Wellheim
"Es zählen auch ideelle Werte für uns"

Der Jurahausverein beklagt den zunehmenden Abriss historischer Gebäude im Landkreis Eichstätt – ohne Denkmalprüfung

09.08.2013 | Stand 02.12.2020, 23:48 Uhr

 

Wellheim/Kösching (EK) Im Landkreis Eichstätt werden laut dem Jurahausverein zunehmend historische Gebäude abgebrochen – meist ohne diese zuvor auf eventuellen Denkmalschutz untersucht zu haben. Dagegen läuft der Verein Sturm – bisher jedoch mit nur mäßigem Erfolg.

„Das ist ein echtes Problem im Landkreis“, sagt Kreisheimatpfleger Karl-Heinz Rieder. Immer wieder – rund drei bis vier Mal pro Jahr – kämen Bürger auf ihn zu, die von Abbrüchen historischer Gebäude berichteten. In und um Kösching etwa seien in den vergangenen Jahren gleich mehrere alte Häuser abgerissen worden. Eine Prüfung, ob diese schützenswert gewesen wären, gab es nicht. Hier sei beispielsweise die Stadt Ingolstadt dem Landkreis Eichstätt weit voraus: „In der dortigen Altstadt wurde jedes Haus auf sein Alter hin geprüft und die Substanz dokumentiert“, so Rieder weiter.

Jetzt sorgt ein weiterer Fall für Diskussionen: In der Balestergasse in Kösching wird aktuell ein altes Fachwerkhaus aus dem Spätmittelalter abgebrochen. Laut Rieder ein seltenes Stück: „Das Fachwerk besteht aus Weichholz, also aus Kiefer oder Tanne. Das ist sehr selten – normal waren damals Eichenkonstruktionen“, erklärt Rieder. Er schätzt das Gebäude aufgrund der „zu erkennenden Elemente“ auf das 15. Jahrhundert. Das Gründungsmitglied des Jurahausvereins betreibt aktuell „Trauerarbeit“, wie er es nennt: „Wir wollen das Haus noch schnell untersuchen und dokumentieren, damit es nicht vollends ohne Nachweis in die ewigen Jagdgründe eingeht.“ Denkmalgeschützt sei dieses Haus jedoch nicht. „Es hat nie eine bauhistorische Würdigung erfahren“, bedauert Rieder weiter.

Eva Martiny, die Vorsitzende des Jurahausvereins, steht unterdessen vor ähnlichen Problemen im Markt Wellheim. Hier wurde am Marktplatz Anfang Juni das Benefiziatenhaus beseitigt (wir berichteten). Schon damals sagte Martiny unserer Zeitung, dass wieder eines der wenigen verblieben historischen Gebäude in Wellheim mit ortsprägender Funktion verschwunden sei. Auch dieses Haus war nicht denkmalgeschützt. Und genau das ist der Vorwurf, den der Jurahausverein an die Gemeinde und an den Landkreis richtet: Es komme einfach nicht zu einer denkmalpflegerischen Überprüfung der betreffenden Gebäude. Manfred Schmidmeier vom Landratsamt Eichstätt sieht das anders: „Uns erreichen etwa drei Anträge pro Jahr – mehr nicht“, sagt er. Grundsätzlich habe der Landkreis den Erhalt historisch-wertvoller Bauwerke im Sinn und nicht deren Abriss. „Wenn ein Verdacht oder eine Anregung vorliegt, dass ein Gemäuer zu schützen sei, dann gehen wir dem auch nach“, so Schmidmeier weiter. Aber dennoch: Trotz Anträgen und Hinweisen durch den Jurahausverein habe es auch im neusten Fall keine Prüfung gegeben, so Martiny vehement. In der Konsteiner Straße, ebenfalls in Wellheim, wurde nun das sogenannte Thorbinderhaus abgebrochen. Und wieder sei es laut Eva Martiny zu keiner Denkmalschutzbetrachtung gekommen.

Dem widerspricht wiederum Oliver Schütz von der Marktgemeinde Wellheim deutlich: „Das Haus stand vor zwei Jahren zur Versteigerung und wir haben damals mit der Denkmalschutzbehörde gesprochen“, erklärt Schütz. Diese habe der Gemeinde von einem Kauf abgeraten, da es nicht schützenswert gewesen sei. Der Marktgemeinderat lehnte infolgedessen einen Kauf ab. Laut einer E-Mail aus dem Jahr 2010, die unserer Zeitung vorliegt, hat der Markt damals „finanziell zwingendere Maßnahmen mit einem immensen Kostenrahmen durchzuführen gehabt als die – zwar wünschenswerte aber nicht finanzierbare – Erhaltung und Renovierung dieses Anwesens“.

Das Haus ging letztlich für rund 25 000 Euro an eine Person aus Neuburg an der Donau, die es nun hat abreißen lassen – und das mit vollem Recht, wie Schütz betont: Lägen keine Gefährdung nebenstehender Gebäude, kein Denkmalschutz und ein ummauerter Raum von unter 500 Kubikmeter vor, sei ein Abbruch ohne Anzeige rechtlich einwandfrei. Ganz unrecht scheint der Abbruch in der Konsteiner Straße dem Markt nicht zu kommen, denn: „Es gab immer wieder Beschwerden aus der Bevölkerung über das Haus, da Scherben und Ziegel vom Dach auf den Gehweg gefallen sind – das war eine klare Gefahrensituation“, berichtet Schütz.

Allen Fällen gemein ist, dass der Jurahausverein nicht nur auf die Sicherung von alten Mauern wert legt. Den Mitgliedern seien auch ideelle Werte wichtig – etwa die Geschichte eines Hauses sowie das Ortsbild. Handlungsspielraum oder gar Macht habe man nicht: „Wir als Jurahausverein können keine Behörde ersetzen – wir können nur aufmerksam machen“, so Martiny leicht resigniert.