Eichstätt
Funde aus vier Jahrtausenden

Die Archäologen im Posthof sind abgezogen und haben bedeutsame Entdeckungen gemacht

18.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:10 Uhr

Mehrere Monate lang waren die Archäologen im Posthof beschäftigt und haben Erdschicht für Erdschicht freigelegt. Dabei kamen spannende Ergebnisse aus vier Jahrtausenden zutage. Neben Pfeilspitzen (unten links) fanden die Experten karolingische Webgewichte (oben links), eine Spinnwirtel sowie Keramik aus der Bronzezeit (unten rechts). ‹ŒArch - fotos: Steger/Pro Arch

Eichstätt (EK) Die Archäologen sind seit Juli abgezogen, die historischen Spuren bereits durch neue Fundamente verschwunden. Jetzt beginnt die wissenschaftliche Auswertung der Funde, die in der Baugrube für das Haus der Dommusik am Domplatz 9 zutage kamen. Sie sind historisch bedeutsam, reichen zurück bis in die Bronzezeit.

Aus den Funden sollen "wichtige Erkenntnisse zur Geschichte der Eichstätter Domburg" gezogen werden, sagt Dr. Jochen Haberstroh (kleines Foto) vom Landesamt für Denkmalpflege. Schließlich kann Haberstroh eines bereits sagen: Vergleichbare Funde gibt es in süddeutschen Bischofsstädten nur sehr selten. Bislang seien sie nur konserviert beziehungsweise dokumentiert, es gebe noch keine detaillierten und sicheren Interpretationen. Aber Haberstroh kann bereits einige Dinge sagen, die sich recht plausibel anhören - und offenbar auch in Teilen mit den Erkenntnissen der Domgrabungen von Walther Sage in den Jahren 1970 bis 1973 korrespondieren.

Eines kann man schon einmal mit ziemlicher Sicherheit nachweisen: In Eichstätt wurde weit früher mit Stein gebaut als in Ingolstadt. Und das "qualitativ sehr hochwertig". Die Schanzer errichteten noch bis ins 13. Jahrhundert hinein Holzbauten im Stadtkern. Die aktuellen Funde am Domplatz 9 belegen, dass es hier bereits im 11. Jahrhundert Steinarchitektur gab. Kann man dafür einen Grund nennen? "Hier waren sämtliche notwendigen Materialien vorhanden", erläutert Haberstroh.

Aber eine Wohnbebauung in unmittelbarer Nähe zum Domkloster, das seit der Mitte des 8. Jahrhunderts nach der Gründung durch den heiligen Willibald bestanden hat, lässt sich viel früher nachweisen. Es gibt Belege, so Haberstroh, dass bereits im 9. Jahrhundert Holzhäuser errichtet wurden. "Das kann man anhand einschlägiger Funde sicher sagen, selbst wenn es nur noch Bruchstücke gibt." Diese Häuser dienten wohl vornehmlich als Werkstätten, was etwa alte Webgewichte aus Keramik zeigten.

Bürgerwerkstätten so nah am geistigen Zentrum des Bistums? "In der Karolingerzeit (etwa im 9. Jahrhundert, d. Red.) ist gut vorstellbar, dass es rund um den Dom solche Werkstätten gab", sagt Haberstroh. Erst im Hochmittelalter habe man begonnen, das Handwerk eher an die Ränder zu setzen. Vereinzelte Gewerke könnten natürlich auch an eine Dombauhütte angeschlossen gewesen sein - aber das ist dann jetzt schon reine Spekulation.

Die Archäologen der Ingolstädter Firma ProArch, die die Grabungen vornahm, haben auch vereinzelt römische Funde entdeckt. Allerdings will Haberstroh darin keine Belege für eine römische Siedlung sehen. Das Ganze könnte auch während der Völkerwanderungszeit hierher gekommen sein - was sich wiederum mit den Funden aus den Domgrabungen der 1970er-Jahre decken würde. Noch weiter zurück reichen Funde aus der Bronzezeit, also aus der Mitte des zweiten Jahrtausends vor Christus. Grabungsleiter Anton Steger vermutet, dass es sich um ein Grab gehandelt haben dürfte, dessen Ruhe aber bereits durch die mittelalterliche Bebauung gestört worden sei.

Einen erhofften Lückenschluss der frühen Eichstätter Geschichtsschreibung konnten die Archäologen allerdings nicht vollziehen: Das 5. und 6. Jahrhundert bleiben nach wie vor mehr oder weniger im Dunkeln.

Steinmauern, Fußböden und andere erdverbundene Funde sind bereits weg: Sie sind dem Fundament für das Haus der Dommusik gewichen, das die Diözese Eichstätt hier errichtet. Alles ist allerdings haarklein dokumentiert, so dass man im Nachgang zumindest eine wissenschaftliche Interpretation ermöglichen dürfte.

‹ŒArchivfoto: M. Schneider