Eichstätt
Wann man sich die Hand gibt

"Wurzelgemüse" bietet eine Vortragsreihe als interkulturelles Training Workshop am 15. September

12.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:19 Uhr

Interkulturelles Training nach der Sommerpause: Christine Pietsch (links) und Laura Cau planen für ihr Projekt "Wurzelgemüse" eine Vortragsreihe, in der die Herkunftsländer von Flüchtlingen vorgestellt werden. Und zwar zusammen: Das heißt, Iraner sprechen über Syrien oder Deutsche über Afghanistan. - Foto: Poese

Eichstätt (EK) Schwimmkurse, Burgbesichtigung, gemeinsam kochen: "Wurzelgemüse" bietet regelmäßig Möglichkeiten für Kontakt zwischen Flüchtlingen und deutschen Jugendlichen. Jetzt startet ein neues Projekt. Für eine interkulturelle Vortragsreihe werden noch deutsche Teilnehmer gesucht.

Es ist eine bunte Truppe, die sich seit vergangenem Januar immer wieder trifft. Die Gruppe "Wurzelgemüse" nennt sich ganz bewusst "ein transkulturelles Projekt". An eine Institution gebunden ist sie nicht und Deutsche und Geflüchtete begegnen sich dort auf Augenhöhe. Die Organisatoren helfen dabei, alles am Laufen zu halten, aber die Inhalte bestimmen alle zusammen. "Wir handeln so, wie wir es gerne hätten: demokratisch", sagt Christine Pietsch. Es gehe um "Begegnung für alle" und auch um eine "politische Grundbildung", sagt die Ehrenamtskoordinatorin des Landkreises, die sich in diesem Projekt aber ganz privat engagiert. Auch Laura Cau, Förderschullehrerin in Eichstätt, setzt sich ehrenamtlich für "Wurzelgemüse" ein. Dank der Kooperation mit Bernd Zengerle vom Jugendzentrum hat die Gruppe im Haus der Jugend eine Heimat gefunden. Dort geht auch das neue "Wurzelgemüse"-Projekt über die Bühne: eine interkulturelle Vortragsreihe.

Darin soll es um die Herkunftsländer der Flüchtlinge gehen. Wer blickt durch beim Wirrwarr der Politik in Syrien? Wie lebt es sich in Afghanistan? Wie ist das Männer-, wie das Frauenbild in den einzelnen Ländern? Und scheinbar banale Dinge wie: Wo gibt man sich wann die Hand oder warum vielleicht nicht? Weil kaum jemand weiß, wie so etwas in anderen Ländern abläuft, geht die Begegnung zwischen den Kulturen manchmal schief. "Aufgrund dieser Missverständnisse gibt es ungute Vorkommnisse, die man vermeiden könnte", meint Pietsch. Genau da setzt die Vortragsreihe an. In kleinen Gruppen werden Flüchtlinge zusammen mit Deutschen Präsentationen über ihre Herkunftsländer ausarbeiten. Die Inhalte bestimmen sie selbst. Deutsch lernen läuft dabei ganz nebenbei, denn natürlich sollen alle Vorträge auf Deutsch gehalten werden. Die Gruppen sind gemischt. "Es kann schon sein, dass dann ein Iraner etwas über Syrien erzählt", sagt Laura Cau. Denn Vorurteile gebe es ja nicht nur zwischen Deutschen und Flüchtlingen, sondern auch zwischen Geflüchteten aus unterschiedlichen Ländern. Wenn alle Vorträge fertig sind, sollen Schulen oder das Arbeitsamt sie später auch als interkulturelles Kompetenztraining buchen können.

Bis es so weit ist, gibt es aber noch viel zu tun. In einem ersten Workshop am kommenden Donnerstag stellt Laura Cau den Teilnehmern zunächst die Methode vor, mit der das Ganze funktionieren soll. Sie heißt "Lernen durch Lehren" und stammt von Jean-Pol Martin, einem Experten für Didaktik von Fremdsprachen, der vor seinem Ruhestand an der Katholischen Universität lehrte. "Die Schüler sind alle gleich und auf Augenhöhe", erklärt Cau, "der Lehrer wird zum Begleiter." Das Konzept - sozusagen das Gegenteil von Frontalunterricht - ermöglicht es, dass jeder Teilnehmer eben das einbringt, was er am besten kann. Ob er lesen und schreiben kann, ist dabei nicht so wichtig. Weil die Methode so offen ist und auch Ungeplantes zulässt, können die Teilnehmer sich ihr Wissen selbst erarbeiten, gestalten und im Dialog miteinander lernen.

Für den Dialog braucht es allerdings noch ein paar deutsche Teilnehmer. Cau erklärt, was Jugendliche oder junge Erwachsene aus dem Projekt mitnehmen können: "Einen Blick in andere Kulturen, Handlungsfähigkeit mit anderen Kulturen und Schlüsselkompetenzen wie Präsentationsfähigkeit." Das könne in vielen Lebenslagen hilfreich sein, für Schüler, aber auch für angehende Lehrer, oder für jeden, der künftig anderen Kulturen mit weniger Scheu begegnen will.

Der Wokshop beginnt am Donnerstag, 15. September, um 17 Uhr im Haus der Jugend, Wasserwiese 3 in Eichstätt. Laura Cau stellt die Methode "Lernen durch Lehren" vor, außerdem wird über weitere Termine abgestimmt. Mehr Informationen bei Christine Pietsch, Telefon (08421) 70-170 oder auf der Facebookseite "Wurzelgemüse EI".