Hilpoltstein
Unterschriften für Kinderarzt

Hilpoltsteins Frauenunion hat Petition gestartet Kassenärztliche Vereinigung: Landkreis ist überversorgt

08.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:10 Uhr
In Hilpoltstein fehlt seit Jahren ein Kinderarzt. Das will die Frauenunion jetzt mit einer Petition ändern. −Foto: Wüstneck

Hilpoltstein (HK) In Hilpoltstein fehlt ein Kinderarzt. Britta Saponaro von der örtlichen Frauenunion will das ändern. Sie hat eine Petition an die Kassenärztliche Vereinigung Bayern (KVB) gestartet. "Wir wollen einfach Druck auf die KVB ausüben", sagt Saponaro. Die Erfolgsaussichten sind gering.

"Da sich unsere Stadt immer mehr vergrößert und wir mit sieben Kindergärten sowie einer Grundschule mit Ganztagsbetreuung, einem Hort, einer Mittelschule, einer Realschule und auch einem Gymnasium gut besetzt sind, ist es unverständlich, warum wir keinen Kinderarzt in unserer Stadt haben", heißt es in der Petition, die bereits 288 Menschen, davon 189 aus Hilpoltstein, unterschrieben haben.

"Wir wollen der KVB aufzeigen, dass es eine ungerechte Verteilung gibt", sagt Saponaro, selbst Mutter zweier kleiner Kinder im Alter von drei und sieben Jahren. Im betreffenden Kreis Roth/Schwabach gebe es zwar zehn Kinderärzte, allerdings haben fünf davon ihren Sitz in Schwabach, vier in Roth und eine Ärztin praktiziert in Wendelstein. Hilpoltstein geht leer aus. Seit Irina Unger vor Jahren die Stadt verlassen hat, gibt es hier keinen Kinderarzt mehr. Bei fast 2500 Kindern und Jugendlichen ein Unding, findet Saponaro.

Mit einem kranken Kind in der Gredl nach Roth zu fahren sei eine Zumutung, vor allem für Mütter aus den Ortsteilen, sagt Saponaro. Zudem habe ein Kinderarzt dort zeitweise keine neuen Patienten mehr angenommen. Die Versorgung sei also keineswegs gesichert. "Es ist kritisch, wenn ich ewig auf einen Termin warten muss", räumt Bürgermeister Markus Mahl (SPD) ein. Dann sei es fraglich, ob der Bedarfsplan der KVB sinnvoll sei. Aber das sei eine politische Entscheidung.

Aus Sicht der KVB ist die Zahl der Kinderärzte im Landkreis - und damit auch in Hilpoltstein - ausreichend. Laut aktuellem Versorgungsatlas vom 31. Januar gilt die Region mit 114,6 Prozent sogar als überversorgt. Die Sperrgrenze, ab der sich kein Arzt mehr niederlassen darf, liegt bei maximal 110 Prozent. Ab dieser Grenze gebe es nur noch die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung, sagt "Die Region wird immer als Einheit gesehen", sagt Hans-Dieter Moritz, Niederlassungsberater der zuständigen KVB Mittelfranken. Die Hürden seien allerdings enorm hoch.

Mit zehn Kinderarztstellen für knapp 28 000 Jugendliche unter 18 Jahren sei die Region tatsächlich "statistisch überversorgt", sagt Birgit Grain, Sprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern. Dass Eltern das oft anders empfinden, weiß auch Grain. Doch der sogenannte Versorgungsgrad werde nicht von der KVB, sondern vom "Gemeinsamen Bundesausschuss" festgelegt. Das ist ein Gremium, das aus Vertretern der Kassenärztlichen Vereinigungen, Krankenkassen und Patientenvertretern besteht. Die Bundesregierung hat 2015 per Gesetz den Bundesausschuss zwar beauftragt, deutschlandweit die Bedarfsplanung zu reformieren und Defizite zu beseitigen, sagt Birgit Grain, aber es werde frühestens Ende 2018 einen neuen Bedarfsplan geben.

"Hier sollte die Kassenärztliche Vereinigung doch mehr darauf achten, wo sie Stellen genehmigt und nicht alle an einem Ort ballen", fordert die Frauenunion Hilpoltstein in ihrer Petition. Doch selbst wenn dann ein zusätzlicher Kinderarzt genehmigt werden würde, ist noch lange nicht sicher, dass der seine Praxis auch in Hilpoltstein eröffnet. Denn dazu kann ihn niemand zwingen, sagt Grain.

Wesentlich realistischer wäre die Einrichtung einer "Filialpraxis", also einer Zweigstelle eines bereits zugelassenen Arztes. Doch auch das ist schwierig. "Wir haben immer wieder versucht, einen Kinderarzt zu bekommen", sagt Bürgermeister Mahl. Man habe sogar Anzeigen geschaltet - allerdings ohne Erfolg.

Aus Sicht der KVB spricht nichts gegen so eine Zweigstelle. "Eine Filialpraxis ist unabhängig vom Bedarfsplan", sagt Hans-Dieter Moritz. Oft würden aber betriebswirtschaftliche Gründe gegen eine Filialpraxis sprechen. Gerade Fachärzte würden sich lieber in größeren Städten niederlassen und für eine Zweigstelle bräuchte man eine komplette Praxiseinrichtung.

Hier könnte der Bürgermeister Anreize schaffen und bei der Wohnungs- und Praxissuche helfen, findet Britta Saponaro. Das habe die Stadt bereits bei der Ansiedlung von zwei neuen Hausärzten getan, versichert Markus Mahl: "Wir haben uns im Hintergrund ganz gut mit eingebracht." Ob eine Petition der richtige Weg zur Ansiedlung eines Kinderarztes ist, "muss die Frauenunion ausprobieren", sagt Mahl.

Die Petition läuft noch bis zum 21. Oktober. Bis dahin will Britta Saponaro Unterschriftenlisten in Kindergärten bei Ärzten, in Apotheken und Buchhandlungen auslegen. Außerdem kann man die Petition im Internet online unterzeichnen (www.openpetition.de/petition/online/kinder-und-jugendarzt-fuer-hilpoltstein). Außerdem sind Aktionen auf dem Bauernmarkt und beim Burgfest geplant. Und jeder, der die Aktion unterstützen wolle, könne sich die Petition ausdrucken und zum Beispiel in der Krabbelgruppe zur Unterschrift auslegen. Die Resonanz sei gut, sagt Saponaro: "Viele Eltern finden das super."