Haftbefehl nach 65 Jahren

25.11.2010 | Stand 03.12.2020, 3:25 Uhr

Ingolstadt/Den Haag (DK) Seit Jahrzehnten lebt Klaas Carel Faber, ehemaliges Mitglied der Waffen-SS, unbehelligt in Ingolstadt. Gestern haben die Niederlande einen europäischen Haftbefehl gegen ihn erlassen.

Mit dem Haftbefehl unternehmen die Niederlande einen neuen Versuch, eine Auslieferung des früheren SS-Mannes zu erreichen. Damit landet der gebürtige Niederländer, der seit dem Zweiten Weltkrieg die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt, vielleicht doch bald im Gefängnis. Ulrich Staudigl, Pressesprecher im Bundesjustizministerium, bestätigte gestern, dass der Haftbefehl eingegangen ist. "Wir haben ihn an die bayerischen Behörden weitergeleitet." Zuständig ist die Generalstaatsanwaltschaft in München, die das Dokument allerdings noch nicht erhalten hat. Der Leitende Oberstaatsanwalt Alfons Obermeier sagte dem DONAUKURIER: "Wenn der Haftbefehl vorliegt, werden wir in die Prüfung einsteigen. Letztendlich entscheidet das Oberlandesgericht München über eine Zulässigkeit des Antrags." Ob und wann Faber verhaftet wird, ist also völlig unklar.

Klaas Carel Faber war Wächter im Transitlager Westerbork. Er soll mindestens 22 Juden sowie Widerstandskämpfer ermordet haben. Seit 1961 lebt er in Ingolstadt, obwohl er in den Niederlanden 1947 zum Tode verurteilt wurde. 1952 floh der heute 88-Jährige aus einem niederländischen Gefängnis nach Deutschland. Ein Gericht erklärte 1957, man könne Faber die Verbrechen nicht nachweisen. Deshalb wurde er nie ausgeliefert.

Der jetzige Haftbefehl geht auf eine Empfehlung von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger vom September zurück. Sie setzt sich seit Jahren dafür ein, dass Faber ausgeliefert wird.

Das Simon Wiesenthal Center hat das ehemalige Mitglied der Waffen-SS im vergangenen Jahr auf seiner Liste der meistgesuchten NS-Kriegsverbrecher auf Platz fünf gesetzt. Der Leiter des Zentrums, Efraim Zuroff, sagte gestern: "Wir rufen die deutschen Behörden auf, Faber sofort festzunehmen, damit er seine wohlverdiente Strafe bekommt."Seite 2 und 13