Unterschiede im Detail

17.02.2008 | Stand 03.12.2020, 6:08 Uhr

Im völlig überfüllten Saal stellen die Zuhörer ihre Fragen an die Kandidaten, wie Hilde Lange, die sich über den Verkehrslärm beschwert.

Greding (HK) Zwei kompetente Kandidaten für das Amt des Gredinger Bürgermeisters standen Rede und Antwort: Margareta Bösl und Manfred Preischl stellten sich und ihre Ideen für Greding einem großen Publikum vor. Mit auf dem Podium saßen die HK-Redakteure Rainer Messingschlager und Volker Luff.

Mit diesem riesengroßen Andrang hatte keiner gerechnet: Der Saal platzt am Samstagabend aus den sprichwörtlichen Nähten. So viele Bürger aus Greding, aber auch den Ortsteilen, wollen sich ein Bild von den beiden Bürgermeisterkandidaten machen, dass schon eine halbe Stunde vor Beginn der Podiumsdiskussion kein Quadratzentimeter Platz mehr frei ist. Die Besucher sitzen schließlich auf dem Boden, den Fensterbänken, der Treppe und stehen an jeder Wand und sogar noch im Gang. Ebenso viel Stehvermögen wie die Zuhörer beweisen die beiden Kandidaten auf dem Podium, auch wenn ihnen im Gegensatz zu den Besuchern ein Sitzplatz sicher ist. Zwei Stunden lang beantworten sie informiert und überlegt die Fragen, die Unterschiede, die sich zwischen ihnen herauskristallisierten, liegen eher im Detail.

"Strenge Ausgabendisziplin" ist für Margareta Bösl die einzige Möglichkeit, den im Vergleich zu den Nachbargemeinden sehr hohen Schuldenstand der Stadt zu senken. "Jeder Posten muss auf den Prüfstand und notwendige Maßnahmen müssen mit möglichst geringen Mitteln durchgeführt werden."

Patentrezepte für die Verringerung der Schulden hat Manfred Preischl auch nicht. Er will über den Tellerrand schauen, beispielsweise nach Röttenbach. Dort überlegt man, sich mit anderen Kommunen bestimmte Geräte und Maschinen zu teilen. Um Personal besser nutzen zu können, denkt Preischl auch über Personalsharing nach.

Eine andere Möglichkeit, zu Geld zu kommen, ist eine höhere Gewerbesteuer. Während Margareta Bösl der Meinung ist, dass genügend mögliche Gewerbeflächen zur Verfügung stehen, fordert Manfred Preischl eine rasche Ausweisung solcher Flächen, weil interessierte Firmen schnell adäquaten Platz wollen. "Ein Vierteljahr nach der Anfrage soll der Bau schon stehen." Schade findet er es, "dass wir nichts davon mitbekommen haben, dass Edeka an der Autobahn ein großes Logistikzentrum bauen will."

Schmackhaft machen kann man Greding interessierten Firmen nach Ansicht von Margareta Bösl durch die gute Verkehrsanbindung durch die Autobahn, einen niedrigen Steuersatz von 320 Prozent und genügend Fachkräfte. Ein Manko sei es allerdings, dass die Berufsschüler in manchen Sparten weite Wege zurücklegen müssten.

"Wir müssen raus aus dem Sessel", sagt Manfred Preischl. Über die Kontakte zu den Betrieben könne man deren Bedürfnisse ermitteln. Einerseits könne man so Partnerbetriebe der bestehenden Firmen in die Region locken, andererseits müsse man überregionale Wirtschaftskontakte knüpfen. "Im Moment hat Greding 600 Einpendler und 1600 Auspendler. Ich hätte schon gern, dass sich dieses Verhältnis verändert."

In einem sind sich beide einig: Greding kann sich nicht darauf beschränken, eine reine Wohnstadt zu sein. "Arbeitsplätze machen die Stadt attraktiver", macht Margareta Bösl deutlich. "Bei den hohen Spritkosten sind sonst Fahrten zu geringer bezahlten Arbeitsstellen nicht mehr rentabel", ergänzt Manfred Preischl.

Zufrieden sind beide auch mit dem Angebot an Geschäften in Greding. "Enttäuscht" ist die CSU-Kandidatin, dass aus dem ursprünglich anvisierten Fachmarktzentrum nur ein weiterer Discounter wird. "Da war etwas anderes versprochen." Allerdings könne man nichts machen, da dieses Gebiet privat erschlossen werde. So sieht das auch der Kandidat der Freien Wähler: Auch wenn er es persönlich schade finde, die Stadt habe hier nichts versäumt.

Auf die Frage, was die Kandidaten tun würden, um Greding noch attraktiver zu machen, zögert Preischl erst einmal. "Das fällt mir schwer, weil Greding so schön ist und ich mich hier wohl fühle." Er kann sich aber vorstellen, dass die Attraktivitätssteigerung durch mehr kulturelle Angebote möglich wäre. Auf die Kultur setzt auch seine Gegenkandidatin, die dabei die Vereine und die Jugend mehr einbeziehen möchte.

