Keine Zugabe in der Oper

24.03.2009 | Stand 03.12.2020, 5:05 Uhr

Die Verwandlung: Colas nimmt Bastien die Bänder ab, mit der sie ihr Haar bändigt. Schnell noch das Kleid ausgezogen, schon wird aus der biederen Schäferin eine moderne Femme fatale. - Fotos: Luff

Obermässing (HK) "Zugabe, Zugabe, Zugabe", fordern die Kinder und verleihen diesem Wunsch mit rhythmischem Klatschen Nachdruck. Doch diese drei Künstler bieten keinen Nachschlag: "Bei einer Oper gibt es keine Zugabe", erklärt ein strahlender Armin Knauthe, der bis eben den kleinen Casanova Bastien (Tenor) gegeben hat, einer der beiden Titelfiguren von Mozarts "Bastien und Bastienne". Er wischt sich noch einmal den Schweiß von der Stirn, atmet durch. "Wir können nur anbieten, dass wir wieder einmal an eure Schule kommen. Wollt ihr das" Die Obermässinger Grundschüler und die Vorschulkinder aus dem Ort und aus Röckenhofen lassen keinen Zweifel aufkommen: "Jaaaa!", schreien sie laut, viele klatschen oder stampfen mit ihren kleinen Füßen, bis der Boden der Schulturnhalle bebt.

Das Konzept der Wiener Kinderoper Piccolini geht auf. Die beiden Österreicher Knauthe, Magdalena Renwart (Bastienne, Sopran) und der Bulgare Kiril Chobanov, der den weisen Zauberer Colas (Bass) spielt, ziehen die Kleinen in den Bann der immerhin 240 Jahre alten Liebeskomödie um einen untreuen Mann, den seine Geliebte nur mittels einiger Tricks an sich binden kann. Die unscheinbare Schäferin Bastienne hört auf den Rat des Zauberer, hübscht sich auf, gaukelt ihrem Bastien vor, sie flirte mit anderen Männern, sei sogar eine neue Beziehung eingegangen, nachdem sie ihn verlassen hat. Er kann das nicht glauben: "Du sagst mir Fabel" singt Tenor Knauthe – belehrt sich allerdings selbst: "Sie ist kein falscher Schnabel." Ob das wirklich stimme, fragt er zuletzt sein junges Publikum, das sogleich vielstimmig antwortet: "Ja."

Doch nicht nur wenn sie tatsächlich gefragt sind, bringen sich die Kinder ein. "Du hast deine Zauberbrille vergessen", weist ein Mädchen Colas zurecht. Und als sich Schäferin Bastienne das Kuschelschaf Colas’ schnappt, um es kurzerhand zur Handtasche umzufunktionieren, wie es sich schließlich für eine Dame von Welt – in sonnengelben Batikklamotten mit Cap – gehört, empört sich ein Mädchen mit blondem Haar in der zweiten Reihe: "Sie hat dein Schaf mitgenommen", macht sie den Zauberer aufmerksam. Der reagiert nicht, die Dramaturgie der Kinderoper hat diesen Einwand nicht berücksichtigt.

Ohnehin leben die drei Sänger hinter der Bühne – eine bunt bemalte Stellwand – ihre Rollen augenscheinlich weiter. Die in ihrem Inneren biedere, ordentliche Bastienne faltet das Dirndl mit Mieder fein säuberlich zusammen und legt es in den bereit stehenden Koffer. Der immer etwas chaotisch wirkende Colas dagegen wirft Minuten später sein schweres Zauberbuch achtlos darauf. Hier ist auch die Musikanlage versteckt, von der die Flöten, Oboen, Hörner und Streicher tönen. Alles versteckt vor den gespannten Kinderaugen, die fasziniert dem Geschehen vor der Stellwand folgen.

Wie auf Kommando jedoch drehen sich die Kinder um und sehen zu wie die flirtende Bastienne den Schulleiter Wolfram Osgyan umgarnt. Bastien macht sich derweil an die Damen des Elternbeirats , der das Spektakel finanziert hat, heran. Schallendes Gelächter, als er einer Frau einen Kuss auf die Wange drückt. Nur ein Bub kriegt davon nichts mit. Er kratzt lieber zerpflückte Rosenblätter vom Boden und präsentiert sie stolz seinem Freund: ein Andenken an den ersten Besuch einer Oper.