Dietfurt
"Die Situation in Dietfurt ist alarmierend"

Auch 25 Jahre nach der Fertigstellung bereitet der Main-Donau-Kanal Umweltschützern Kopfzerbrechen

14.07.2017 | Stand 02.12.2020, 17:47 Uhr

Foto: DK

Dietfurt (DK) 25 Jahre nach Fertigstellung des Main-Donau-Kanals gehen die Meinungen über die Wasserstraße weit auseinander. Bei einem Rundgang durch das Ottmaringer Tal und die Irrle-Wiesen in Dietfurt zeigte der Bund Naturschutz exemplarisch Flächen, die durch den Kanal zerstört wurden.

Hubert Weiger, Vorsitzender des Bunds Naturschutz (BN), nahm Pressevertreter und örtliche BN-Mitglieder mit zu den Stellen, an denen einst Niedermoorgebiete einen in dieser Gegend einzigartigen Lebensraum - zum Beispiel für seltene Vogelarten - bildeten. Mit dem Main-Donau-Kanal verschwanden auch diese Moore, heute erblickt man anstelle der Feuchtgebiete nur noch Trockenrasen. So heißt die ausgedehnte Fläche rund um den Kanal zwischen Beilngries und Dietfurt heute bezeichnenderweise auch Ottmaringer Trockental. "Ein so großes Moorgebiet war für eine trockene Region wie diese eine absolute Kostbarkeit und besonders naturschutzwürdig", erklärte Weiger, der den Main-Donau-Kanal als das über Jahrzehnte hinweg umstrittenste Bauprojekt in Deutschland bezeichnete. Er selbst setzte sich damals in vorderster Front gegen den Kanalbau ein.

Dass das Ottmaringer Tal eigentlich besonders schützenswert ist, erkannten damals auch die Kanal-Befürworter. So sollte das Bauwerk ursprünglich auch am Hang entlang führen und nicht mitten durch das Tal. Doch Sicherheitsbedenken führten schließlich dazu, dass man den Main-Donau-Kanal doch durch das Ottmaringer Tal baute. Damit war das Moorgebiet Geschichte. Es wurden zwar Maßnahmen ergriffen, ein Austrocknen des Moors zu verhindern, doch der BN war schon zu Kanalbau-Zeiten der Meinung, dass diese nicht ausreichen würden, wie Weiger erklärte. Er sollte recht behalten. So ist damals eine 25 Meter tiefe Spundwand gebaut worden, die das abfließende Wasser allerdings nicht aufhalten konnte.

Dementsprechend betrübt zeigten sich der BN-Vorsitzende und die örtlichen Vertreter auch beim Spaziergang durch das Tal. "Die Sumpfeule zum Beispiel habe ich in diesem Gebiet zum ersten und einzigen Mal überhaupt in Bayern gesehen. Heute hier durchzulaufen, fühlt sich an, wie wenn man am Grabstein eines lieben Menschen steht, den man nicht vergessen hat", erklärte Weiger seine Gemütslage.

Besonders bitter sei für die Umweltschützer die Tatsache, dass sich die zentrale Hoffnung, die man in den Kanal setzte - die Verbilligung von Gütertransporten - nicht erfüllt habe. Weiger und der BN hatten das kommen sehen: "Der Kanal wurde in einer Zeit gebaut, als Stahl und Kohle wichtig waren. All das spielt heute keine Rolle mehr. Das war aber absehbar. Wir haben schon damals gesagt, dass das auch ein ökonomisches Desaster wird."

Auch von dem einst fast 40 Hektar großen Niedermoorkomplex bei den Dietfurter Irrle-Wiesen ist heute nur noch Grünfläche übrig, außerdem gibt es etwas Landwirtschaft. "So richtig weiß man bis heute eigentlich nicht, was man damit machen soll", bemängelte Marlene Gmelch-Werner, Vorsitzende der BN-Ortsgruppe Dietfurt, beim Ortstermin. Das Argument der Befürworter, dass es durch den Kanal kein Hochwasser mehr gebe, gelte für Dietfurt nicht. "Die Laber hat immer noch Hochwasser, Griesstetten und Dietfurt standen schon kurz nach dem Bau des Kanals unter Wasser", so Gmelch. Für den Bau waren dem Dietfurter Tal damals dreieinhalb Meter Grundwasser entzogen worden. Protest gab es in Dietfurt und Umgebung gegen den Kanal damals kaum. Deutschlandweit dagegen sammelten die Gegner eine Million Unterschriften - bis heute die größte Unterschriftenaktion für Naturschutz, die es in Deutschland je gab.

Den Kanal gibt es, und das schon seit 25 Jahren. Die Arbeit des BN ist damit allerdings nicht erledigt. Auch heute birgt das Bauprojekt für die Umweltschützer noch Herausforderungen. Nur, weil man nun ein trockenes Tal habe, dürfe das nicht heißen, dass man dieses komplett zubaut, so Weiger: "Der Siedlungsdruck wird immer größer. Die Situation in Dietfurt ist alarmierend, da müssen wir die Notbremse ziehen."