Eichstätt
Auf der Spur wackerer Aufklärer

Außergewöhnliche Wald-Gartenführung mit Li Portenlänger und Fred Darimont

04.02.2016 | Stand 02.12.2020, 20:14 Uhr

Peter Pörtner rezitiert aus seinem Gedicht, einer Widmung an Eichstätt.

Eichstätt (lis) Mit einem akustischen Signal aus seinem Horn eröffnete Herbert F. Mayer eine in vieler Hinsicht ungewöhnliche Wald-Gartenführung. Ausgangspunkt war der Cobenzl-Gedenkstein oberhalb des Siechhofs. Dort hatten sich fast 40 Interessenten eingefunden.

Unter der Führung von Li Portenlänger und Fred Dariá †mont erlebten sie die Weite des Großen Cobenzl-Gartens. Seit 2010 finden sich dort immer wieder Kunstschaffende zusammen, um das Vermächtnis des einstigen Eichstätter Domherren, Graf Cobenzl, vor dem Vergessen zu bewahren. Cobenzl erwarb das Gelände 1787 und intendierte, dort einen Park der Begegnung zwischen Adel und Bürgertum zu schaffen. Den Kern dieses als Englischer Garten angelegten Parkes bildete die etwa 100 Meter breite Hangsituation südlich des Hofgartens an der Sommerresidenz des Fürstbischofs Johann Anton III. Freiherr von Zehmen.

Diesmal waren zur Führung außerdem Peter Pörtner aus München, Alain Verschueren aus Brüssel und Michael Kleinherne mit von der Partie. Wie Li Portenlänger erläuterte, habe man zu dieser außergewöhnlichen Führung bewusst die winterliche Zeit ausgewählt, da dann die Bodenplastizität des Geländes, dessen Wege und Stege auf Ludwig Graf Cobenzl (1744-1792) zurückgehen, besser erkennbar sei.

Portenlänger gab eine kurze Einführung zur Biografie Cobenzls, der bereits mit 18 Jahren seine geistliche Karriere in Eichstätt begann. Er stieg vom Domkapitular zum Dompropst auf und wurde schließlich sogar Stellvertreter des Fürstbischofs. Seine Ambition, selbst Bischof von Eichstätt zu werden, scheiterte indes.

Als Illuminat, einem Geheimorden der Aufklärungszeit angehörend, engagierte sich Cobenzl in sozialer Hinsicht, bis er mit nur 48 Jahren viel zu früh "mit philosophischer Gelassenheit" verstarb. Sein Testament ist erhalten. In ihm vermachte er seinem Kind, das aus einer Liaison mit der Eichstätter Zinngießerstochter Lechel entstammte, ein finanzielles Erbe in Höhe von 1000 Gulden.

Fred Darimont präsentierte ein Ölgemälde, das den Grafen Cobenzl im Alter von 30 Jahren zeigt. Es war nach Zeichnungen von einem Wiener Hofmaler erstellt worden. Mittels eines Ausschnitts aus einer Lithographischen Karte von etwa 1820 wurden die Teilnehmer auf die topographischen Gegebenheiten des Areals vorbereitet, um nachvollziehen zu können, wo sich neben dem Siechhof einst die Kegelbahn und oberhalb desselben der Rosengarten und das Bienenhaus befunden haben dürften. Letzterem kam für die Illuminaten in Verbindung mit dem Rosengarten eine besondere Bedeutung zu, da sich der Orden ursprünglich als "Bienenorden" bezeichnen wollte, im Hinblick darauf, dass durch die Beschäftigung mit der Natur Wissen und damit Bildung erworben würde.

Auf dem Weg in Richtung Weißenkirchen wurde das Areal mit seinen Resten an Terrassierung nicht nur von der Geländebeschaffenheit her, sondern auch sinnenhaft erlebbar. So trug der Japanologe Peter Pörtner, angelehnt an einen Baumstamm, sein Gedicht "Unbeantwortetes (!) aus Potsdam" vor, das er als eine Widmung an Eichstätt versteht. Zum Aufwärmen fand man sich nach über zwei Stunden zu Tee und Punsch im Siechhof bei Familie Griesbeck-Zöpfl ein. Dort erlebten die Teilnehmer eine "Schneemann-Performance" des Künstlers Alain Verschueren aus Brüssel "Ainsi fond, fond, fond", leider ohne Schneegestöber, wie auf einem vorab gedrehten Video eindrucksvoll nacherlebbar war.

Abschließend folgte die Lesung der Kurzgeschichte "Cobenzl" durch Michael Kleinherne. Im Dialog eines Geschwisterpaars, das bei einem Eichstättbesuch auf die Spuren Cobenzls stößt, tauchen eingebettet in verschiedenartige Zeitsprünge und Wirklichkeitsebenen blitzlichtartig Reminiszenzen an Cobenzl und das Eichstätt zu dessen Lebenszeit zutage: "Cobenzl war: ... der einzige Domherr seines eigenen Geschlechts, als solcher dem Zölibat verpflichtet, und Vater, das auch." Oder: "Und wie wurde Ludwig zu Arrian, dem Illuminaten? Freiherr von Knigge schrieb dereinst über Eichstätt: Das ist ein verzweifelter Ort - O Pfaffenregiment! Wann wirst du aufhören? . . . Ein Paar recht wackere aufgeklärte Männer haben wir doch hier angetroffen."