Hilpoltstein
Mit Elke Stöhr in die Zukunft des TV Hilpoltstein

28.04.2016 | Stand 02.12.2020, 19:53 Uhr

Geehrt vom TV Hilpoltstein werden die langjährigen Vereinsmitglieder und die Übungsleiter im Bereich "Pluspunkt Gesundheit". - Fotos: Münch

Hilpoltstein (HK) Für einen kurzen Moment sind die Zukunft und die Vergangenheit des TV Hilpoltstein in der Jahresversammlung am Mittwochabend hart aufeinandergeprallt. Der scheidende Vorsitzende Bernhard Harrer hatte gerade begründet, weshalb der Führungsposten im Turnverein künftig ein bezahlter Halbtagsjob werden soll, als Ehrenmitglied Alois Leikam seinen Einspruch einlegte: "Das Amt des Vorsitzenden soll ein Ehrenamt bleiben", sagte er. "Wer es nicht verkraften kann, der soll es bleiben lassen."

Doch mit dieser Meinung blieb Leikam an diesem Abend weitgehend allein. Unter den knapp 100 anwesenden Vereinsmitgliedern stimmten letztlich nur 6 gegen den Antrag der bisherigen Führungsmannschaft, dass der TV-Vorsitzende künftig hauptamtlich, also auch gegen Bezahlung beschäftigt werden kann. Bei einem Haushaltsvolumen von fast 600 000 Euro und bei mehr als 2500 Mitgliedern sei die Vereinsführung "ehrenamtlich kaum noch zu wuppen", wie es Bernhard Harrer aus der Erfahrung seiner 15 Jahre als Vereinschef erläuterte. "Für die großen Herausforderungen der Zukunft müssen wir neue Strukturen schaffen."

An der Spitze dieser neuen Strukturen, die laut Vize Gerhard Koller mehr Professionalität in den Turnverein bringen sollen, steht nun Elke Stöhr. Die langjährige Leiterin der Turnabteilung wurde vom bisherigen Turnrat gebeten, den Führungsposten zu übernehmen. Nach der einstimmigen Wahl in der Jahresversammlung ist die 47-Jährige nicht nur die erste Vorsitzende in der langen Geschichte des TV Hilpoltstein, sondern auch die erste hauptamtliche Vereinschefin. Ihren Halbtagsjob am Landratsamt als Beauftragte der Bildungsregion Landkreis Roth gibt sie bereits nach wenigen Monaten wieder auf, um den Turnverein in die Zukunft zu führen. Beide Jobs zu übernehmen, kam für Stöhr nicht infrage. "Meine andere Halbtagesstelle, das sind meine drei Kinder."

In einem ersten Ausblick auf ihre künftige Arbeit versprach Elke Stöhr, dass sie sich gezielt dem Sportangebot des Vereins annehmen werde. Die größten Herausforderungen seien, in die Schulen, Horte und Kindergärten zu gehen, die Angebote für ältere Menschen auszubauen, möglichst viele selbst organisierte Sportler in den TV zu locken, den Freizeitsport zu stärken und auch die nötige Infrastruktur - etwa in Form einer neuen Halle - zu garantieren. "Ich freue mich auf diese Aufgabe und werde es mit Herzblut machen", rief die neue Vereinschefin den Mitgliedern zu. "Wir haben viele gute Leute und ein gutes Angebot, wollen aber unsere Kräfte bündeln, um noch mehr für den Verein herauszuholen."

Um eine hauptamtliche Vereinsführung überhaupt wählen zu können, erteilte die Mitgliederversammlung zuvor mehreren Satzungsänderungen mit nur wenigen Gegenstimmen ihr Einverständnis. Auf Nachfrage von Bernd Beringer, warum nicht ein hauptamtlicher Geschäftsführer an der Seite eines ehrenamtlichen Vorsitzenden eingestellt werde, entgegnete Harrer, dass vom Turnrat eine Personalunion aus Geschäfts- und Vereinsführung gewünscht wird.

Als "Kontrollgremium" für den hauptamtlichen Posten an der Vereinsspitze gibt es eine sogenannte Personalkommission, die von den beiden stellvertretenden Vorsitzenden und einem weiteren Vorstandsmitglied gebildet wird. Zu den Aufgaben dieser Kommission gehört es, einmal pro Jahr ein Personalgespräch zu führen. Um dem gesamten Vorstand des TV Hilpoltstein außerdem etwas mehr Handlungsspielraum zu geben, braucht es künftig erst ab einem Betrag von mehr als 10 000 Euro die Zustimmung des Turnrats.

In seinem letzten Jahresbericht bedankte sich Bernhard Harrer für die tatkräftige Unterstützung in den vergangenen 15 Jahren. Nach seinen Worten ist der TV gut aufgestellt für die Zukunft, sportlich wie finanziell, weshalb er nun ein gut bestelltes Feld übergeben könne. Schon seit einigen Jahren sei der Verein schuldenfrei. Inzwischen sei auch ein finanzielles Polster geschaffen worden, um die anstehenden Vorhaben gut bewältigen zu können. Allein im vergangenen Jahr erwirtschaftete der TV ein Plus von knapp 30 000 Euro. Einstimmig beschlossen wurden nun zwei zweckgebundene Rücklagen über 150 000 Euro für eine vereinseigene Gymnastikhalle und über 20 000 Euro für Betriebskosten.

Die Mitgliederzahl, die zuletzt auf den tiefsten Stand seit 1997 gefallen war, stieg im vergangenen Jahr um 36 auf aktuell 2567. Die mit Abstand stärkste Abteilung bleiben die Turner mit knapp tausend Mitgliedern, gefolgt von Fußball (393) und Tennis (250). Als einen beträchtlichen Erfolgsfaktor bezeichnete Harrer die 144 Übungsleiter, die im vergangenen Jahr über 10 000 ehrenamtliche Stunden leisteten. Trotz aller Erfolgszahlen sei es aber an der Zeit, dass sich der TV ein neues, zukunftsfähiges Konzept verschafft. Die Konkurrenz von anderen Vereinen, den örtlichen Fitnessstudios und der Volkshochschule, aber auch der Zeitgeist und das geänderte Freizeitverhalten der Menschen zwinge den TV zum Handeln. Trotzdem gelte es, die Identität als Breitensportverein und Solidargemeinschaft zu bewahren.

Sichtlich bewegt nahm Harrer anschließend Abschied von den Mitgliedern. "Das ist heute kein einfacher Tag", sagte er, "aber jede Organisation braucht nach einer gewissen Zeit neue Ideen und frisches Blut." Dass er zum Ende seiner Amtszeit einen Prozess zur Zukunft des Vereins gestartet habe, würdigte Harrers Nachfolgerin Elke Stöhr. Sie bedankte sich für Harrers über 20-jährigen Einsatz in verantwortlichen Positionen beim Turnverein. "Du hast dich verdient gemacht um den TV und den Sport in der Stadt."

Neben einem Gutschein für einen Musicalbesuch seiner Wahl überreichte Gerhard Koller auch ein Shirt und eine Schirmmütze mit dem neuen Logo des TV Hilpoltstein. Gestaltet wurde das neue Vereinsemblem, das ab sofort über alle Abteilungen hinweg verwendet werden soll, von Felix Kraus und Ulrich Planer. Der Turnrat bewilligte vor zwei Wochen dieses Logo, das die Burg und den Schriftzug des Vereins in den Stadtfarben schwarz und gelb darstellt. Das vereinsübergreifende Motto lautet dabei: "TV Hip bewegt".