Ingolstädtern 0,5 und bei Ausländern allgemein 0,38. Zwischen AfD-Stimmen und Ausländeranteil ergibt sich also kein Zusammenhang. Für Schels ergeben sich aus diesen Zahlen "Hinweise, aber keine Beweise" für einen gewissen Zusammenhang. "Man darf diese Ergebnisse aber nicht verallgemeinern", betont er. Genaueres werde die Analyse in den nächsten Wochen zeigen.

Vor allem im Nordosten erzielte die AfD zum Teil Ergebnisse von 30 Prozent und mehr. Hochburgen dieser Partei waren die Wahlbezirke 232 (Sir-William-Herschel-Schule) und der Wahlbezirk 213 (Ungernederstraße). Doch auch in Mühlhausen, einem eher ländlichen Bezirk Ingolstadts ohne Ausländer, erzielte die AfD 26 Prozent der Stimmen. Für den Statistiker ist das nicht ganz so überraschend: In Mühlhausen leben relativ viele eingebürgerte Aussiedler.