Hilpoltstein
"Die Herzkammer der SPD"

Hilpoltsteiner Ortsverein feiert 150. Geburtstag seiner Partei – Prominente Gäste und alte Kämpfer

16.06.2013 | Stand 03.12.2020, 0:01 Uhr

 

Hilpoltstein (HK) Auch wenn sie angesichts der bayerischen Wahlergebnisse nicht viel Grund zum Jubeln haben, gefeiert haben die Hilpoltsteiner Sozialdemokraten am Sonntag trotzdem. Und zwar das 150-jährige Bestehen ihrer Partei.

Die Laudatio auf die gute, alte Tante SPD hielt Bundestagskandidat Christian Nürnberger aus Lauf. Der Journalist ging launig, offen und kritisch mit seiner Partei, der er die „Zärtlichkeit eines Reibeisens“ bescheinigte, ins Gericht. In einem Buch von Christian Ude habe er gelesen: „In München gibt es ein Bordell, über dessen Eingang steht: Du kommst als Fremder und gehst als Freund. Im SPD-Ortsverein ist es genau umgekehrt.“

Auch Nürnberger, seit über 40 Jahren in der Partei und dafür mit „einer Art Eisernem Kreuz“ ausgezeichnet, fremdelte oft mit der SPD und sie mit ihm. Die Jusos in Hamburg hielten ihn für „ein reaktionäres Arschloch“, weil er von der Heeresoffiziersschule kam. Für Leute wie Gerhard Schröder seien Soldaten damals alle potenzielle Mörder gewesen.

Nach seiner Kritik an SPD-Kanzler Gerhard Schröder, dem er in einem offenen Brief vorwarf, den kleinen Leuten den Gürtel enger zu schnallen, sei er plötzlich als „altlinker Betonkopf“ und „stehengebliebener Alt68er“ beschimpft worden.

Warum er den Genossen damals nicht den Götz-von-Berlichingen-Gruß entboten habe, wisse er auch nicht. Stattdessen wurde er 2012 mit „stalinistischen 99,3 Prozent“ zum SPD-Kandidaten für den Bundestag gewählt – auch wenn sich an seinen Standpunkten nichts geändert habe. Er wolle wieder eine „Wertegesellschaft“ und keine „Wertpapiergesellschaft“. Dafür stehe immer noch die SPD. Und die Geschichte der Partei lehre: „Wenn wir das wollen, bleibt es kein Traum.“

Das zeigte auch die etwas kürzere Geschichte des Hilpoltsteiner Ortsvereins, der immerhin auch schon 81 Jahre alt ist. „Die Herzkammer der SPD“ sei der Ortsverein, sagte Peter Hufe, ehemaliger Landtagsabgeordneter aus Hilpoltstein und Moderator. Er erinnerte zusammen mit Helmut Pflaumer und Bernd Beringer, 1992 erster SPD-Bürgermeister der Stadt, an die sozialdemokratischen Anfänge in der „schwarzen“ Diaspora. Beim Kommunalwahlkampf 1978 hätten die Bauern auf den Dörfern noch gedroht, sie würden den Hund von der Leine lassen, erinnert sich Beringer. Auf einem alten Plakat ist er in Schlaghose und Jeansjacke neben einer Ente mit offenem Verdeck zu sehen. „Frischer Wind ins Rathaus“, lautete damals der Slogan. „Man brauchte einen langen Atem“, erzählte Beringer.

Den hatte die junge SPD-Mannschaft in den 1970er Jahren. Sie mietete den Kreuzwirtskeller (KWK) an und machte ihn bis heute zur Kulturbühne, in dem viele gestandene SPD-Politiker ihre Karriere begannen. Plakate von damals schmückten zur Feier den Innenhof der Residenz. Peter Hufe trug damals noch einen ausladenden Schnauzer, Josef Lerzer Haare auf dem Kopf. Auch der heutige Bürgermeister Markus Mahl fing im KWK an. Jetzt profitiere er von dem Fundament, das Pflaumer und Beringer damals gelegt hätten, sagte er.

„Theoretisch sehr bewandert“ sei die Hilpoltsteiner SPD damals gewesen, erinnerte sich Landrat Herbert Eckstein. „Sehr gewöhnungsbedürftig. Das hat sich über die Jahre nicht gelegt“, scherzte er.