Pfünz
Herbergssuche beendet

Asylantrag erfolgreich: Familie Sumaja darf bleiben – und freut sich auf einen friedvollen Heiligen Abend

23.12.2012 | Stand 03.12.2020, 0:41 Uhr

 

Pfünz (EK) Ihr größtes Weihnachtsgeschenk hat Familie Sumaja schon ein paar Tage vor dem Heiligen Abend erhalten: Die Iraker sind als Flüchtlinge anerkannt und dürfen bleiben. Der entsprechende Bescheid des Bundesamtes für Migration lag vor einigen Tagen im Briefkasten.

Das ist eine große Erleichterung, zumal das gesamte Verfahren nur wenige Monate in Anspruch genommen hat: Im Juli kamen Rajmon Sumaja (32), seine Frau Valentina (31), sein siebenjähriger Sohn Etmar und seine Schwester Raissa (31) im Auffanglager in Zirndorf an, und pünktlich zu Schulbeginn übersiedelte die Familie nach Pfünz, wo sie – man kann es sagen – herzlich empfangen wurde. Was übrigens für alle Flüchtlinge gilt, die in Pfünz Unterschlupf gefunden haben. Ihre Herbergssuche hat sich durchaus freundlich gestaltet. Pfünzer Bürger haben den Asylsuchenden geholfen, ihnen Fahrräder und mehr vorbeigebracht, Fahrdienste nach Ingolstadt („Westpark“) oder Gaimersheim (Caritas-Markt) organisiert, und jetzt bringen sie Geschenke bei.

Die Advents- und Weihnachtszeit hat für Familie Sumaja eine besondere Bedeutung. Nicht nur, weil sie Christen und neugierig darauf sind, wie hier in Bayern der Heilige Abend gefeiert wird. Der viel beschworene „Frieden auf Erden“ hat für Rajmon Sumaja und seine Lieben eine ganz besondere Bedeutung. In seinem 32-jährigen Leben hat Rajmon Sumaja nur Krieg und viel Gewalt kennengelernt. Jetzt sehnt sich die Familie nach Frieden und Sicherheit. 1980, Rajmons Geburtsjahr, begann der Erste Golfkrieg, der sich bis 1988 hinzog und rund einer viertel Million Irakern das Leben kostete. Als Kind habe er oft die Militärflugzeuge über sich hinwegjagen sehen und auch Bombardements erlebte er, erzählt er. 1990 marschierte der Irak in Kuwait ein; der Zweite Golfkrieg – nun gegen den einstigen engen Partner USA – begann 1991. Das Embargo der Vereinten Nationen gegen den Irak traf in erster Linie die Kinder. Im März 2003 griffen die USA den Irak an: der Irakkrieg. Auch nach dem Sieg der „Koalition der Willigen“ kehrte keine Ruhe ein. Für Christen ist es inzwischen gefährlich in dem arabischen Staat. Und nach wie vor explodieren in unschöner Regelmäßigkeit Autobomben, und Terrorakt reiht sich an Terrorakt.

Das haben die Sumajas hinter sich gelassen. Sie können ganz entspannt die Weihnachtszeit genießen. Der Advent hat bei ihnen längst Einzug gehalten. Das Fenster im Wohnraum ist entsprechend geschmückt. Im Zentrum prangt ein kleiner Tannenbaum mit gelben Schleifchen. Daneben ist eine kleine Krippe aus Papier aufgebaut. Um die Fenster winden sich Girlanden aus bunten Lichtern.

Auch ein spezielles irakisches Weihnachtsgebäck haben die beiden Frauen bereits zubereitet: kleine Strudelteigtaschen mit verschiedenen süßen Füllungen aus Nüssen oder Kokosnuss. Dieses Naschwerk ist allerdings nicht allein den Dezembertagen vorbehalten. Auch zu Ostern kommt es auf den Tisch. Besonders viel mit bayerischer Weihnachtsstimmung kommt momentan Etmar in Berührung, der die erste Klasse der Grundschule Walting besucht. Jedes Kind hat ein nett verziertes Glas mit Kerze, in den Fenstern stehen selbst gemalte Kerzen. Jeden Tag öffnet ein anderes Kind ein Türchen am Adventskalender und darf das Geschenk darin behalten. Auch für Barbarazweige hat Klassenlehrerin Andrea Kreitmair gesorgt. Regelmäßig kommen Mamas und Omas und lesen eine kleine Geschichte. Der Nikolaus besuchte schon die Schule, und am vorletzten Schultag hatten Rektorin Tanja Schorer-Dremel und die Lehrkräfte eine große Weihnachtsfeier mit Kinderpunsch und Plätzchen organisiert.

Etmar, dessen Muttersprache Arabisch ist und der erst seit drei Monaten Deutsch lernt, versteht schon sehr viel und erzählt zu Hause von dem Geschehen. Seine Eltern und seine Tante freuen sich mit ihm. Auch sie lernen Deutsch – dank des studentischen Arbeitskreises „Tun – Starthilfe für Asylbewerber“.

Gerne erzählt Rajmon Sumaja vom Weihnachtsfest in seiner Heimat. Auch dort ist Weihnachten ein Familienfest. Wobei der Begriff der Familie weiter gefasst ist als bei uns. „Jeder kann jeden besuchen. Im Irak ist das einfacher als hier. Man muss nicht vorher telefonieren und einen Termin ausmachen.“ Natürlich gehört auch der Kirchenbesuch dazu, allerdings erst am 25. Dezember. Das aber sei in den vergangenen Jahren, nach dem Sturz Saddam Husseins, schwierig geworden. Den christlichen Glauben offen zu zeigen, sei mit Risiken verbunden gewesen.

Eine große Bescherung mit Geschenken für alle sei im Irak nicht üblich. Doch für die Kinder liege – ebenfalls am 25. Dezember – ein kleines Geschenk bereit, meistens ein Spielzeug, so der Familienvater. Auch ein Christbaum ist den Sumajas nicht fremd. Den gab es auch im Orient – allerdings aus Plastik. Mit bunten Lichtern geschmückt sei so eine Kunststofftanne für umgerechnet 15 oder 20 Euro zu haben.

Neu ist für die Iraker die Begegnung mit Schnee. Nicht, dass der in ihrem Land gänzlich unbekannt wäre. Es schneie schon mal, aber nicht jedes Jahr, berichtet der 32-Jährige. Und der Schnee bleibe nur kurz liegen. Die weiße Pracht vor Kurzem ließ sie aber staunen. Etmar sauste sofort mit einem Schlitten umher. Schade, dass der Schnee inzwischen weitgehend geschmolzen sei, bedauert die Familie. Sie freuen sich auf die nächsten Flocken – und auf den Weihnachtsgottesdienst.