Greding
Von Greding an die Ostsee

Andrea Strobel und Ines Kehl vom VfB Kipfenberg sind in sechs Etappen mit dem Rennrad ans Meer gefahren

24.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:36 Uhr
Endlich am Meer: Andrea Strobel (links) und Ines Kehl sind von Greding aus mit den Rennrädern an die Ostseeküste gefahren (Bild oben). Dort genossen sie den Blick aufs Wasser und eine Brotzeit. Manchmal macht ihnen der Zustand der Straßen – vor allem nach der Stadt Halle an der Saale – zu schaffen: Notdürftig wurde das Kopfsteinpflaster mit Teer aufgefüllt, der dann wieder herausbrach. An manchen Stellen mussten sie darum idie Räder tragen oder schieben. −Foto: Strobel

Greding (HK) Aus einer spontanen Idee beim Radtraining wurde eine 800 Kilometer lange Tour an die Ostsee: Andrea Strobel und Ines Kehl sind von Greding aus in den Norden gefahren. Unterwegs fanden sie bucklige Straßen, einen Radladen ohne Luftpumpen und einen besonderen Biergarten.

Kurz vor dem Ziel konnten es die beiden Sportlerinnen vom kaum noch erwarten, sie wussten, gleich kommt die Ostsee, auch wenn sie das Wasser aus der Ferne nicht sehen konnten. „Der Wind war anders“, sagt Strobel, „als wir dann da waren, das war echt schön“. Denn hinter den beiden Rennradfahrerinnen lagen 800 Kilometer, die sie in sechs Etappen Anfang August zurückgelegt haben. Sie genossen den weiten Blick ins Blaue, fuhren dann ein Stück zurück, besorgten sich eine Brotzeit, anschließend stürzte sich Kehl in die Fluten, „das musste schon sein, nachdem wir es geschafft haben“.

Normalerweise schwingen sich die beiden beim VfB Kipfenberg auf ihre Räder, zweimal die Woche nehmen sie am Training teil. Beide fahren weite Strecken, meist geht es durch das Altmühltal. „Zwischen 300 und 500 Kilometern in der Woche, durchschnittlich zwanzig Stunden“, schätzt Kehl ihre Zeit im Sattel, bei Strobel ist es ähnlich. „Da sind wir sehr schnell unterwegs, was links und rechts ist, kriegt man nicht mehr mit“, sagt die 42-Jährige aus Greding.

„Kopfsteinpflaster, überzogen von Teer, der an manchen Stellen wieder rausbrach, darübertonnenweise Splitt.“

Andrea Strobel

 

Das war bei der Fahrt an die Ostsee, nach Elmenhorst, anders. „Anhalten und Pferde streicheln“, wie Strobel sagt, den Blick schweifen lassen, das geht normalerweise nicht, es verdirbt den Schnitt. Bei einer kleinen Trainingsfahrt entstand die Idee, keine Woche später waren sie auf dem Weg in den Norden. Kehl, die in Eichstätt lebt, verlängerte kurzerhand ihren Urlaub. „Eigentlich sollte es in die Berge gehen“, sagt Strobel, aus gesundheitlichen Gründen verwarfen sie diesen Plan aber wieder. „Ich hab es mir nicht zugetraut, so viel bergauf zu fahren, also haben wir dann entschieden, dass wir bergab radeln, Richtung Meer.“ Die Ostsee wählten sie, weil Kehl ursprünglich aus Halle an der Saale kommt, daher sollte die Tour dort durchführen. „Sonst haben wir uns nur vorgenommen, nicht durch große Städte zu fahren, die einzige größere Stadt war also Halle, wo wir eine Nacht bei Ines’ Eltern verbracht haben.“

Auch sonst hielten sich die Planungen in Grenzen. „Wir haben uns vorgenommen, jeden Tag 120 bis 140 Kilometer zu fahren und dann zu schauen, wo wir landen“, sagt Strobel. Die ersten drei Etappen seien bergig gewesen, erzählt Kehl, dann wurde es zunehmend flacher – „und windiger“ fügt Strobel hinzu. Verfahren haben die beiden sich dank Navigationsgerät kaum. „Manchmal waren wir etwas zu schnell für unseren Routenplaner“, sagt Strobel, dann schoss man dort, wo man hätte abbiegen sollen, auch mal vorbei. Die Straßen zu finden war also kein Problem, ihr Zustand schon eher. „Kopfsteinpflaster, überzogen von Teer, der an manchen Stellen wieder rausbrach, darüber tonnenweise Splitt“, sagt Strobel. Es gebe schon „große Gegensätze“, fügt Kehl hinzu, mal habe man eine tolle Straße, dann wieder nicht, streckenweise „mussten wir die Räder tragen oder schieben“, sagt die 37-Jährige. Gerade in Mecklenburg-Vorpommern gebe es viele sandige Wege, die mit den dünnen Reifen des Rennrads nicht zu befahren sind. Auf eine Bundesstraße mussten sie dagegen nur einmal ausweichen und das nur für wenige Kilometer.

Ohnehin überwiegen die schönen Erlebnisse deutlich. „Die riesigen Felder, die man nach Bayreuth sieht, die von Agrargenossenschaften bewirtschaftet werden“, haben Kehl beeindruckt, Strobel erinnert sich gern an einen Biergarten nahe der Stadt Pausa in Sachsen. „Das war eine alte Scheune, da hatte der Besitzer ein paar Plastikstühle reingestellt“, beschreibt die Gredingerin das eher ungewöhnliche Konzept, „und irgendwo hatte er ein Fass Bier“. Unerwarteterweise gab es auch etwas zu essen.

Ebenso schmunzeln mussten die Sportlerinnen in einem Radladen, der ohne Luftpumpen auskam. „Er hatte nur einen Kompressor für Touristen-Räder da“ sagt Strobel, Rennradfahrer schauten wohl eher selten vorbei.

Egal ob bei Mittagspausen am See oder auf der Wiese – die Tour der beiden stieß auf Interesse. „Ein Bauer hat uns zum Beispiel gleich angesprochen und wollte wissen, woher wir kommen“, sagt Kehl. Und auch im Internet fragten sich bald einige VfB-Vereinsmitglieder, wohin die beiden wohl unterwegs waren. „Wir haben eine Trainingsplattform, auf der man anschließend seine Strecke hochladen kann“, erklärt die Eichstätterin, nach und nach erkannten viele, dass die beiden nicht nur eine einfache Rundfahrt unternahmen.

Es wird nicht die Letzte gewesen sein, sind sich beide einig, doch nun warten eher sportliche Ziele. Direkt nach der Tour hat Kehl am Highlander Radmarathon teilgenommen und hofft, dass der Altmühltaler Straßenpreis wieder stattfindet. Denn ohne das Rennrad können beide nicht, wie Kehl sagt: „Es ist schon eine Sucht.“