Eichstätt
Der Tod als Teil des Lebens

Caritasdirektor Mattes unterzeichnet "Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen"

22.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:12 Uhr

Caritasdirektor Franz Mattes setzt seine Unterschrift unter das Dokument. Die Vorbereitungsarbeit hatte die Altenhilfe-Referentin Eva-Maria Schork geleistet, die den Inhalt und die Zielsetzung der Charta erläuterte. - Foto: baj

Eichstätt (EK) „Vor einem plötzlichen und unvorhergesehenen Tode bewahre uns, o Herr!”, heißt es in der Allerheiligenlitanei der katholischen Kirche. Das sehen die meisten Menschen ganz anders: Laut Umfragen wünschen sie sich vor allem einen schnellen Tod.

Eichstätt (EK) „Vor einem plötzlichen und unvorhergesehenen Tode bewahre uns, o Herr!”, heißt es in der Allerheiligenlitanei der katholischen Kirche. Das sehen die meisten Menschen ganz anders: Laut Umfragen wünschen sie sich vor allem einen schnellen Tod. Für ein solches Denken hat der Eichstätter Caritasdirektor Franz Mattes nur einen Ausdruck übrig: „Krampf.“ Der Tod sei ein Teil des Lebens und jeder solle Gelegenheit bekommen, sich darauf vorzubereiten. Vor dem Hintergrund dieser Überlegung unterzeichnete Mattes für den Caritasverband Eichstätt am Freitag die „Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland“. Dieses Papier ist ein Plädoyer für ein Sterben unter würdigen Bedingungen – und wendet sich gegen aktive Sterbehilfe und die Bestrebungen, den Tod auf Verlangen zu legalisieren.

In ihrem Vortrag vor 50 Verantwortlichen von Caritas-Einrichtungen in der Kapelle der Eichstätter Caritaszentrale führte Altenhilfereferentin Eva-Maria Schork auch die Gründe an: „Wir müssen Sorge tragen, dass jeder Mensch ganz selbstverständlich zu Ende lebt und nicht das Gefühl haben muss, er sei eine Last und es stehe ihm nicht zu, Hilfe und Unterstützung anderer in Anspruch zu nehmen.“ Die gelernte Krankenschwester und Diplom-Pflegewirtin zitierte den Sozialethiker und Juristen Thomas Klie. Dieser befürchte, dass der Druck auf alte Menschen, „rasch und kostengünstig zu sterben“, zunehme.

Eva-Maria Schork stellte die Charta und ihre fünf Leitsätze vor, von denen die ersten drei für die Einrichtungen der Eichstätter Caritas von besonderer Bedeutung sind. Der erste fordert ein Recht auf Sterben unter würdigen Bedingungen. Seine Wünsche und Werte sollten in der letzten Lebensphase gestärkt werden. „Jeder schwerstkranke und sterbende Mensch hat ein Recht auf eine umfassende medizinische, pflegerische, psychosoziale und spirituelle Betreuung und Begleitung, die seiner individuellen Lebenssituation und seinem hospizlich-palliativen Versorgungsbedarf Rechnung trägt. „Die Angehörigen und die ihm Nahestehenden sind einzubeziehen und zu unterstützen“, lautet der zweite Leitsatz. Medizinische Versorgung ist demnach nicht alles, sondern Zuwendung, möglicherweise das bloße Zuhören, ist ebenso wichtig. Und wie der Sterbende die Möglichkeit haben sollte, Abschied zu nehmen, sollten sich auch Angehörige und Freunde von ihm verabschieden können.

Der dritte Leitsatz ist besonders wichtig für den Caritasverband mit seinen Seniorenheimen, Sozialstationen, dem Caritas-Zentrum St. Vinzenz, den Wohnheimen und den Werkstätten, denn er beschäftigt sich mit der Aus-, Weiter- und Fortbildung des Pflege- und Betreuungspersonals. Leitsatz vier bezieht sich auf Entwicklungsperspektiven und Forschung. Hier kann die Caritas zwar Forschungsansätze unterstützen, doch insgesamt ist dieses Feld „eine Nummer zu groß für uns“, wie es Eva-Maria Schork formulierte. Auch die europäische und internationale Dimension des fünften Leitsatzes sei nicht direkt das Gebiet der Caritas Eichstätt.

Doch insgesamt kann sich die Caritas mit der Charta identifizieren. Deshalb setzte nicht nur ihr Direktor seine Unterschrift unter das Dokument, sondern auch die Leiter der Einrichtungen. Auch Einzelpersonen konnten der Charta beitreten. Denn ungeachtet des Wunsches nach einem schnellen Tod dauert der Sterbeprozess bei 95 Prozent der Menschen länger. Etwa 40 Prozent der Menschen sterben im Krankenhaus, 25 bis 30 Prozent zu Hause und eine etwa gleiche Zahl – mit steigender Tendenz – in Heimen. Nur zwei bis vier Prozent erleben ihre letzten Tage in Hospizen oder Palliativeinrichtungen.

Mit der Unterzeichnung verbindet Caritasdirektor Franz Mattes ein weiteres Ziel: „Man soll ein Gespür bekommen, dass Sterben zum Leben dazugehört und dass man sich Zeit lassen soll.“