Ich bin's, Eure Altmühl

Angler fordern wegen des Laichschutzes Einschränkungen für Kanufahrer, Touristiker sind alarmiert

10.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:49 Uhr
Bootsfahrer bei Niedrigwasser hinter dem Aumühlwehr. Die Kiesbänke hinter den Wehren sind das Laichgebiet mehrerer Fischarten, deren Bestände anscheinend schrumpfen. −Foto: Knopp

Eichstätt (EK) Im Altmühltal schwelt derzeit ein Konflikt zwischen Bootsfahrern und Anglern. Nach Jahrzehnten der weitgehend unproblematischen Koexistenz wird den Anglern und ihren Verbänden der Bootsbetrieb auf der Altmühl allmählich zu viel. Der Naturpark setzt auf Kompromissbereitschaft.

Ganz offensichtlich will derzeit niemand den Konflikt anheizen. Aber in diesen Tagen kommt allmählich auf, dass beim Landratsamt Eichstätt schon seit März 2016 ein Antrag von so ziemlich allen Anglervereinen und Fischereiverbänden entlang der Altmühl vorliegt. Die Forderung der Angler-Vorsitzenden: Das Landratsamt in Eichstätt soll im Fluss „Laichschongebiete“ ausweisen, in denen von 1. April bis 15. Juni nicht Kanu gefahren werden darf. Vor allem die Juniwochenenden aber mit Christi Himmelfahrt und Fronleichnam sind für die Kanu-Branche buchstäblich die halbe Miete.

Den Anglern geht es konkret um den Schutz der Fischarten Nase und Barbe, die für das Laichen auf die wenigen Kiesbänke in der Altmühl angewiesen sind. Seit der Antrag eingegangen ist, wird hinter den Kulissen intensiv an einer Lösung gearbeitet, die das organisierte Kanufahren, das vor allem zwischen Pappenheim und Dollnstein im Tourismus unersetzlich ist, nicht existenziell gefährdet.

Christoph Würflein, der Geschäftsführer des Naturparks Altmühltal, ist in Nöten. In besagtem besonders idyllischen Flussabschnitt gibt es bei der Hammermühle (Markt Mörnsheim) und bei Hagenacker (Markt Dollnstein) zwei Bootsrutschen, die unter Hobbykapitänen jeden Alters puren Spaß versprechen. Ansonsten ist die langsame Altmühl ja eher etwas für Genusspaddler. Doch genau an den Stellen, wo die Altmühl etwas Schwung hat, speziell hinter den Bootsrutschen und im Ausfluss von Mühlwehren, gibt es Kiesbänke, und die sind die raren Laichplätze. Das Umtragen dieser kurzen Abschnitte wäre für Kanuten kaum zumutbar. Der Konflikt zwischen Naturschutz und Tourismus ist an diesen wenigen Stellen also vorprogrammiert. Würflein und Landrat Anton Knapp mühen sich seit Monaten darum, eine Lösung für das Problem zu finden. „Sperrungen wären natürlich fatal“, sagt Würflein. Vor einigen Wochen hatten die Verantwortlichen des Naturparks ein Treffen mit Ulrich Wunner, dem Leiter der Fachberatung für Fischerei im Bezirk Oberbayern, und einigen Vertretern der Fischereivereine. Würflein: „Wir haben um ein gedeihliches Miteinander gebeten, dass die Fischer nicht gleich mit der Gesetzesknute kommen.“ Der Naturpark hoffe auf das urbayerische Prinzip: „Leben und leben lassen.“

Die Lösung soll jetzt eine wissenschaftliche Studie bringen, eine Masterarbeit, die von David Ipfelkofer im Studiengang Geographie an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt angefertigt wird und deren Ergebnisse am 9. November öffentlich bei einem Termin in Mörnsheim vorgestellt werden. Betreuer der Studie ist Honorarprofessor Dr. Benno Kügel, im Hauptberuf der Leiter des Fachbereichs Biologie im Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt.

