Eichstätt
"Was Vorteile hat, hat auch Nachteile"

SPD-Fraktionschef Dieter Betz über die Kliniken und die Wohnraumproblematik rund um Ingolstadt

01.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:17 Uhr

An der Spitze der SPD-Kreistagsfraktion: Dieter Betz aus Kösching. - Foto: smo

Eichstätt (DK) SPD-Fraktionschef Dieter Betz im Interview mit Marco Schneider über die Kliniken und die Wohnraumproblematik rund um Ingolstadt.

 

Herr Betz, wir sitzen vor der Eichstätter Klinik. Wie wichtig ist eine medizinische Grundversorgung aus kommunaler Hand?

Dieter Betz: Für die Bevölkerung ist das enorm wichtig. Man merkt ja auch den Unterschied zu den nicht-kommunalen Kliniken: Die picken sich die Rosinen raus, schauen genau, wie möglichst viel Umsatz und Gewinn zu erwirtschaften ist. Natürlich muss man sehen, dass die Häuser in kommunaler Hand zusammenarbeiten und ihr Auskommen haben. Es geht nicht, zu sagen: Das eine macht Verlust, das andere Gewinn und so gleichen wir das aus. Wir haben nicht wie andere abgewartet, was irgendwann notwendig wird, sondern uns stetig mitentwickelt.

 

Aber das kostet Geld.

Betz: Ja, aber Geld, das gut angelegt ist. Wir haben nicht den Fehler gemacht und 20 Jahre nichts, sondern kontinuierlich investiert. Wenn wir so weitermachen, dann können wir uns die Häuser auch in Zukunft leisten.

 

Ein großer Teil finanzieller Mittel des Landkreises fließt in Schulbauten. Wie wichtig ist das – Beispiel Berufsschule in Eichstätt?

Betz: Die Berufsschule ist immer älter geworden, immer mehr „abgeschult“ gewesen. Da ist dann der Sanierungsbedarf natürlich hoch. Aber es macht Sinn. Außerdem ist es unsere Aufgabe als Landkreis.

 

... des Landkreises, in dem es sich nach vielen Aussagen zu leben lohnt. Was zeichnet ihn aus?

Betz: Die Landschaft und die Natur... Wobei das eher auf den westlichen und östlichen Landkreis zutrifft. Der südliche ist eher durch die Industrie geprägt. Wir sind auch der drittgrößte Landkreis in Oberbayern. Auf der anderen Seite haben wir durch Audi und viele andere Firmen ein tolles Arbeitsplatzangebot. Aber es gibt auch die Kehrseite: Im südlichen Landkreis gibt es hohe Mieten, hohe Baulandpreise. Was Vorteile hat, hat auch Nachteile.

 

Wie hoch sind denn die Preise derzeit?

Betz: In Kösching liegen wir bei mittlerweile 450 bis 500 Euro pro Quadratmeter. Neubauten werden mit zehn Euro aufwärts vermietet – ohne Nebenkosten.

 

Kann da die Landkreispolitik etwas tun?

Betz: Das betrifft zwar eher das Umland von Ingolstadt. Unsere Kreistagsfraktion wird deswegen in der nächsten Kreistagssitzung den Antrag einbringen, ob man sich nicht an einer Wohnbaugesellschaft beteiligen oder sie gründen könnte. So könnte man, ähnlich wie die GWG in Ingolstadt, versuchen, Wohnraum zu schaffen.

 

Auf Ingolstadt ist man vom Landkreis aus nicht immer so gut zu sprechen. Ein Beispiel ist sicher die Nordumfahrung Gaimersheim.

Betz: Man sieht halt deutlich, dass die Stadt Ingolstadt immer dann mitspielt, wenn sie sich einen Vorteil erhofft. Regionale Zusammenarbeit stelle ich mir in vielen Bereichen anders vor als Ingolstadt das für sich tut. Der Regionaltarif ist auch ein gutes Beispiel: Da stellt man nach langen Verhandlungen den Landkreis und den Landrat vor vollendete Tatsachen. Oder die Verkehrsproblematik rund um Ingolstadt von Audi weg: Das lagert man auch mehr oder minder auf den Landkreis ab.

 

Ist der Regionaltarif auch unter den geänderten Vorzeichen weiter zu forcieren?

Betz: Natürlich! Alle Parteien wollen den. Ich habe auch die Problematik nicht zwischen den Gebietskörperschaften gesehen, sondern eher zwischen denen, die die Konzessionen haben. Da hat jeder Angst, einen finanziellen Nachteil zu haben. Vielleicht übt die Situation jetzt sanften Druck aus: „Ihr könnt da einsteigen, aber kommt endlich in die Gänge.“

 

Wie wichtig ist es, mitten im Naturpark Altmühltal, Tourismus und Naturschutz in Einklang zu bringen?

Betz: Ich glaube, es ist deshalb so wichtig, weil die Touristen das auch wollen. Dann soll das auch miteinander harmonieren. Aber es funktioniert halt nur, wenn man in der Natur auch einmal ein Tier sieht. Es sollte ein vernünftiger Kompromiss sein.

 

Was kann die Politik tun, damit Tourismus attraktiv bleibt und wir trotzdem einen gesunden Lebensraum haben?

Betz: Wir müssen die Infrastruktur schaffen. Wenn der Tourist zu uns kommt, will er eine vernünftig ausgebaute Infrastruktur haben – Straßen oder Radwege.

 

Ein Thema, das bewegt, ist die Energiewende samt Stromtrasse Süd-Ost.

Betz: Wir wissen ja nicht, kommt diese Trasse, kommt eine andere? Wo soll sie durchgehen? Wenn wir vom Atomstrom weg wollen, brauchen wir Alternativen. Da gibt es eine ganze Palette: Windkraft, Biogas,... Bei der Windkraft tut man ja inzwischen alles, dass es nichts wird, obwohl sie das meiste Potenzial hätte. Wenn wir keinen Atomstrom wollen, keine Windenergie – wo soll der Strom herkommen?

 

Der Landkreis will bis 2030 energieautark sein. Das hat sich das Energiebündel auf die Fahnen geschrieben.

Betz: Das Energiebündel ist wahnsinnig rege, bemüht sich. Aber vielleicht hätte man vom Landkreis her mehr unterstützen müssen. Da hat man sich doch vielleicht ein bisschen zu sehr zurückgelegt. Wir wollten einen Energieberater, aber das wurde ja abgelehnt. Das ist sicher weiterhin ein Thema, aber bei den Mehrheitsverhältnissen im Kreistag sehe ich keine Chance, es durchzusetzen.

 

Sind die Mehrheitsverhältnisse im Kreistag ein großes Problem?

Betz: Wir haben ganz viele Themen, die immer einstimmig durchgehen. Es gibt ein paar Reizthemen, wo wir unterschiedlicher Auffassungen sind. Aber die Zusammenarbeit war vorher nicht schlecht und ist es jetzt auch nicht.

 

Es tut einem Landkreis aber doch gut, wenn man seine Schwerpunkte setzt, auch wenn sie dann nicht durchsetzbar sind?

Betz: Ja schon, aber es ist jetzt nicht so, dass man keine Rücksicht nimmt. Es wird schon versucht, alle einzubinden. Man schaut, dass die beste Lösung für den Landkreis rauskommt.

 

Wo machen Sie denn heuer Urlaub?

Betz: Ich fahre mit meiner Frau in die Bretagne. Nach den ganzen Wahlkämpfen mal 14 Tage Urlaub am Stück weg.