Allersberg
Täufer alarmierte das Denkmalamt

Allersberger erzählt erstmals von seiner Aktion zur Rettung des alten Bahnhofs – Zeitzeugengespräch in der Bücherei

25.11.2014 | Stand 02.12.2020, 21:56 Uhr

 

Allersberg (tuf) Hartmut Täufer hat den alten Allersberger Bahnhof gerettet. Er alarmierte Anfang der 1980er Jahre das Landesamt für Denkmalschutz, das sofort reagierte. Verschiedene Initiativen sorgten dafür, dass der Bahnhof zur Begegnungsstätte für Jugendliche wurde und die Bücherei dort einzog.

Die Eisenbahnlinie war für Allersberg nicht nur eine echte Anbindung an „die weite Welt“, wie Annett Haberlah-Pohl, die Allersberger Archivarin, erklärte, es kamen auch Menschen, die wichtig waren für die wirtschaftliche Entwicklung des Ortes, seien es die Heimatvertriebenen oder die ausländischen Arbeitskräfte. Im letzten Teil der Reihe ging es nun um die Frage, was nach der Stilllegung der Strecke 1973 mit dem Bahnhof passieren sollte.

In den Archiven hatte Haberlah-Pohl den Hinweis gefunden, dass bereits 1973 Alfred Kett angeregt hatte, den Bahnhof zu einem Jugendzentrum auszubauen. Diesem Vorschlag war damals kein Erfolg beschieden. Aufsehen erregte einige Jahre später die Bürgerinitiative „Rettet unseren Bahnhof – er ist schön“, initiiert von Hartmut Täufer. Auf Plakaten und mit einer Unterschriftsammlung wurde 1978 dafür geworben, dass sich Allersberg an der Erhaltung des Gebäudes beteiligen solle. Doch auch diese Aktion blieb damals ohne Folgen.

Trotzdem kaufte Allersberg 1980 das frühere Bahnhofsgelände. Allerdings war man nur an der Fläche für einen neuen Festplatz interessiert. Der Bahnhof selbst war für viele ein überflüssiger Fremdkörper. Die Toilettenanlagen, das Waschhaus und die Holzlegen wurden mit Hilfe der US-Armee noch im selben Jahr abgerissen.

Im Marktrat hätte sich vermutlich auch eine Mehrheit für den Abriss des Bahnhofs gefunden. Aber Hartmut Täufer hatte – wie er beim Zeitzeugengespräch in der Bücherei erstmals öffentlich erzählte – das Landesamt für Denkmalschutz alarmiert und auf die Gefahr hingewiesen, dass dieses kommunale Denkmal abgerissen werden könnte. Das Denkmalschutzamt handelte unverzüglich. Hauptsächlich, weil die beiden Bahnhofsgebäude von Seligenporten und Pyrbaum, die aussehen wie „die zwei kleineren Brüder“ des Allersberger Bahnhofs, mit ihm als ein Verkehrsdenkmal betrachtet werden müssten. Der Allersberger Bahnhof und „seine Brüder“ in Pyrbaum und Seligenporten wurden auf die Denkmalschutzliste gesetzt. Die Entscheidung in München war innerhalb von zwei Tagen gefallen. Wie der Bahnhof genutzt werden sollte, blieb weiter unklar.

Schwung in die Diskussion brachte eine Jugendinitiative unter Führung von Frank Lehner. Er erinnerte im Zeitzeugengespräch an die damaligen Auseinandersetzungen. Es gab eine relative hohe Anzahl von straffälligen Jugendlichen und eine Drogenszene in Allersberg. Die Vereine hätten zwar vereinzelt Angebote für die Jugendlichen bereit gestellt, das sei aber für die junge Generation quantitativ und qualitativ zu wenig gewesen. „Unser Treffpunkt war damals die Rathaustreppe oder die Eisenstange vor dem Geschäft Gunkel“, erzählte Lehner. Was sollten die Jugendlichen mit ihrer Freizeit anfangen? Wohin sollten sie gehen?

Die Idee der Jugendinitiative war es, den Bahnhof zu einem Jugendzentrum auszubauen. Frank Lehner erinnerte sich: „Wir haben damals erkannt, dass für die Jugend was nötig ist und ein großer Bedarf besteht“. Flugblätter wurden gedruckt und über 300 Unterschriften gesammelt. Unterstützt vom Kreisjugendring entstand ein Filmforum, das im früheren evangelischen Gemeindehaus an der Hirschberger Straße, das der evangelische Pfarrer Stepp zur Verfügung gestellt hatte, Filme vorführte. Die Gäste wurden dort auch bewirtet, aber – so Lehner – Alkohol gab es keinen.

In Gesprächen mit dem Bürgermeister blieb die Jugendinitiative erfolglos. So entschloss man sich, zu einem Diskussionsabend einzuladen; Ort wieder das evangelische Gemeindehaus. „Es wurde das Highlight unserer Aktion“, erinnerte sich Frank Lehner, ein Diskussionsabend im überfüllten Saal. Befürworter und Gegner eines Jugendzentrums saßen sich gegenüber, tauschten engagiert ihre Argumente aus. Insgesamt, so Lehner, sei es eine offene und sachliche Aussprache gewesen, jedoch ohne das von der Jugendinitiative erhoffte Ergebnis. Aber es sei gelungen, das Jugendproblem ins allgemeine Bewusstsein zu rücken.

Die Jugend und ihre Anliegen waren ein öffentliches Thema geworden, mit Auswirkungen einige Jahre später. Mittlerweile ist es selbstverständlich, dass es in Allersberg eine hauptamtliche Kraft für offene Kinder- und Jugendarbeit gebe, dass die Marktgemeinde ein Jugendbüro habe. Dies sei vor allem ein Verdienst der damaligen Jugendinitiative.

1987 beschloss der Marktrat die Sanierung des Bahnhofs, der mittlerweile in einem schlechten Zustand war. Zwei Jahre später wurden die Bau- und Sanierungsarbeiten abgeschlossen, die Bücherei wurde eröffnet. Alles in allem eine Erfolgsgeschichte. Der frühere stellvertretende Bürgermeister Rudolf Mang formulierte es so: „Gott sei Dank ist der Bahnhof erhalten geblieben, darüber sind wir froh.“ Hartmut Frommer, früherer Allersberger Marktrat und Nürnberger Rechtsrat, sprach von einer „wunderschönen demokratischen Geschichte“.

Der Bahnhof als „Motor für Allersberg“ hat eine neue Bestimmung gefunden. „Er war und ist mehr als ein reines funktionales Gebäude“, sagte Büchereileiterin Cordula Dossler. Er sei immer ein Treffpunkt für Begegnungen und Erlebnisse, ein Ort des lebendigen Miteinanders gewesen. Dritter Bürgermeister Manfred Kinzler formulierte es so: Die Bezeichnung „Bücherei“ treffe besser, denn im Gegensatz zu einer Bibliothek verbinde er mit dem Begriff Bücherei Leben und Lebendigsein.