"Die Bewohner des Altenheims sieht man selten in der Stadt", stellt HK-Redakteur Volker Luff in den Raum. Für Margareta Bösl liegt das daran, dass nicht alle von ihnen noch mobil seien, allerdings könne man auch bei Veranstaltungen die Senioren speziell einladen. Manfred Preischl hat bei einem Besuch im Altenheim festgestellt, dass dessen Bewohner Adolf Christ zwar kennen, weil der immer den Nikolaus macht, aber nicht wissen, dass das der Seniorensprecher der Stadt ist. "Dieses Amt muss von der Stadt mehr gefördert und gefordert werden." Eine ihrer ersten Aufgaben als Bürgermeisterin werde es sein, den Seniorensprecher und den Jugendsprecher, derzeit Stefan Greiner, vorzustellen, versichert Margareta Bösl. "Die Räte müssen aber auch von sich aus tätig werden."

Ein klares Nein kommt von ihr, als gefragt wird, ob es ausreiche, dass die Jugendarbeit in Greding im wesentlichen von den Vereinen und der Kirche gemacht werde. Bösl sieht es als notwendig an, dass die Jugend einen Raum bekomme. Allerdings könne dafür kein Sozialpädagoge angestellt werden, sagt sie und verweist auf das Jugendzentrum "Die Loge" in Thalmässing. Diese Notwendigkeit, offene Jugendarbeit anzubieten, sieht Manfred Preischl im Moment nicht, da die Vereine und die Kirche "ein sehr breites und tiefes Angebot haben". Momentan läge auch keine Forderung von Jugendlichen auf dem Tisch. Wenn aber so ein Bedürfnis vorhanden wäre, sollten sich die Jugendlichen an die Stadt wenden. "Dann werden wir das Thema angehen", verspricht Preischl.

Gedanken machen muss man sich auch über ein anderes Thema: Kindergärten und Schulen werden wegen geringerer Kinderzahlen über kurz oder lang Probleme bekommen. "Man muss mit gutem Beispiel vorangehen", lockert Preischl die Diskussion mit einer scherzhaften Bemerkung auf, die vom Publikum mit Gelächter quittiert wird. Er räumt aber ein, dass es einem angesichts der gesunkenen Geburtenzahlen Angst und bange werden könne. "Deshalb brauchen wir mehr Arbeitsplätze, mehr Zuzug und damit mehr Einwohner, die Kinder mitbringen." Margareta Bösl sieht das Problem als nicht so groß an, änderten sich die Geburtenzahlen doch immer wieder. "Ich bin sicher, dass das in ein paar Jahren wieder anders ist, das ist wie eine Welle." Nichtsdestotrotz möchte Margareta Bösl junge Familien mit Werbung, auch im Internet, und mit einem Bonus beim Kauf eines Bauplatzes anlocken. Für Manfred Preischl sind Arbeits- und Ausbildungsplätze der Schlüssel. Wenn es die gibt, kommen und bleiben auch die Einwohner, so seine Überzeugung.

Die HK-Redakteure erinnern an die Gewerbeschau Greges und das Brasilfestival, das "vom Bürgermeister eher behindert" wurde, ein Satz, der vom Publikum mit Beifall belohnt wird. Dass diese Veranstaltungen behindert worden seien, kann Bösl "nicht nachvollziehen" und erntet dafür ein deutiges Murren. "Oh, ich bin lernfähig", lässt sie sich eines Besseren belehren und versichert, dass sie solche Aktivitäten als Bürgermeisterin sicher nicht behindern werde. Überzeugt, dass es eine so rührige Organisationsgruppe wieder geben werde, zeigt sich Manfred Preischl und erinnert sich gern an das "wunderbare Fest". Allerdings werde es dauern, bis es so eine Gruppe wieder gebe, die dann aber von der Stadt unterstützt werden müsse.

Bei der künftigen touristischen Entwicklung setzt Margareta Bösl auf einen Anstoß durch Jura 2000, während Preischl der Meinung ist, dass es zwingend erforderlich sei, dass es Initiatoren gebe, die Stadt aber der Treiber sein müsse.

In den Wahlversammlungen hat Margareta Bösl erfahren, dass es in den vergangenen Jahren Defizite in Sachen Offenheit gegeben habe, deshalb sagt sie, dass die Tür zum Bürgermeister offen sein müsse. Manfred Preischl bezeichnet es als "mein Stil", offen und ehrlich mit den Leuten umzugehen. "Das muss ein Bürgermeister in seiner Persönlichkeit haben." "Ich hoffe, damit bin nicht ich gemeint", fühlt sich Bösl angegriffen. "Ich habe gezeigt, dass ich offen und teamfähig bin". "Das war in keinster Weise beabsichtigt", versichert Preischl und räumt damit die einzige Dissonanz zwischen den Kandidaten gleich wieder aus.