Eichstätt
Zeitenwende?

Stadtrat verordnet sich Neuausrichtung der Haushaltspolitik "Jetzt haben sie's kapiert"

28.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:13 Uhr

Nicht allzu viel Spaß hatten die Stadträte bei ihren jüngsten Beratungen. In erster Linie ging es darum, den zuvor abgelehnten Haushalt konsensfähig zu machen. - Fotos: Knopp

Eichstätt (EK) Wunden lecken, ein wenig schmutzige Wäsche waschen und schließlich "die Wende" heraufbeschwören - das waren die Zutaten der jüngsten Sitzung des Stadtrats, in der es um den Haushalt ging. Kämmerer Herbert Rehm freute sich: "Jetzt haben sie's endlich kapiert."

Damit spielte Rehm auf jene Ablehnung des Haushalts durch CSU und SPD in der vorangegangenen Sitzung an - ein bislang einmaliger Vorgang in der jüngeren Geschichte des Stadtrats. Dieser musste nun natürlich aufgearbeitet werden, nachdem unmittelbar nach der Abstimmung Ende März Begriffe wie "Verlogenheit" (Freie Wähler) kursierten. Dies sei "unter der Gürtellinie", meinte Elisabeth Gabler-Hofrichter (CSU), und Stefan Schieren (SPD) musste sich "verwundert die Augen reiben": Seine Fraktion habe von Anfang an "nicht den Hauch eines Zweifels" aufkommen lassen, dass sie gegen den Haushalt stimmen werde. Von Kungelei könne keine Rede sein: Er selbst habe erst eine Stunde vor der Abstimmung von der Positionierung der CSU-Fraktion erfahren.

Hauptsächlich ging es bei der Sitzung am Donnerstagabend aber darum, die Kuh möglichst schnell vom Eis zu kriegen. Dazu legte Oberbürgermeister Andreas Steppberger einen neuen Entwurf vor - "nicht unbedingt meine Wunschvorstellung" -, der unter anderem die Erhöhung der Gewerbesteuer vorsah und auch eine Sparliste beinhaltete (wir berichteten). Das Thema Gewerbesteuer war schnell erledigt: Damit würden "die paar Gewerbetreibenden, die wir noch haben", auch noch verscheucht, meinte Rudi Engelhard (CSU).

Vordringliches Ziel sei es, diesen Haushalt jetzt "einigermaßen hinzubekommen", sagte Stefan Schieren: "Augen zu und durch." Daher sei es auch wenig sinnvoll, die Streichliste, die Einsparungen in Höhe von rund 150 000 Euro unter anderem bei der Sport- und Kulturförderung, bei der Städtebauförderung, der Weihnachtsbeleuchtung, dem barrierefreien Ausbau der Innenstadt und diversen anderen Zuschüssen bringen soll, "in den einzelnen Positionen durchzurechnen". Schieren schlug zudem vor, den Ansatz für die Gewerbesteuereinnahmen um 100 000 Euro zu erhöhen, was wiederum Eva Gottstein (FW) mit dem Begriff "Trickserei" quittierte.

Den großen Umbruch in der Haushaltspolitik wird es heuer also nicht geben, der ist für das kommende Jahr anvisiert. Die meisten Fraktionen waren sich darin einig, dass sich der Stadtrat für die Vorbereitung des Haushalts 2018 in Klausur begeben sollte, "um nicht weiterhin ziellos vor sich hinzudümpeln" (Schieren). Vielmehr sei es das Ziel, "die Wende" zu schaffen, wie es in der Debatte mehrfach hieß. Sprich: im Ergebnishaushalt einen vernünftigen Überschuss für Investitionen zu erwirtschaften, was in den vergangenen Jahren trotz sprudelnder Steuereinnahmen kaum bis gar nicht gelungen ist.

Martina Edl (FW) registrierte jedenfalls schon mal einen "breiten Willen" im Gremium, diese Herkulesaufgabe anzugehen, und Dritter Bürgermeister Gerhard Nieberle (SPD) mahnte an, die Hausausgaben jetzt - "in guten Zeiten" - zu machen, um für die sicher wieder kommenden mageren Jahre gerüstet zu sein. "Wir haben ein systemisches Problem", meinte Nieberle: "Schulden mit Schulden zu bedienen ist unseriös."

Eva Gottstein vernahm allerdings größtenteils "leere Worte": "Wo soll da die große Wende sein? Da lache ich ja", meinte sie mit Blick auf den aktuellen Haushalt. "Wir reden hier über Einsparungen von 150 000 Euro." Um wirklich wirksame Verbesserungen zu erzielen, müsse man auch an die Gewerbesteuer ran. Das wiederum wolle sie aber ebenfalls nicht - " und ich will auch keine große Wende".

Wie viel vom jetzigen "Sparkurs" übrig bleiben wird, ist zudem ungewiss: Zur Disposition stehen jedenfalls noch die beiden neuen Stellen fürs Haus der Jugend und für die Kultur. Über diesen und weitere Punkte will der Stadtrat demnächst in einer Sondersitzung entscheiden. An einem soll zumindest nicht gerüttelt werden: an den 2000 Euro für die Bewirtung der ehrenamtlichen Mitarbeiter der Stadtbücherei.