Eichstätt
Die Domkrippe wird 80 Jahre alt

Figuren kommen aus Oberammergau und wurden von Dompfarrer Johannes Kraus beschafft

16.12.2016 | Stand 02.12.2020, 18:54 Uhr

Eine liebevolle Szenerie: die Krippe im Eichstätter Dom mit den Figuren, die Dompfarrer Johannes Kraus 1936 in Oberammergau gekauft hat. ‹ŒArch - foto: Chloupek

Eichstätt (EK) Das Jesuskind liegt in einer Futterkrippe auf Heu, Maria und Joseph stehen daneben und vor der windschiefen Hütte stützt sich ein Schafhirte, der die Augen gegen das helle himmlische Licht abschirmt, auf seinen Stab. Ein Ochs und ein Esel gehören unbedingt mit dazu. Das Krippenbasteln und das Nachstellen des Geschehens der Nacht von Bethlehem sind in Bayern und natürlich auch in Eichstätt seit bald 400 Jahren in allen Kirchen und in den meisten Familien eine große vorweihnachtliche Freude.

ANNO DAZUMAL

Die Krippe beim Pappenheimer Altar des Eichstätter Doms, die alljährlich von den Mesnern und Ministranten liebevoll aufgebaut wird, feiert heuer Jubiläum. Vor 80 Jahren hat der damalige Dompfarrer Johannes Kraus seiner Gemeinde die Grundausstattung an Figuren in Oberammergau gekauft und geschenkt. Die Unterkunft für die heilige Familie war eine ärmliche Höhle aus Baumrinden, dagegen ist der Viehstall im alpenländlichen Stil, wie er seit 2001 aufgestellt wird, geradezu eine noble Herberge.

Die ersten Eichstätter Krippen sind durch Rechnungen aus dem 17. Jahrhundert über die Ausstattung belegt. Seinerzeit kamen Schnitzer aus dem Berchtesgadener Land und boten Jesuskindlein, Maria, Joseph, Hirten, Vieh und vor allem Schafe an. Wie der einstige Stadtheimatpfleger Konrad Held herausgefunden hatte, wurde die Krippe im Willibaldschor aufgerichtet. Sie kostete 110 Gulden, was damals sehr viel Geld war. Dem Tagebuch von Professor Ferdinand von Werden ist zu entnehmen, dass die Krippe im Jahr 1941 in der Bäckerkapelle (die letzte südliche Seitenkapelle) und 1942 in der Taufkapelle, wo jetzt der Sakristeieingang unter der Orgel ist, stand. Sehr früh gab es Kripperl auch schon in der Schutzengelkirche und in der Klosterkirche Sankt Walburg zu bewundern.

Der Stifter der heutigen Krippenfiguren in der Bischofskirche, Dompfarrer Domkapitular Johannes Kraus, trat sein Amt Anfang des Jahres 1936 an. Er war beliebt und geschätzt, auch wegen seiner Predigten gegen die Nationalsozialisten und ihre Untaten. So kam es, dass ihm am 12. April 1937 mitgeteilt wurde, er habe die Diözese Eichstätt binnen 24 Stunden zu verlassen. Die Nachricht verbreitete sich schnell und eine Protest-Predigt von Bischof Michael Rackl dazu am Abend des gleichen Tags wurde von rund 5000 Bürgern gehört.

Zugleich protestierte der Bischof bei verschiedenen hohen Stellen gegen die Ausweisung des von der Geheimen Staatspolizei verfolgten Dompfarrers. Hitler selbst entschied unter dem Druck der Kirche und der Gläubigen, dass der aus Wolferstadt im Landkreis Donau-Ries stammende Dompfarrer Kraus nicht in Haft genommen werden soll. Ihm wurde lediglich verboten Religionsunterricht zu geben. Erst 1940 kam der Priester willkürlich für ein Jahr ins Gefängnis. Nach dem Zweiten Weltkrieg (1939 bis 1945) wurde er Seelsorger in Buchdorf bei Donauwörth, siedelte bald nach Eichstätt über und starb am 9. Januar 1974. Seine Krippenfiguren in beachtlicher Größe erfreuen die Besucher des Doms seit nunmehr acht Jahrzehnten. Vor ein paar Jahren hat Sofie Zeller, die Nichte und Pfarrhaushälterin von Johannes Kraus, erzählt, dass anfangs keine Schafe dabei waren: Diese wurden erst im Lauf der folgenden Jahre beschafft. Aber sie passten nicht zu den anderen Figuren, sie waren zu klein. Der Grund: Die "Betzerl" wurden im Arbeitshaus Rebdorf von Gefangenen unter der Anleitung des Aufsehers Max Sutor, eines gelernten "Herrgottschnitzers", angefertigt. Seit dem Jahr 2002 stimmt das Krippenbild: Der Eichstätter Bildhauer Wieland Graf hat Schafe in der richtigen Größe geschnitzt.

Das "Drehbuch" für die Krippenbastler ist das Lukas-Evangelium. Freilich geschieht heute die Gestaltung in künstlerischer Freiheit in vielfältiger Weise. Neben sehr einfachen Schupfen sind Bauten im orientalischen Stil zu sehen, in der Jurahaus-Architektur mit dem Plattendach oder aus fein säuberlich gehobelten Minibalken und -brettern.

Köstlich sind die vielen kleinen Dinge, wie ein Hackstock samt Beil und Säge, der Misthaufen, ein Schubkarren, das Hirtenfeuer, ein Leiterwagen, Starenkobel und Ziehbrunnen. Sogar kleine Jägerhochsitze im "Kranewittwald" (Wacholder) mit viel Moos und das "Häusl" werden von einigen Krippenliebhabern nicht vergessen. Gelächter gab es immer unter den Domministranten, die einen Hirtenbuben in tiefer Hocke despektierlich als den "Hosenscheißer" bezeichneten.