Hilpoltstein
"Himmel, Herrgott, Sakrament"

Pfarrer Rainer-Maria Schießler redet in der Stadthalle über Gott und die Welt

28.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:13 Uhr

Mit vielen Lachern und einem Scheck über 1300 Euro, überreicht von Renate Stark und Marianne Herzog (von rechts), verlässt Pfarrer Rainer-Maria Schießler die ausverkaufte Stadthalle. - Foto: bus

Hilpoltstein (bus) Einer der bekanntesten Kirchenmänner Deutschlands, der Münchner Pfarrer Rainer-Maria Schießler, stellte auf Einladung Hilpoltsteiner Katholischen Deutschen Frauenbunds (KDFB) in der mit über 350 Zuhörern ausverkauften Stadthalle sein Buch "Himmel, Herrgott, Sakrament" vor.

Um gleich alle Unklarheiten auszuräumen, betonte der Geistliche eingangs, dass der Buchtitel keineswegs ein in Oberbayern (und nicht nur dort) geläufiger Fluch sei, sondern den Weg zum Himmel, in dem der Herrgott auf uns warte und der über die Sakramente führe, beschreibe. Deshalb trage das Buch auch den Untertitel "Auftreten statt austreten".

In seinen - oftmals mit lustigen Anekdoten begleiteten - Ausführungen betonte Schießler, dass es ihm in einer Zeit, in der sehr viele Menschen die katholische Kirche verlassen würden, gelänge, seine beiden Kirchengemeinden St. Maximilian und Heilig Geist für den Glauben zu begeistern. Dabei sei es ganz wichtig, Klartext zu reden und die oft steifen Aussagen der theologischen Texte in verständliche Sprache zu übersetzen. Seine Gottesdienste fänden nahezu immer vor vollem Haus statt. Seine leidenschaftlichen Predigten würden oft spontan beklatscht. Er pflege auch einen ganz eigenen Stil, indem er beispielsweise an Heiligabend Sekt ausschenke und sich von einem DJ begleiten lasse - schließlich feiere man den Geburtstag Jesu Christi.

Wolle die Kirche sprachfähig und glaubwürdig bleiben, brauche sie Temperamente wie ihn. Er schaffe es oftmals, dass die Gläubigen lachend aus der Kirche kämen und somit die Aufmerksamkeit Vorbeigehender finden würden. Diese würden oft sagen, dass es dort etwas geben müsse, das zufrieden, ja sogar lustig mache.

Auch wenn - besonders an den hohen kirchlichen Feiertagen - viele nur einmalig kämen, die er dann schon mal mit den Worten "Schön, dass ihr wieder da seid, wir haben uns schon seit einem Jahr nicht mehr gesehen", begrüße, habe er noch nie erlebt, dass sich jemand beschwert habe, oder sich ungebührlich benommen habe. Er finde, dass man jeden so nehmen müsse, wie er ist - auch wenn er (oder sie) nicht weiß, wann man stehen oder knien soll. Manchmal werde er auch gefragt, was er während der Woche mit dem Weihwassersprenger - einem bürstenähnlichem Gerät - mache.

Die Lacher auf seiner Seite hatte Schießler, als er die Geschichte von einem Bauern erzählte, dessen Frau ihr drittes Kind bekam, das außerordentlich hässlich war. Voll Wut fragte er seine Frau, von wem das Kind sei - "dieses ist sicher von dir", antwortete sie.

Bei den Gottesdiensten versuche er immer, auf die Menschen zuzugehen und betonte: "Christsein ist auch eine Einladung." Sodann erzählte Schießler, wie er in seiner Kirche beobachtet habe, dass ein Mann mit Hund regelmäßig komme. Nach einiger Zeit fasste er sich ein Herz und fragte ihn, der offensichtlich kein Buch nahm, um zu beten, was er hier mache. Der Mann antwortete ihm: "ER ist hier und ICH bin hier, das genügt". Nach einiger Zeit erzählte er ihm, dass er vor Jahren einen Schlaganfall erlitten habe, jedoch alleine zu Hause gewesen sei. Zwar sei sein Telefon fast in Reichweite gewesen, aber er habe seinen Arm nicht bewegen können, um es zu nehmen. Er habe Gott gebeten, ihm doch zu helfen - und tatsächlich kam ein Angehöriger früher als sonst nach Hause und rettete ihn.

Pfarrer Schießler betonte, dass Kirche vor Ort stattfinden müsse und nicht in Rom. Ich lasse die Leute spüren, dass ich da bin und rede, "wie mir der Schnabel gewachsen ist". Theologische Texte müssten in "unsere Sprache" umgesetzt werden. Der Auftrag eines Pfarrers sei, den Kontakt mit den Menschen herzustellen - es gäbe niemanden, der perfekt sei. Ein Gottesdienst sei eine zwecklose Veranstaltung. Beten sei Trost und Demut zugleich. Als er das erste Mal die Erstkommunion mit behinderten Kindern gefeiert habe, sei dies für ihn ein einschneidendes Erlebnis gewesen.

Für einen seiner Weihnachtspfarrbriefe habe er eine Karikatur entdeckt, in der Josef angesichts des Heiligenscheins von Jesus Maria die Frage stellte: "Leuchtet das Kind jetzt die ganze Nacht" Auch habe er in seiner Pfarrgemeinde das Hirtenspiel in die heutige Zeit versetzt: Josef, ein schwerreicher Geschäftsmann, der dennoch kein Hotel für sich und die hochschwangere Maria findet, hat Angst, dass ihnen das Kind durch das Jugendamt weggenommen wird, weil sie in einem Schuppen hausen. Dazu erzählte Schießler einen Witz. "Weshalb waren es Frauen, die das leere Grab am Ostermorgen als erste fanden? - Weil es so alle am schnellsten erfahren haben!"

Die Kirche sei eine besondere Beziehung zu Gott - nicht steif, aber doch mit Regeln, die eingehalten werden müssen, die aber auch locker ausgelegt werden können. Das Zölibat sei eine Liebesbeziehung zu Gott und genauso ein Abenteuer wie die Ehe. Auch sei es seiner Ansicht nach nicht mehr möglich den sonntäglichen Kirchgang durch die Sonntagspflicht festzulegen - die Menschen müssten von sich auskommen. Dennoch müsse man jeden Kirchenaustritt ernst nehmen. Man müsse die Leute mögen, dann sei man als Pfarrer auf dem richtigen Weg. Er sei froh, dass er immer von Menschen umgeben gewesen sei, die ihm "Himmel, Herrgott, Sakrament" vorgelebt hätten.

Am Ende hatte Rainer-Maria Schießler zwar viel erzählt, aber nichts aus seinem Buch vorgelesen. Dennoch, so der Pfarrer, sei die Zeit "wie im Flug" vergangen.

Zusammen mit ihrer Stellvertreterin Renate Stark überreichte die Vorsitzende des KDFB Hilpoltstein Marianne Herzog an Rainer-Maria Schießler den Reinerlös des Abends als symbolischen Scheck. 1300 Euro waren zusammengekommen, die Schießler an Christian Springer für dessen Verein "Orienthilfe e.V." weiterleitet. Herzog dankte Schießler für einen kurzweiligen Abend, den die Besucher mit langanhaltendem Beifall belohnt hatten.