Greding
"Die absolute Sicherheit gibt es nicht"

Volksfest, Kerwa, Burgfest: Bürgermeister, Polizei und Landrat warnen nach Anschlägen vor Hysterie

25.07.2016 | Stand 02.12.2020, 19:30 Uhr

Greding/Hilpoltstein/Allersberg (HK) Entspannt bleiben, nicht verrückt machen lassen, keine Hysterie schüren: Die Reaktionen von Landrat, Bürgermeistern und Polizei fallen nach dem Anschlag von Ansbach, bei dem ein Asylbewerber aus Syrien einen Sprengsatz gezündet und 15 Menschen verletzt hat, besonnen aus. Burgfest und Kirchweihen werden wie geplant gefeiert.

Die Stadt Greding ist am letzten Volksfesttag um Normalität bemüht. "Wir sollten so viel Zivilcourage haben, dass wir unser Leben nicht von Einzelnen diktieren lassen", sagt Bürgermeister Manfred Preischl. "Wir werden das Volksfest auf jeden Fall zu Ende feiern." Sorgen, ob das Fest friedlich verläuft, mache sich die Stadt als Veranstalter jedes Jahr. "Man muss wissen, dass nicht alles heile Welt ist, wenn man auf der Bühne anzapft." Völlig auszuschließen sei auch ein Anschlag in Greding nicht. Die Polizei wolle in Greding "entsprechend präsent sein", kündigt Siegfried Frauenschläger, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Hilpoltstein, an.

In Ansbach hatte ein 27-jähriger Asylbewerber aus Syrien am Sonntagabend bei einem Musikfestival einen Sprengsatz gezündet. 15 Menschen wurden zum Teil schwer verletzt, der Syrer starb. Der Mann war abgelehnt worden und sollte nach Bulgarien abgeschoben werden. Er hatte zwei Selbstmordversuche hinter sich. "Vor Einzeltaten sind wir nicht gefeit, sei dies nun durch einen Flüchtling oder einen Deutschstämmigen", sagt Preischl. "Ich will deshalb nicht, dass jemand aufgrund seiner Herkunft schräg angeschaut wird."

"Wir lassen uns dadurch nicht groß beeinflussen bei unseren Planungen", sagt Michael Langner. Der geschäftsführende Beamte von Allersberg ist verantwortlich für die anstehende Kirchweih, die am Freitag beginnt. Es gebe seit Jahren einen Sicherheitsdienst und Kontrollen, "über das hinaus ist nichts geplant", sagt Langner. "Alles abzusagen, wäre überzogen", sagt Hilpoltsteins Bürgermeister Markus Mahl knapp zwei Wochen vor dem Burgfest, das tausende Feierlustige zu Flohmarkt, Burgspiel, Umzug und ins Bierzelt lockt. Man sei vorsichtig, sagt Mahl, aber entspannt.

München, Würzburg, Ansbach: "Einzeltäter", sagt Hilpoltsteins Bürgermeister Mahl: "Die absolute Sicherheit gibt es nicht." Mahl warnt aber vor Hysterie. Er erinnert an den Amokschützen von Leutershausen, einen psychisch kranken Deutschen, der im Wahn im Juli 2015 zwei arglose Passanten erschossen hat. "Da kann ich keine Vorsorge treffen", sagt Mahl.

"Wir sind hellhörig und vorsichtig", erklärt Siegfried Frauenschläger nach einem Telefonat mit Bürgermeister Mahl bezüglich des Burgfests. Das Ergebnis: "Wir werden unser Konzept nicht grundlegend ändern", erklärt Frauenschläger. Da das Burgfestgelände wegen des Jugendschutzes ohnehin umzäunt sei, würden an den drei Eingängen grundsätzlich Rucksackkontrollen durchgeführt, allerdings nicht durchgehend während des gesamten Festes.

"Ansbach bewegt uns, wir machen uns Gedanken für unsere Veranstaltungen", sagt Simone Wiesenberg von der Polizeiinspektion Roth. Aber auch sie betont: "Einen Rundumschutz kann es nicht geben." Zudem es für die Polizei schwierig sei, konkret zu werden, wenn es keine Hinweise auf ein Attentat gebe. "Wir sind keine Psychologen und können nicht in die Köpfe der Menschen schauen." Wiesenberg betont, dass die Polizei bei Veranstaltungen beratend zur Seite stehe, "niemand soll sich im Stich gelassen fühlen". Auch kleinere Veranstalter könnten sich mit ihren Fragen an die Polizei wenden. "Aber wir werden sicher nicht leisten können, für jede Veranstaltung einen Beamten abzustellen." Es gebe aber Sicherheitskonzepte, die ständig überarbeitet würden.

"Mit Augenmaß vorgehen", sollte man nach Ansicht von Landrat Herbert Eckstein. "Was soll ein Bürgermeister da machen", fragt er rhetorisch. "Er ist doch machtlos." Er spüre die tiefe Angst und Verunsicherung der Menschen, sagt Eckstein. Er fürchte aber auch, dass unsere moderne Gesellschaft immer mehr psychisch kranke Menschen hervorbringen werde, die nicht zu kontrollieren seien. "Wir müssen versuchen, die psychische Versorgung für traumatisierte Asylbewerber zu verbessern", sagt er. "Die Gesellschaft sieht nur den letzten Moment, den langen Weg dahin sehen die Leute nicht." Der Ruf nach schärferen Gesetzen, der nach jedem Amoklauf komme, sei nur Ausdruck der Hilflosigkeit. "Achtsamkeit gegenüber dem Nachbarn ist da die bessere Botschaft."

Ähnlich sieht dies Andrea Gilch, Koordinatorin des Gredinger Helferkreises. "Die Syrer aus meinem Integrationskurs sind betroffen und hoffen, dass sie jetzt nicht über einen Kamm geschert werden", erzählt sie. Nun sei es wichtig, die Flüchtlinge spüren zu lassen, dass sie hier willkommen sind - zum Beispiel auf dem Volksfest, wo sie bereits bayerische Traditionen kennengelernt hätten.

In Greding funktioniere die Integration durch das Patensystem sehr gut, "über das eine enge Bindung zwischen den Flüchtlingen und ihren Paten besteht", erklärt Gilch. Am Montag sei zudem ein Treffen mit einem Sozialpädagogen vom Landratsamt arrangiert worden, der die Ereignisse in Ansbach mit den hier lebenden Geflüchteten besprach. Denn auch sie wollten noch einmal das Volksfest besuchen - ohne Angst vor Anfeindungen.

Auch Michael Langner baut auf die Integrationskraft der Kirchweih. Die in Allersberg lebenden Asylbewerber kommen viermal pro Woche zum Integrationskurs ins Gilardihaus. "Jetzt hoffen wir mal, dass der eine oder andere auch zur Kirchweih kommt."