Hilpoltstein
Pest, Cholera und ein wiederkehrendes Dilemma

Hilpoltsteiner SPD diskutiert über den Koalitionsvertrag - Mehrheit ist für eine Fortsetzung der GroKo

25.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:46 Uhr
Die Entscheidung im Kreuzwirtskeller ist gefallen. Ortsvorsitzender Josef Götz verkündet das Ergebnis. −Foto: Tschapka

Hilpoltstein (mes) Klare Mehrheit für die GroKo - zumindest im Hilpoltsteiner Kreuzwirtskeller. Denn dort hat sich gestern die hiesige SPD zum Frühschoppen getroffen, um über den Koalitionsvertrag zu diskutieren und probehalber abzustimmen.

Elf waren am Ende dafür und sechs dagegen. Welche Aussagekraft das Votum hat, kann man schwer sagen. Erzählte doch Christine Rodarius, dass der Ortsverein Hilpoltstein einst bei einer Abstimmung zur Urwahl zwischen Gerhard Schröder, Rudolf Scharping und Heidemarie Wieczorek-Zeul für die "Rote Heide" votierte - als einziger, wie sich später herausstellte.

Bevor diskutiert und abgestimmt wurde, stellte Benny Beringer die Eckpunkte des Vertrags mittels Präsentation noch einmal vor. Er könne nicht verhehlen, dass man dem Vertrag anmerke, dass "er schnell gestrickt worden ist", sagte Beringer. Viele Willensbekundungen stünden drin und es fehlten die großen Leuchtturmprojekte wie vor vier Jahren der Mindestlohn. Auch sei es im Bereich Gesundheit und Pflege "eindeutig zu wenig". Das sei nicht das, was man sich vorgestellt habe.

Positiv hob er den "starken Schwerpunkt Europa" hervor: "Das wäre bei einer anderen Konstellation nicht der Fall gewesen." Es gehe immer besser und man könne auch viel Merkel herauslesen. Er sehe auch die Gefahr, die lauere, wenn die SPD weiter im Boot mit sitze. "Trotzdem ist es für das Land und die SPD besser, in Regierungsverantwortung zu sein."

Eine Sicht, die Max Lindner, der Jusovorsitzende im Landkreis Roth, nicht teilte. Die GroKo-Befürworter argumentierten vor allem mit der Angst vor den Folgen, wenn der Koalitionsvertrag abgelehnt wird - und kaum mit Inhalten. Würde der Vertrag abgelehnt, sei eine Neuwahl nicht zwangsweise die Folge. Lindner hielt eine Minderheitsregierung für wahrscheinlicher - eine Meinung, mit der er in der Minderheit war.

Dass in der SPD immer die Angst mitschwingt, prinzipiell den Kürzeren zu ziehen, wurde am deutlichsten bei der Aussage des Ortsvorsitzenden Josef Götz, der die anstehende Abstimmung als "Wahl zwischen Pest und Cholera" bezeichnete. Der Koalitionsvertrag sei eben nichts, was man sich wünschen könne, sagte Hilpoltsteins Altbürgermeister Bernd Beringer. Man könne ihn durchaus kritisieren, aber es stünde auch Gutes drin. Es sei eben ein Kompromiss. Wobei er die Alternativen als "ganz, ganz schlecht" bezeichnete - beispielsweise eine Neuwahl: "Niemand wählt die SPD, damit sie in die Opposition geht." Ganz anders argumentierte der heutige Amtsinhaber, Markus Mahl: Er glaube, dass Merkel eine Minderheitsregierung machen würde - wegen des Machterhalts. Mahl machte auch deutlich, dass er gegen den Vertrag stimmen werde. "Ich bin gegen das weiter so." Für die SPD sei es sicher in der Opposition einfacher, sich zu erneuern.

Dass die SPD das Dilemma der GroKo-Frage nicht zum ersten Mal erlebt, erinnerte Christine Rodarius. Vor vier Jahren habe sie dagegen gestimmt und "auch dieses Mal war ich zunächst total dagegen", sagte sie. Mit den 20 Prozent sei die SPD nicht zum Regieren berufen und sie sehe auch ungern, dass die AfD dann Oppositionsführer sei. "Aber die Türe nicht sofort zuzuschlagen war gut." Die SPD sei gut darin, alles zu zerreden, aber es werde vieles mit dem neuen Koalitionsvertrag möglich, "was ohne unsere Mandatsträger nicht der Fall ist". Sie glaube jedenfalls an die Chance. Apropos Zerreden - in diesem Zusammenhang wies Benny Beringer auf eine Bertelsmannstudie hin, wonach die alte GroKo 80 Prozent ihres Koalitionsvertrags umgesetzt hat: absolute Spitze in Europa.

Für Robert Engl ist schließlich im neuen Vertrag "nichts dabei, wo es mich schüttelt". Warum nicht weiter so und warum so pessimistisch? Man stünde doch gut da. Und: "Ich kann nur etwas sagen, wenn ich etwas zu sagen habe."