Beilngries
Unterschlagung im großen Stil

Mitarbeiter des Beilngrieser Rathauses soll über zwei Jahre mittleren sechsstelligen Betrag auf eigenes Konto gebucht haben

23.01.2014 | Stand 02.12.2020, 23:10 Uhr

Griff in die Kasse: Nach ersten Ermittlungen ist es einem Mitarbeiter des Rathauses gelungen, über einen Zeitraum von gut zwei Jahren eine Summe im mittleren sechsstelligen Bereich zu unterschlagen. Die Stadt hat Strafanzeige gestellt - Foto: Schoplocher

Beilngries (DK) Der Schock ist groß, der finanzielle Schaden ebenso: Ein derzeit krankgeschriebener Mitarbeiter des Beilngrieser Rathauses soll eine Summe im mittleren sechsstelligen Bereich unterschlagen haben. Die Kripo ermittelt, die Stadt hat Strafanzeige gestellt.

Gestern ging die Stadtverwaltung mit Bürgermeisterin Brigitte Frauenknecht (BL/FW) an der Spitze in die Offensive, nachdem am Montag ein erster Verdacht aufgekeimt war, der sich im Laufe der Woche erhärtet hatte. In einer Erklärung, die in enger Absprache mit der Kriminalpolizei Ingolstadt verfasst wurde, erläutern die Verantwortlichen den Sachverhalt. Im Gespräch mit unserer Zeitung ergänzen sie, dass „wir von uns aus auf die Polizei zugegangen sind und um Aufklärung gebeten haben“.

Dass der Fall erst jetzt öffentlich wird, kam nicht zuletzt durch die Bitte der Polizeibeamten zustande, die Erstermittlungen zunächst ungestört abschließen zu wollen. Dazu gehörten am gestrigen Morgen weitere Durchsuchungen bei dem tatverdächtigten Mitarbeiter des Kassenwesens, der nicht im Gemeindegebiet wohnt, und weitergehende Ermittlungen. „Wir wollen so viel Transparenz wie möglich“, sagt Brigitte Frauenknecht. Sie hat neben der Beilngrieser Polizei, die den Fall der Kripo Ingolstadt übergeben hat, auch unverzüglich die Rechtsaufsichtsbehörde, den kommunalen Prüfungsverband und den Bayerischen Gemeindetag in Kenntnis gesetzt. „Ich glaube, wir haben alles getan, was eine Gemeinde unserer Größenordnung tun kann“, meint sie. Ergänzend habe man einen renommierten Rechtsanwalt mit einer Sonderprüfung beauftragt und einen Krisenstab eingerichtet. Auch die Mitarbeiter im Rathaus sowie die Fraktionssprecher waren am Mittwoch informiert worden, gestern Abend wurde der Stadtrat unterrichtet.

Aufgefallen waren die Unregelmäßigkeiten am Montag Kämmerer Andreas Maget, der unverzüglich seine Chefin informierte. Dass die Abweichungen zu Tage traten, lag am Kassenabschluss, der planmäßig für diesen Zeitpunkt terminiert war und für den in den vergangenen Jahren der tatverdächtige Mitarbeiter verantwortlich gezeichnet hatte. Nach dem Buchungsergebnis fehlt eine Summe im mittleren sechsstelligen Bereich, die sich in einem Zeitraum von gut zwei Jahren angehäuft hat.

Der Mann, der seit gut drei Jahren im Kassenwesen arbeitet, ist allerdings krank geschrieben und dem Vernehmen nach so krank, dass er nicht befragt werden kann. Offenbar war es ihm, nachdem er am 2. Januar nicht wie geplant aus dem Urlaub an den Arbeitsplatz zurückgekehrt war, nicht mehr möglich gewesen, Spuren zu verwischen und die Bilanz wieder ins Reine zu bringen. Genau das soll er in den beiden Vorjahren den ersten Ermittlungen nach getan haben.

Wie aber war das möglich? „Das fragen wir uns natürlich auch“, sagt die Bürgermeisterin. So viel aber scheint sicher: Nicht das Controlling habe versagt, sondern der besagte Mitarbeiter habe durch technisches Geschick und raffinierte Manipulation das System überlistet, indem Rechnungen doppelt gebucht wurden. Empfänger war den Ermittlungen zufolge einmal der echte Rechnungssteller, ein zweites Mal sein privates Konto. Zusammen kam die Summe durch die Umleitung von etwa 35 Buchungen. Zum Vergleich: Im besagten Zeitraum wurden rund 200 000 Buchungen getätigt und rund 60 Millionen Euro bewegt. „Er hat es geschafft, die Kontrollmechanismen außer Kraft zu setzen“, sagt Frauenknecht. Das bedeutet, dass möglicherweise die Kassenversicherung der Stadt einspringt. So weit sei man aber noch nicht, wiegelt die Rathauschefin ab, denn noch sei der genaue Schaden nicht bezifferbar. Man gehe aber davon aus, dass das „Ende der Fahnenstange“ im Grunde erreicht sei und „nichts mehr kommt“.

Natürlich werde man auch Maßnahmen ergreifen, damit derartige Vorfälle in Zukunft nicht mehr vorkommen. Aber dafür sei erst eine lückenlose Aufarbeitung nötig. Vom ersten Verdacht an sei es vorrangig darum gegangen, Schaden von der Stadt abzuwenden und in jeder Hinsicht zu begrenzen. „Natürlich auch in finanzieller Sicht“, sagt Frauenknecht, die sich in der Erklärung ausdrücklich wünscht, dass „die Mitarbeiter der Stadtverwaltung künftig nicht unter Generalverdacht gestellt werden“.