Eichstätt (ksm) Britischer Pragmatismus hat wohl auch etwas damit zu tun, nicht unbedingt großes Aufsehen um die eigene Person zu machen. Weshalb sonst sollte der britische Generalkonsul Paul Heardman – anders als sein US-amerikanischer Kollege Bill Moeller, der vorige Woche mit einer Kolonne aus Polizeiwagen, Jeep und Dienstfahrzeug Eichstätt durchquert hatte – mit dem Zug zu seinem Vortrag angereist sein.
Um 18.12 Uhr stieg er aus dem Waggon und wurde von Jack Stallworthy, dem Vorsitzenden der Jungen Europäer Eichstätt, abgeholt und zur ehemaligen fürstbischöflichen Residenz geleitet. Beim diesjährigen Festakt der jungen Europabegeisterten sprach der Generalkonsul dann – wenn auch unter dem Siegel der Verschwiegenheit – über die Beziehung Großbritanniens zu Europa, das vom Premierminister angestrebte EU-Referendum und mögliche Lösungen der Debatte. Rund 50 vor allem junge Zuhörer hatten sich im Spiegelsaal eingefunden.
Darunter auch Oberbürgermeister Andreas Steppberger, der es sich nicht nehmen ließ, in seiner kurzen Ansprache auf die aktuelle Bewährungsprobe der Europäischen Union hinzuweisen, wo doch die Griechenlandkrise im Moment in aller Munde sei. „Dass Großbritannien nach Jahrzehnten der Zusammenarbeit auf eine neue Verständigung innerhalb der EU pocht, dürfen wir dabei aber nicht aus dem Blick verlieren“, betonte er. In gewissem Sinne müsse sich der Staatenbund also neu begründen.
Wenngleich die Bedingung für Offenheit und Klarheit war, dass weder Diskussion noch persönliche Werturteile den Spiegelsaal verlassen – Heardman ist eben Diplomat – verwies der Generalkonsul in seinem Vortrag auf viele Aspekte des öffentlichen Diskurses. So zum Beispiel auf die vier elementaren Themen, die Premier David Cameron der Diskussion mit den EU-Partnern zugrunde legt: Eurozone, Demokratie, Wettbewerbsfähigkeit der EU auf der Weltbühne und Freizügigkeit. Ebenfalls nicht neu gewesen sein dürfte den Zuhörern, die sich zum Großteil im Studium mit der britischen Politik beschäftigen, die Bedeutung des Referendums auf der Insel. Schon vor dem Beitritt des United Kingdom zur EU 1973 hatte es eine Abstimmung gegeben. Und auch hier fällt wieder das Stichwort Pragmatismus: „Die EU ist wichtig, aber es muss nicht alles auf europäischer Ebene entschieden werden. Nationale Kompetenzen müssen nicht unbedingt nach Brüssel ausgelagert werden“, erklärte Heardman beim anschließenden Sektempfang. Zurück nach München ging es für den britischen Generalkonsul übrigens erneut mit dem Zug.