Thalmässing
Am Ende wird eben immer alles gut

Zum Schnapszahljubiläum der Unterdorfer Kerwa in Thalmässing gibt es ein Baumaufstellen mit Hindernissen

20.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:37 Uhr

Foto: Jürgen Leykamm

Thalmässing (HK) Warum sollte auch ausgerechnet bei einem Schnapszahljubiläum alles glatt verlaufen? Vor 33 Jahren haben sich die Unterdorfer Kerwaboum (UKB) in Thalmässing neu zusammengefunden. Seither wird wieder regelmäßig der Wald um einen mächtigen Baum erleichtert und um ihn getanzt.

Beim Aufstellen der Fichte gibt es ausgerechnet zum besonderen Geburtstag einige Hürden zu meistern. Flotte Käfer spielen dabei eine besondere Rolle, wie sich zum doch noch guten Ende herausstellt. Zu Beginn läuft alles optimal. Der vom Regen durchweichte Boden federt das auserkorene Gehölz bei seinem Fall wunderbar ab, so dass die Spitze unversehrt bleibt. Entnommen wird der Kerwabaum nach guter Tradition aus einem Waldstück im Bereich der Feierkonkurrenz - den Oberdorfer Kerwaboum (OKB), die sich bei ihrem baldigen Fest bei den Unterdorfern bedienen werden.

Bei ihrem eigenen "Volksfest" lassen sich die UKB ihr frisch geerntetes und entrindetes Exemplar von Claus Lederer und seinem Traktor unter lauten Gesängen und Jubelrufen einmal durch den ganzen Ort bugsieren. Gewendet wird am Bolzplatz. Auf dem Baumstamm Platz nehmen dürfen einige der Kerwamoidla - allen voran natürlich Anna-Lena Renner als Plotzmoid, hinter ihr Laura Hilbert, die ihre Nachfolge antreten wird. Die Damen haben Plotzknecht Florian Schneider fest im Blick, der sich rückwärtig am Stammende platziert - hinter ihm Johannes Sieghardt, der 2018 in dessen Fußstapfen tritt. Die doppelte Parade durchs Dorf ist nicht nur prächtig anzusehen, sondern hat auch tieferen Sinn: Von unten kommende ist es für Lederer einfacher, mit dem Baum in den Marktplatz vor das Gasthaus Krone einzufahren.

Diesmal aber steht ihm dabei ein Opel im Weg. Der Fahrer stellt sich als jemand heraus, der es eigentlich besser wissen müsste. Nach einer Viertelstunde ist der schwarze Wagen verschwunden. Doch diese Zeitspanne erweist sich als eine kurze im Vergleich zu der, die nun auf die Gäste wartet. Satte zwei Stunden und 40 Minuten nämlich sind es, bis der wichtigste Mann des Tages endlich auftaucht: Franz Kummerer. Er ist seines Zeichens Fuhrunternehmer und in diesen Wochen eifrig mit dem Holzrücken beschäftigt. Denn derzeit müssen die vom Borkenkäfer befallenen Fichten aus dem Wald geschafft werden. Zur Mittagsstunde hat Kummerer diesbezüglich ein Notruf ereilt - der Grund für die eklatante Verzögerung.

Eine Information, die bei den Wartenden nicht so richtig durchsickert und so macht sich nach einiger Zeit etwas Unmut breit. Einige Buam und Moidla nehmen es gelassen und tanzen vor dem noch liegenden Kerwabaum. Die kEschers mit ihren Kumpanen, welche gemeinsam den Zug begleitet haben, spielen dazu gerne auf. Überhaupt ist die Stimmung zunächst noch wunderbar. In freudiger Erwartung schwillt die Zuschauerschar auf über 200 an, das Kronenteam hat an den Biertischen alle Hände voll zu tun. Je weiter die Zeiger auf der Uhr fortschreiten, desto mehr droht die bis dahin tolle Atmosphäre zu kippen. Nun ziehen auch wieder großflächige Wolken am bis dato weißblauen Himmel auf. Es keimt ein Verdacht auf, den sich aber kaum einer wagt, offen auszusprechen. Handelt es sich vielleicht um eine Art "Racheakt"? Es ist nämlich die Halle Kummerers, die die OKB jährlich für ihre eigene Kerwa nutzen. Beide Gruppen spielen sich nur zu gerne Streiche. Letztes Jahr haben die Unter- den Oberdorfern gar ihre König-Ludwig"-Tafel entwendet und bis heute nicht wieder herausgerückt. Der Grund für Kummerers Fernbleiben?

Nach zwei Stunden dezimiert sich die Besucherschar deutlich. Es verschwindet sogar die Musiktruppe, die auftreten hätte sollen. Sie pocht auf eine überdachte Freilichtbühne, was allerdings so kurzfristig nicht zu realisieren ist. Jetzt laufen die Smartphones heiß. Die einen rufen Kummerer an, die anderen klingeln auf der Suche nach Alternativen für die Band. Ein Zweig in einem Masskrug ersetzt mittlerweile den fehlenden Kerwabaum, sehr zur Belustigung der Gäste. Der fünfjährige Raphael genießt es, in Augenhöhe mit ihm sein Eis zu schlecken. Sein Vater wird beinahe zu einer Runde Schnaps verdonnert, als er sich zur Abholung weiterer Kinder im Kronensaal blicken lässt, wo die Moidla gerade die Hüte für den Kerwatanz schmücken. Für Applaus sorgt der Teil einer Hochzeitgesellschaft, der zwecks Brautentführung die Straße entlang zieht.

Vor dem Gasthaus gibt es so manchen bissigen Kommentar zu hören: "Ich glaube, wir haben uns im Datum getäuscht" heißt es. "Nehmt doch einen kleineren Baum und stellt ihn mit Manneskraft auf", lautet ein Tipp. "Oder gleich einen Kinderkerwabaum." Doch dann der erlösende Augenblick: Just als eine Gruppe laut und nicht zitierfähig an einem Biertisch skandiert, fährt Kummerer auf den Marktplatz und der Gesang wandelt sich in Jubel. Dann eine große Schrecksekunde: Ein kleiner Junge droht direkt vor den Rückewagen zu laufen - der Vater verhindert den Super-GAU. Nun geht es zunächst ganz flott: Schnell sind die beiden Kränze angebracht und der Baum mit dem Greifer hochgezogen. Doch das schmucke Stück hat sich verkeilt und muss noch gedreht werden. Wieder ein kurzer Schreck: Es knackt plötzlich laut und verdächtig. Doch es ist nur der Wendehaken aus Holz, der bricht. Lederer sorgt schnell für metallischen Ersatz.

Jetzt kommt auch der Bräutigam mit dem Rest der Hochzeitsgesellschaft vorbei, die sich das Spektakel nicht entgehen lässt. Vier Stunden nach der Dorffahrt des Baumes steht dieser dann nicht nur richtig, sondern ist auch mit den Schildern verziert, die auf 33 Jahre UKB verweisen. Nebenan hat das Brautpaar endlich zusammen und Bandersatz ist auch gefunden: Die kEschers und die Gombo lassen es gemeinsam krachen. Am Ende wird eben immer alles gut.