Greding
"Es darf auch mal deftiger sein"

Jürgen Kirner, Kopf der Couplet-AG, über Politik und Witz – Auftritt am 6. Juni in Greding

27.05.2014 | Stand 02.12.2020, 22:38 Uhr

Nehmen kein Blatt vor den Mund: Jürgen Kirner und Bianca Bachmann, zwei der vier Musikkabarettisten der Couplet-AG. Die mehrfach ausgezeichnete Gruppe tritt am 6. Juni im Vorfeld der Fußball-Stadtmeisterschaft in Greding auf. - Foto: Ulli Wanner

Greding (HK) Der TSV Greding ist in diesem Jahr Ausrichter der Fußball-Stadtmeisterschaft. Der sportliche Teil geht dabei am Wochenende, 7./8. Juni, über die Bühne. Zuvor allerdings hat der Verein ein echtes Zuckerl in petto: Die Couplet-AG gastiert am Freitag, 6. Juni im Festzelt am Hallenbad.

Mit ihrem mittlerweile zwölften Bühnenprogramm ziehen die preisgekrönten Musikkabarettisten der Couplet-AG – unter anderem erhielten sie den Bayerischen Kabarettpreis und den Bayerischen Poetentaler – durch die Lande. „Perlen für das Volk“ versprechen die vier Akteure. Woraus diese Perlen in Greding genau bestehen, will Jürgen Kirner, der Gründer und Kopf der Formation, noch nicht verraten.

 

Sie sind seit 21 Jahren als Couplet-AG unterwegs, als Arterhaltungsgesellschaft für das Couplet, wie die Abkürzung bedeutet. Muss die Art noch immer erhalten werden?

Jürgen Kirner: Mittlerweile Gott sei Dank nicht mehr, denn es gibt wahnsinnig viele Gruppen, die uns nachgefolgt sind. Auch Einzelkünstler haben das Erbe angetreten und singen wieder Couplet. Es hat sich fast ein Siegeszug entwickelt – das freut uns sehr.

 

Erklären Sie den Begriff Couplet!

Kirner: Das ist ganz einfach: Das Couplet ist eine satirische Liedform mit Kehrvers.

 

Kurt Tucholsky verlangte vom Autor eines Couplets „Gesinnung, Geschmack und großes Können“. Über das Können müssen wir nicht großartig reden. Aber was bedeuten für Sie Gesinnung und Geschmack?

Kirner: Das heißt, dass es gewisse Grenzen gibt. Das Couplet darf auch mal deftiger sein – aber immer so, dass es vertretbar ist. Unter die Gürtellinie zu schlagen, ist nicht lustig. Und das muss auch gar nicht sein. Es gibt andere Möglichkeiten.

 

Was finden Sie komisch?

Kirner: Komisch finde ich Zwischenmenschliches, das so skurril ist, dass es zum Lachen anregt. Es gibt aber auch viel Komisches in der Politik.

 

Was denn?

Kirner: Das ist ein weites Feld. Da gibt es oft Momente und Dinge, die so witzig sind, dass sie von mir in Texten verwurstet werden – und dem Publikum nahe gebracht.

 

In ihrer Laufbahn haben sie vier Ministerpräsidenten in Bayern erlebt: Streibl, Stoiber, Beckstein und Seehofer. Welcher war das dankbarste Ziel Ihres Spottes?

Kirner: Sie waren alle miteinander dankbar – jeder auf seine Art und Weise. Wir haben schon so manchen Politiker weggesungen. Das stimmt dich dann als Künstler traurig: Ich habe mal eine wunderbare Nummer über Barbara Stamm als Ministerin geschrieben. Und auch über die Hohlmeier Moni. Und dann waren die plötzlich weg. Es gibt Couplets, die du gerne singst und die beim Publikum narrisch gut ankommen – und plötzlich musst du sie ad acta legen, weil es die Politiker nicht mehr gibt.

 

Wo siedeln Sie sich politisch an?

Kirner: In der Mitte. Und ich beziehe eher liberale Positionen, nicht nach einer Seite ausschlagend. Ich bin aber ein sehr politischer Mensch.

 

Übernehmen Künstler wie Sie die Opposition in Bayern?

Kirner: Opposition – das ist mir zu stark. Man zeigt Schwachstellen auf, Stellen, die nicht in Ordnung sind. Man bietet andere Sichtweisen. Ob diese Sichtweisen dann von Publikum angenommen werden, ist eine andere Frage.

 

Wie reagiert man in den verschiedenen Parteien auf Ihre Couplets?

Kirner: Heute verstehen die Leute in der CSU mehr Spaß als in anderen Parteien. Die CSUler laden dich gezielt ein, die brauchen die verbale Peitsche. Die einen gehen zur Domina, die anderen gehen zur Couplet-AG.

 

Worüber können Sie sich aufregen?

Kirner: Über gespielte Dummheit. Beispielsweise ganz aktuell das geplante Freihandelsabkommen: Da gibt man sich dermaßen einer Arglosigkeit hin, dass da nichts passiert. Das bleibt aber nicht ohne Folgen. Man hält die Leute draußen für dumm – das regt mich wahnsinnig auf. Und das gibt es bei jeder Partei.

 

Sie machen sich aber auch über den Durchschnittsbürger lustig. Warum stoßen sie die Leute im Publikum nicht vor den Kopf?

Kirner: Das ist das Schöne: Der Mensch erkennt sich ungern selber. Er deutet mit dem Finger auf andere: den Nachbarn, auf jemanden in der Familie. Sich selber erkennt man weniger, das liegt in der Natur der Dinge.

 

Bieten Sie bei Ihrem Auftritt in Greding auch Lokalkolorit?

Kirner: Wir sind hier schon mehrmals aufgetreten. Ich mache so etwas immer kurz davor, werde jetzt auch noch nichts verraten. Es soll eine Überraschung sein. Aber ich verfolge die Kommunalpolitik sehr intensiv. Natürlich gibt es Begebenheiten, die es wert sind, dass man sie ins Programm einbaut.

 

Betreiben Sie Werbung in eigener Sache: Warum sollte ein Besucher zum Auftritt der Couplet-AG am 6. Juni kommen?

Kirner: Weil er sonst ein irrsinnig tolles, abwechslungsreiches Programm versäumt, das es so bei der Couplet-AG noch nie gegeben hat. Auch Kolegen haben bei der jüngsten Fernsehaufzeichnung geschwärmt und gesagt: „So ein tolles Programm haben wir seit Jahren überhaupt nicht gesehen.“

 

Das Interview führte

Volker Luff.