Roth
Frederike Jakob gewinnt den Frankenslam

Siegerin textet über Leid der Palästinenser und brutales Soldatenleben Spannender Dichterwettstreit in der Kulturfabrik

01.05.2017 | Stand 02.12.2020, 18:13 Uhr

Die Siegerin lebe hoch! Frederike Jacob gewinnt den Frankenslam in der Rother Kulturfabrik. - Foto: Klier

Roth (mkl) Dichterwettstreit, das klingt altmodisch. Doch weit gefehlt. Der elfte Frankenslam in der Rother Kulturfabrik ist seit Wochen ausverkauft. Noch steht der Pokal mit einer großen Eins auf dem Deckel einsam auf der Bühne. Wer wird ihn mit nach Hause nehmen dürfen? Es wird drei Stunden dauern, bis die Entscheidung um die fränkische Meisterschaft im Poetry Slam gefallen ist.

"Hallo Franken!", ruft die Slam-Ikone Michael Jakob in den Saal, als er unter Applaus im auffällig karierten Anzug die Bühne betritt und die Spielregeln erläutert. Die Teilnehmer müssen ihre selbst geschriebenen Texte innerhalb einer genau festgelegten Zeit vortragen. Dabei ist jede Art von Performance erlaubt. Allerdings dürfen keine Instrumente oder sonstige Requisiten verwendet werden. Der Sieger wird von einer siebenköpfigen Jury aus dem Publikum ermittelt.

2007 hat nach einer Initiative von Michael Jakob die erste fränkische Meisterschaft im Künstlerhaus Nürnberg stattgefunden und gilt damit als älteste Regionalmeisterschaft Deutschlands. Zehn Jahre danach ist nun der Frankenslam nach Roth gekommen, wo bereits seit über sechs Jahren Poetry Slams in der Kulturfabrik stattfinden. Am Freitagabend muss Thomas Schmidt aus Schwabach seinen Titel vor den besten Slammern aus zehn fränkischen Städten verteidigen. Zunächst trägt der Liedermacher Gymmick aus Nürnberg ein kritisches, nicht eben kulturgeladenes Lied auf "Nämmbärch" vor. Origineller ist dann sein Song vom "Suizid bei süßen Tieren", den er auf Zuruf von Tiernamen aus dem Stegreif variiert.

Jetzt wird es ernst. Maron Fuchs (Fürth) hat genug. Untergewichtige Models, fettes Essen, immer nur lächeln, Wahrheiten verschweigen: "Ich habe genug davon!"

Raphael Breuer (Die Kommune slammt Kulmbach) erklärt in seinem Sprechgesang, dass er gerne Texte schreibt, aber noch einen Reim braucht. "Mit Slamparodie kenn' ich mich aus, ich brauche keinen Zwischenapplaus!", unterbricht er den Zwischenapplaus, der ihn etwas Zeit kostet, sodass ihn nach den vereinbarten fünfeinhalb Minuten laute Musik unterbricht.

Nachdenklich beschreibt Frederike Jakob aus Würzburg geschichtliche Ereignisse seit 1949 aus palästinensischer Sicht. Krieg und Leid sind die Hauptthemen. "Lernt zu leben, zu vergeben!", fordert sie eindringlich. Kathi Mock (e-Poetry Erlangen) verkündet für alle Liebhaber der unverfälschten deutschen Sprache: "Anglizismen sind out!" Sie liest im Gesichtsbuch nach, trinkt schottischen Malzbranntwein, hört ihre Lieblingskapelle von der Kompaktscheibe und trägt gerne T-Hemden und Nietenhosen. Als ihr Klapprechner nicht mehr mag, kauft sie sich einen "Apfel". "Dein Verhalten ist ein Nicht-Gehen", sagt ihr Verlobter dazu.

Oliver Walter (Ansbach) sind die Binnenmajuskeln ein Dorn im Auge. Da heißt es LeserInnen und sogar MitgliederInnen. Als ob es die gäbe! Titelverteidiger Thomas Schmidt versucht sich mit akrobatisch-lustigen Spielen, die sich um die magischen Zahlen drei und sieben drehen. Er dreht und wendet auf humorvolle Art die Ereignisse, bis immer wieder diese beiden Zahlen herauskommen.

Flo Langbein (Bamberg ist Slamberg) bezeichnet sich als Punker und Dichter. Steven (FreiDenker-Slam Schwabach) behauptet: "Ich bin nicht perfekt." Das Niveau seines Beitrags ist es auch nicht immer, wenn er in Fäkalausdrücke abgleitet. "Wie schön wäre die Welt aus Käse", sinniert er. Dann hätte man zum Stinken allen Grund.

Als Letzter ist Peter Parkster (Wortgefecht Nürnberg) an der Reihe. Von Nullen und Einsen handelt sein Gedicht über die Informatiker. Ohne sie gäbe es weder Internet, noch E-Mails oder Smartphones. Allerdings ist er sich sicher: "Wir sind Einser, ihr seid die Nuller!"

Die Spannung steigt. Drei Kandidaten sind schließlich übrig geblieben: Frederike Jabob, Steven und der Titelverteidiger Thomas Schmidt. Noch einmal treten sie ans Mikrofon. Schmidt überlegt humorvoll, wie er seine Zeitgenossen beleidigen kann. Steven denkt in einem lustigen Text über Wellenlängen über sein Verhältnis zu Frauen nach. Tiefgründig und nachdenklich schildert Frederike Jakob in ergreifender Weise die Brutalität des Soldatenlebens im Krieg.

Sie ist es schließlich, die mit knappem Vorsprung den diesjährigen Franken-Slam für sich entscheidet. Unter tosendem Applaus überreicht ihr Michael Jakob den begehrten Pokal.