Greding
Stelldichein der kirchlichen Würdenträger

Vier Bischöfe haben sich zum zentralen Reformationsgedenken angekündigt Großes Fest der christlichen Konfessionen

28.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:24 Uhr

Der Reformator Martin Luther steht im Mittelpunkt, ganz so wie neben der Andreaskirche in Weißenburg. Das finden die Katholiken Konrad Bayerle (l.) und Andreas Weiß ebenso in Ordnung wie ihre evangelischen Kolleginnen Ingrid Gottwald-Weber (2.v.l.) und Christa Müller. - Foto: Luff

Greding/Thalmässing (HK) Für die Evangelische Kirche in Deutschland ist heuer ein besonderes Jahr: 500 Jahre Reformation. Das gilt auch für die Region Thalmässing - zu der auch Greding gehört. Der Großteil der Veranstaltungen spielt sich jedoch jenseits der Landkreisgrenze ab.

Die Nachbarkreisstadt ist prädestiniert dafür, das Reformationsgedenken groß zu feiern, nicht nur, weil dort das hiesige evangelische Dekanat seinen Sitz hat. Sondern vor allem, weil Weißenburg sich außergewöhnlich früh der Reformation angeschlossen hat, wohl noch vor 1530. Es sei die erste Stadt in der Diözese Eichstätt gewesen, die den reformatorischen Bestrebungen nachgegeben habe, so Andreas Weiß bei einem Pressegespräch zum Reformationsgedenken. Dass der Dekanatsreferent des katholischen Dekanats Weißenburg-Wemding dies durchaus anerkennend sagt, ist Beleg dafür, dass hier "Ökumene gelebt" werde, wie er sagt, andernorts "wird sie gemacht". Und so feiern evangelische wie katholische Christen den Jahrestag der Reformation als ein gemeinsames "Fest des Glaubens", wie die Dekanin Ingrid Gottwald-Weber und ihr katholischer Amtsbruder Konrad Bayerle unisono betonen.

Bestes Beispiel hierfür ist das zentrale Reformationsgedenken in der Kirche St. Andreas am 31. Oktober unter dem Motto "Semper reformanda - Kirche(n) auf dem Weg". Denn natürlich habe man einen Gottesdienst an diesem Tag, der heuer bundesweit ein arbeitsfreier Feiertag ist, geplant, erzählt Gottwald Weber. Doch sei sie selbst überrascht gewesen, als der Eichstätter Bischof sowie die Nürnberger Regionalbischöfe angefragt hätten, ob sie kommen könnten. So wird der Gottesdienst ab 10 Uhr eine Trialogpredigt von Gregor Maria Hanke, Stefan Ark Nitsche und Elisabeth Hann von Weyhern, der Bezirksposaunenchor spielt dazu auf. Jetzt habe sich auch noch ein Bischof aus England angekündigt, erzählt die Dekanin. Auch mit diesem könnten die Gläubigen beim anschließenden Empfang im Gemeindehaus St. Andreas ins Gespräch kommen. Auch Methodisten und Landeskirchliche Gemeinschaft seien dabei. "Wir sind dankbar, dass sich die anderen Konfessionen einreihen", sagt Gottwald-Weber.

Ihr zufolge ist der letzte Oktobertag zwar hochkarätig, aber beileibe nicht die einzige Veranstaltung. Zum einen führe man mit verschiedenen Dingen schon seit zehn Jahren auf das Jubiläum hin, zum anderen engagierten sich viele Kirchengemeinden und stellten selbstständig "viele schöne Veranstaltungen in den Dörfern" auf die Beine, manche von diesen seien aber erst noch im Entstehen.

Fix sind aber "zentrale und hochkarätige" Termine, so die Dekanin. Beispielsweise eine Gottesdienstreihe in St. Andreas sonntags um 10 Uhr, im Juli und Juli, die sich mit den vier typischen Kennzeichen evangelisch-lutherischer Frömmigkeit beschäftigt, den vier Soli: von sola scriptura bis solus christus. Mittendrin, nämlich am 2. Juli, wird die Wanderausstellung "Fränkische Lebensbilder im Fokus der Reformation" eröffnet, erstellt von einem Team aus Historikern, Theologen sowie Kunsthistorikern im Auftrag des Frankenbundes - dessen mittelfränkische Bezirksvorsitzende Evelyn Gillmeister-Geisenhof ist als Initiatorin des Gredinger Trachtenmarkts auch im Osten des Dekanats bestens bekannt. Der Bogen der elf Biografien in der Ausstellung spannt sich vom Ansbacher Markgrafen Georg den Frommen über dessen Kanzler Georg Vogler, Argula von Grumbach, Caritas Pirckheimer bis hin zum Landpfarrer Georg Hausecker.

