Das war die Recherche ihres Lebens

05.02.2009 | Stand 03.12.2020, 5:13 Uhr

Sitzt die Krawatte auch richtig? Zwischen den Drehs zu "Einsteins-TV" korrigiert die Studentin Tanja Limmer die Outfits der Moderatoren Nico Brugger und Laura Beck, während Kameramann Andreas Nefzger kurz Pause macht. - Foto: Schober

Eichstätt (DK) In den vergangenen Wochen standen die Journalistik-Studenten der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt unter Dauerstress. Der Grund: Das Magazin "Einsteins" musste fertig werden.

"Finger weg von der Krawatte!", ruft der 21-jährige Regisseur Michael Mann über die Sprechanlage ins Studio zu den Moderatoren hinter der Glasscheibe. Die Aufnahme muss noch einmal wiederholt werden, doch die farblich auf das Set abgestimmte Kleidung von Moderator Nico Brugger ist schon wieder verrutscht. Seit vier Tagen stehen die Nachwuchsjournalisten vor der Kamera im unieigenen Fernsehstudio. Jetzt muss es klappen. "Und . . . Action". Bei den Dreharbeiten für die Magazinsendung "Einsteins" geht es fast schon so stressig zu wie bei einem kommerziellen Fernsehdreh. Der einzig Unterschied: Es darf mehr gelacht werden.

"Das Projekt ,Einsteins’ ist der Höhepunkt der Praxisausbildung im Journalistikstudium", sagt Michaela Petek-Dinges, Dozentin für Praxisausbildung im Fernsehbereich an der KU Eichstätt-Ingolstadt. Das gesamte vierte Semester lang arbeiten rund 25 Studenten an dem cross-medialen Projekt. Am Ende entstehen ein 100-seitiges Heft, eine einstündige Magazinsendung und eine Homepage zu dem gleichen Thema. Dieses Jahr ging es um das "Journal des Luxus und der Moden", der ersten deutschen Kultur- und Modezeitschrift, die von 1786 bis 1827 erschien. "Obwohl wir den Studenten ein halbes Jahr lang Zeit lassen, sollen die Arbeitsbedingungen so realistisch wie möglich sein", sagt der wissenschaftlicher Mitarbeiter Christian Klenk.

Das bedeutet für Julia Kuhbandner: "In kürzester Zeit haben wir viel Arbeit und wenig Schlaf." Die 21-Jährige hat während des Drehs die Aufgabe des Catering übernommen und versorgt ihre Kommilitonen mit Kaffee, Kuchen und Kartoffelsalat. Für das Projekt "Einsteins", für das jeder Student neben seinen Teamaufgaben auch einen eigenen Artikel und Fernsehbeitrag abliefern muss, berichtet Kuhbandner von einer Burlesque-Show, also einer Dessous-Modenschau mit Stripeinlagen. "Zunächst war ich nicht so begeistert von dem Thema Luxus und Mode, aber dann hat es mich nicht mehr losgelassen", erzählt Julia Lösch. Die 22-Jährige berichtete für das "Einsteins"-Magazin über so genannte Diamantbestattungen, bei denen Angehörige die Asche von Verstorbenen in einen synthetischen Diamanten pressen lassen. Für die Recherche fuhr Lösch mit ihrem Kamerateam bis in die Schweiz, interviewte dort eine Betroffene und beobachtete den Herstellungsprozess der Diamanten. Sie sei vor dem Interview etwas nervös gewesen, habe aber persönlich sehr viel dazugelernt, so Lösch. "Das war die Recherche meiner bisherigen journalistischen Laufbahn."

Ihren Beitrag konnte Lösch sowohl für das Heft als auch für die Fernsehsendung verarbeiten. Und das ist auch das erklärte Lernziel der Dozenten. "Darin liegt die Zukunft des Journalismus, dass die Leute nicht nur gut schreiben können, sondern auch noch Beiträge für das Fernsehen und die Online-Berichterstattung produzieren", so Petek-Dinges. Diese Cross-Medialität erfordere also echtes Multitasking von den Nachwuchsjournalisten. Deshalb wurde dieses Jahr noch mehr auf die Verzahnung der journalistischen Bereiche geachtet.

"Alles Journalistische kann man nur in der Praxis lernen", meint auch Nico Brugger. Der 22-jährige Student und Moderator der Fernsehsendung stand schon ein paar Mal vor der Kamera. Außerdem hat er bereits Erfahrungen im Radio-Journalismus gesammelt. Um sich auf die Doppelmoderationen mit seiner Kommilitonin Laura Beck vorzubereiten, haben sich beide zahlreiche Fernsehsendungen angeguckt und stundenlang vor dem Spiegel geprobt. "Mein großes Vorbild sind die Moderatoren aus der TV-Sendung taff", erzählt Beck. In der Pause werden noch schnell die schwarzen Lackschuhe nachpoliert. Um warm zu werden und die Gesichtsmuskeln zu lockern, schneiden sie vor der Aufnahme noch Grimassen und "putzten sich mit der Zunge die Zähne", wie Brugger sagt.

Am Set herrscht dann meistens ein geordnetes Chaos. Jemand müsse noch den "Ton angeln", außerdem müssten noch "Bauchbinden gemacht und O-Töne gesammelt" werden. Journalistische Fachbegriffe überall. "Vor zwei Jahren konnten wir noch nicht mal einen Beitrag schreiben, geschweige denn eine Kamera halten, und jetzt im vierten Semester produzieren wir schon eine komplett eigene Sendung", resümiert Julia Lösch. "Ich habe hier gelernt unter Druck zu arbeiten und im Team Kompromisse zu finden", meint auch Moderatorin Beck. Die Praxiserfahrung habe ihr mehr gebracht als jedes theoretische Moderationsseminar.

"Das ganze Semester hat hier zusammengearbeitet", sagt Petek-Dinges. Aus der Teamarbeit entsteht schließlich ein Prestigeprojekt. Die fertigen Hefte werden an Medieninstitute und Redakteure in ganz Deutschland geschickt, um das Eichstätter Journalistik-Studium weiter bekannt zu machen. Darüber hinaus ist das Heft seit dieser Woche in Eichstätter Buchhandlungen erhältlich. Die Online-Präsentation des Projekts ist ab Montag unter www.einsteins.de zu finden.