Hilpoltstein
Ein stolzes Schmuckstück wird 600 Jahre alt

Hilpoltstein feiert mit Theater, Musik, Vortrag und einer Ausstellung den Geburtstag seines Rathauses

23.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:45 Uhr

Die Geschichte des Hilpoltsteiner Rathauses dokumentiert die Ausstellung um Schwarzen Ross. - Foto: Unterburger

Hilpoltstein (HK) Im großen Stile gefeiert worden ist der 600. Geburtstag des Hilpoltsteiner Rathauses im voll besetzten Biergarten des Museumshofs. Die Stadtkapelle Hilpoltstein unterhielt das Publikum dazu mit schmissigen Weisen. Ja, die Hilpoltsteiner sind stolz auf ihr 600-jähriges Rathaus.

"Hilpoltstein ist eine Stadt mit einer reichen und abwechslungsreichen Geschichte", sagte Bürgermeister Markus Mahl bei der Begrüßung der vielen Gäste. "Die Ausstellung im Museum Schwarzes Ross zum Jubiläum unseres Rathauses wurde von der Stadtarchivarin und Kreisheimatpflegerin Annett Haberlah-Pohl zusammengestellt, die viele Wochen recherchiert hat." Ende September werde zudem eine Broschüre über das Hilpoltsteiner Rathaus erscheinen.

"Von Bauern, Bäckern, Bürgern und Bürgermeistern" lautete das Thema von Annett Haberlah-Pohl. Sie stellte die Baugeschichte des Hilpoltsteiner Rathauses vor und ging auf den historischen Kontext ein. "Am Anfang waren die Bauern und Bäcker", sagte sie, "die Bauern, die Untertanen aus Hilpoltstein und den umliegenden Dörfern, kamen zum heutigen Rathaus und gaben ihren Zehnt ab, der dann im ersten Obergeschoss und auf dem Dachboden eingelagert wurde."

Ebenfalls von Anfang an wurde das Erdgeschoss zu Verkaufszwecken genutzt, hier haben unter anderem Bäcker, Metzger und Krämer ihre Produkte verkauft. "Man kann es sich als eine Art Markthalle vorstellen", sagte Haberlah-Pohl. "In der Ausstellung sieht man anhand eines rekonstruierten Grundrisses die Größe der Läden." Ebenfalls zu sehen ist ein Aufbewahrungsgefäß aus der Zeit der Läden.

Erbauer des Rathauses war Ludwig der Bärtige. Auch der ist in der Ausstellung zu sehen. 1417 gab er den Auftrag das Rathaus zu errichten. Eine Nutzung als Rathaus hatte er freilich damals nicht im Sinne. Er baute ein großes Kornhaus. "Das große Kornhaus an einem repräsentativen Platz, mitten im Zentrum, war ein großes symbolisches Zeichen. Es zeigte den Wohlstand." Ludwig der Bärtige hatte geschickt geheiratet und kam durch die Hochzeit zu einem großen Vermögen. "Das gab ihm mehr Möglichkeiten als sein Vater, der verschuldet war", erklärte die Referentin. "mit dem großen Kornhaus zeigte er jedem das in der Wittelsbacher Familie jetzt vorhandene Vermögen." Er beeindruckte die Untertanen, die damit loyaler zu ihm standen, beeindruckte aber auch seine Feinde, wie den Nürnberger Burggraf, der Zoller Friedrich VI.

In Kriegszeiten waren die Kornhäuser wichtige Zeichen dafür, dass sich eine Stadt gut verteidigen kann, die Stadt kann sich lange ernähren, hält einer Belagerung lange stand. Gerade im 15. Jahrhundert waren die Auseinandersetzungen der Zoller mit den Wittelsbachern allgegenwärtig, 1460 gab es von Hilpoltstein einen Angriff auf Roth. Wohl auch im Schatten dieser militärischen Auseinandersetzung wurde 1473 in Hilpoltstein bereits ein zweites Kornhaus gebaut, dieses Mal direkt neben der Burg - das heutige Haus des Gastes.

Da man jetzt nicht mehr das ganze Haus benötigte, stellte der Wittelsbacher Herzog einige Räume der Stadt als "Rathaus" zur Verfügung. Die Stadt durfte den zweiten Stock nutzen, zunächst befanden sich hier zwei Ratsstuben und ein Tanzsaal. In einem der städtischen Räume tagte das Stadtgericht. 1793 kaufte die Stadt schließlich das Rathaus. Zu diesem Zeitpunkt war es stark renovierungsbedürftig, die politische Lage hatte sich schon lange geändert, Hilpoltstein war für die bayerischen Herzöge nicht mehr wichtig. Seit der Nutzung als Rathaus wurde es nun für die Bürger immer wichtiger. Es wurde auf vielfältige Weise genutzt, beispielsweise von Vereinen.

Genutzt haben es natürlich auch die Bürgermeister. Zunächst waren es vier, die sogenannten "Vierer". Bürgermeister zu sein war kein Hauptberuf, sie waren Bürgermeister neben ihrem normalen Beruf. Über die eigentliche Stadtpolitik entschieden die Landesherren, die Wittelsbacher, die Reichsstadt Nürnberg oder später das Königreich Bayern. 1818 erhielt einer der Bürgermeister eine zentrale Rolle. Das war eine bayernweite Regelung. Er hatte das Gemeinde- und Lagerbuch zu führen, war das Hauptorgan des Gemeindeausschusses, ihm oblag die Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten.

Umbauten und Nutzungen stehen immer im Spiegel der Veränderungen der Zeit, so Haberlah-Pohl weiter. Gute Zeiten waren in den 1880er-Jahren, Hilpoltstein wurde Behördenstaat - Bezirksamt, hatte also viele zentrale Funktionen. In dieser Zeit renovierte man das Rathaus und baute einen neuen großen Rathaussaal. Umgebaut wurde es oft. So manch einer erinnert sich noch an die Fachwerkfreilegung 1974, gute 100 Jahre war es verputzt. Die Umbauarbeiten im Laufe der Jahrhunderte waren nicht immer statistisch einwandfrei, wie man den 90ern feststellte. Damals erfolgte eine umfangreiche Bestandsuntersuchung. Nicht zu jedermanns Freude entdeckte der Restaurator eine spätgotische Bohlenwand aus dem Jahr 1473. Der Stadtrat entschied sich für den Erhalt, was jedoch zu einer Verkleinerung des Bürgermeisterzimmers führte.

"In 600 Jahren hat das Haus viel erlebt", so Haberlah-Pohl abschließend. "So manche Geschichte könnt es wohl heute erzählen. Einige haben wir aufgespürt und in der Ausstellung dargestellt." Und: "Die Hilpoltsteiner Bürger können stolz sein auf dieses Schmuckstück."

Vor der Ausstellungseröffnung boten einige Schauspielerinnen und Schauspieler ein historisches Theaterspiel mit zwei Stücken. Das erste Stück entführte das Publikum ins 16. Jahrhundert in die Zeit, als Hilpoltstein an Nürnberg verpfändet war. Aus dieser Zeit stammte der Schwank "Das Kälberbrüten" von Hans Sachs. Das zweite Theaterstück hieß "Fürstenglanz" und entführte ins 17. Jahrhundert. Geschrieben hat es Manfred Seitz. Er selbst schlüpfte in die Rolle des Pfalzgrafen Johann Friedrich.