Wie auch immer die Studie ausfällt – die professionellen Bootsverleiher im Altmühltal sind unübersehbar in heller Aufregung und tun schon in der laufenden Saison alles, um irgendwelche rechtlichen Anordnungen überflüssig zu machen. Seit Mai erhält jeder, der ein Kanu leiht, eine Einweisung über das ökologisch richtige Verhalten bei der Bootstour. Wie ernst die professionellen Kanuvermieter die Lage einschätzen, zeigt sich auch daran, dass ihre 2004 gegründete Organisation „Akqua“ (Arbeitsgemeinschaft Kanuqualität Altmühl) nun richtig Fahrt aufnimmt. Inzwischen sind hier acht von 16 Profi-Vermietern organisiert, jeder hat eine Selbstverpflichtung unterschrieben, und aktuell wurde eine Informationskampagne „zu einem umwelt- und sozialverträglichen Verhalten auf der Altmühl“ gestartet, mit Flyern („Akqua: Ich bin’s, Eure Altmühl! Bitte: Passt auf mich auf!“) und allem, was dazugehört. Momentan bringen die Bootsverleiher auch noch eigene Hinweisschilder an vielen Kanueinstiegen an. Die Botschaft: „Akqua schafft Ordnung auf der Altmühl“.

Ob das alles reicht, wird sich im November zeigen. Fischereifachberater Ulrich Wunner vom Bezirk Oberbayern verweist auf die europäische Wasserrahmenrichtlinie, die schon seit zehn Jahren vorschreibt, dass Europas Flüsse in ökologisch gutem Zustand sein müssen. Und da ist die Vermehrungsmöglichkeit für Fische ein wesentliches Kriterium. „Da sind bei dem ganzen Abschnitt ganz klare Defizite erkennbar“, sagt Wunner. Einschränkungen für „Schifferlfahrer“ per Verordnung zu Laichschongebieten wären damit schon jetzt angesagt. „Das wollen wir alle miteinander derzeit nicht. Wir setzen auf die freiwillige Basis und auf Aufklärung. Aber wenn das nicht klappt, kommt mittelfristig die Keule.“

Man müsse bedenken, dass die Nase früher in der Altmühl ein Allerweltsfisch gewesen sei, der in ganzen Schwärmen die wenigen Kiesbänke zum Laichen angesteuert habe. Eine einzige ungestörte Stunde wäre dafür genug – „aber die kommen gar nicht mehr dazu“. Und folglich schrumpfen die Bestände: „Dieses Ablaichen ist das Nadelöhr.“

Das sieht auch Jörg Zitzmann, der Präsident des Fischereiverbands Mittelfranken, kritisch. „Durch unsachgemäßes Kanufahren können diese Laichgebiete beeinträchtigt werden“, sagt er. Er betont aber zugleich: „Wir wollen seitens des Fischereiverbands nicht allgemein das Kanufahren verbieten, sondern die Bootsverleiher sollen auf die gebotene Sorgfalt achten.“ Und das, so stellt Mittelfrankens oberster Fischer klar, gilt schon bei der Auswahl der Gäste: „Wir plädieren dafür, dass sogenannte Lustfahrten unterbleiben.“ Gemeint sind damit beispielsweise Vatertags-Gruppenfahrten mit integriertem Besäufnis mitten auf dem Fluss. An solchen Tagen sieht es für Barbe & Co. in der Altmühl ganz schlecht aus. „Ich habe Sachen gesehen, da wird es einem wirklich anders.“

Allerdings gibt sich auch Zitzmann kompromissbereit, solange alle aufeinander Rücksicht nehmen. Das größte Problem sieht er ohnehin an anderer Stelle: In Franken führen die Flüsse immer weniger Wasser, und das ist auch bei der Altmühl unübersehbar. Kanufahrer aber, ob nüchtern oder betrunken, haben aus Zitzmanns Sicht bei Niedrigwasser nichts auf dem Fluss verloren. „Das ist ein No-Go. Und das wird uns allesamt in Zukunft beschäftigen.“