Die Kirchenmusik feiert das Jubiläum des Thesenanschlags ebenfalls: am 16. Juli mit einer Gospelmesse in der Andreaskirche, am 24. September mit Giacomo Puccinis "Messa di Gloria" am selben Ort.

Die Teilnahme an den Feiern zum Reformationsgedenken ist für Dekan Bayerle eine Selbstverständlichkeit, wie er sagt. Denn damit setze er lediglich fort, was für Gläubige und Hauptamtliche beider Konfessionen in der Region längst Alltag ist: das Zusammenwirken. Ob in der Flüchtlingshilfe, Notfallseelsorge oder beim Fastenessen. Selbst bei Stellungnahmen zu politischen Themen spreche er sich mit seiner evangelischen Kollegin ab. Bei der Ökumene hänge viel "vom Umfeld und den handelnden Menschen ab", räumt er aber ein. Man verfolge hier "eher den praktischen Ansatz - aber im Bewusstsein der eigenen Position". So sei das Jahr 2017 ein Fest des Glaubens, "nicht die Wiedervereinigung der Konfessionen".

Die Katholische Erwachsenenbildung (KEB) im Nachbarlandkreis hat sogar eigene Programmpunkte ausgearbeitet - zum Teil in Kooperation mit dem Evangelischen Bildungswerk (EBW) -, das selbstverständlich für Angehörige aller Konfessionen offen ist. Dazu gehören etwa ein Vortrag des Spalters Martin Burkert über Luthers Freund Spalatin in Gunzenhausen (16. Mai) und eine Fünftagesreise zu den westlichen Lutherstädten Worms, Speyer, Heidelberg, Bretten und Pforzheim (4. bis 8. September). Und nicht zuletzt ein heiterer Begegnungsabend der Konfessionen im KLJB-Bildungshaus im nahen Fiegenstall am 6. Juli ab 19.30 Uhr. Hier werden der Thalmässinger Pfarrer und stellvertretende Dekan Frank Zimmer sowie der Domvikar Thomas Stübinger aus Ellingen von der Faszination ihres Glaubens erzählen - mit einer gehörigen Portion Selbstironie, Klischees werden dabei nicht ausgespart. "Das ist ein Testballon", sagt Ingrid Gottwald-Weber; kommt der humorvolle Abend an, könne es im Herbst eine Wiederholung geben.

Das Jubiläum schlägt sich auch im Programm des EBW stark nieder. Auf eine Veranstaltung mit dem früheren Landesbischof Johannes Friedrich weist Christa Müller hin, pädagogische Mitarbeiterin beim EBW. Denn Friedrich war an der Revision der Luther-Bibel beteiligt, die im Oktober 2016 erschienen ist. Ob man diese Erneuerung wirklich brauche, fragt der Landesbischof a.D. etwas provokant am 15. Mai im Weißenburger Gemeindehaus.

Termine über Termine - und das Ende der Fahnenstange ist noch nicht einmal erreicht. "Vieles ist im Fluss", sagt Christa Müller, so sei der Dekanatsflyer, der den Gemeindebriefen beilag, zum Teil schon wieder überholt.

Das Jubiläum werde zu Recht groß gefeiert, betonen die Dekane beider großer Konfessionen, die auch eine gute Portion Selbstbewusstsein aus dem Lutherjahr ziehen. Zwei Drittel der Menschen in Deutschland seien nach wie vor Mitglieder der christlichen Kirchen, sagt Gottwald-Weber. Man brauche also keine Angst vor dem Islam haben, könne den eigenen Glauben herausstellen. "Was der Mensch normal hat, schätzt er nicht immer." Doch hier setze ein Umdenken ein, hat Bayerle im Schulunterricht festgestellt. Während die Schüler vor einiger Zeit sich vor allem für fremde Glaubensrichtungen interessiert hätten, richte sich ihr Augenmerk heute wieder aufs Christentum. Man könnte dies einerseits als eine Verschärfung der Krise interpretieren. Andererseits "ist das die Basis für einen Neuaufbruch". Ganz so, wie es der Reformator vor einem halben Jahrtausend vorgelebt hat.