Eichstätt
Freude über einen sinnerfüllten Beruf

Die Altenpflegeschule der HWA gibt Geflüchteten eine Zukunftsperspektive

31.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:07 Uhr

Die Altenpflege-Schülerin Msagule Amiry Mgamba wird auch von ihren Mitschülern anerkannt und unterstützt. Unser Bild zeigt sie zusammen mit Eva Kremers und Armin Lipjankic zu Beginn dieses Schuljahres, als sie zu dritt einen Alterssimulationsanzug getestet haben. - Foto: Preis

Eichstätt (EK) "Ich bin so froh, dass ich diese Chance bekommen habe." Wenn Msagule Amiry Mgamba dies erzählt, blitzen ihre Augen, und sie strahlt: Die 28-Jährige aus Nordtansania hat viel erlebt und durchstehen müssen, bevor sie ihren Weg zum Traumberuf verwirklichen konnte.

Die Chance zu einer fundierten und anerkannten Ausbildung in der Pflege hat sie an der Berufsfachschule für Altenpflege und Altenpflegehilfe der Hans-Weinberger-Akademie der AWO e.V. (HWA) in Eichstätt bekommen. Die Schulleitung hat ihr den Einstieg in die Pflegefachhelfer-Ausbildung ermöglicht. Im Juli 2016 hat die junge Frau die Abschlussprüfung abgelegt. Seit Mitte September besucht sie nun die dreijährige Ausbildung zur Altenpflegerin und fühlt sich extrem wohl. "Wir sind froh, dass wir mit Frau Mgamba eine so engagierte Schülerin haben", betont auch Schulleiterin Heike Guba, welche die Schülerin aus Tansania von Anbeginn an unterstützt hat. Die Eichstätter Altenpflegeschule ist offen für Flüchtlinge und möchte diesen bei entsprechender persönlicher Eignung eine Chance geben.

Msagule Amiry Mgamba stammt aus Tanga, der nördlichsten Hafenstadt von Tansania, die noch vor 100 Jahren unter deutscher Kolonialherrschaft stand. Verbindungen zu Deutschland gibt es dort noch viele, seit 1963 ist beispielsweise Eckenförde in Schleswig-Holstein die Patenstadt von Tanga. Da sie in ihrer Heimat verfolgt wurde und nicht sicher war, gelangte sie nach einer anstrengenden Flucht 2014 zuerst über Berlin nach Hamburg, später über München nach Ingolstadt. Seit Februar 2015 wohnt sie in einer Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete im Landkreis Eichstätt. "Meine Eltern sind verstorben. In meiner Heimat habe ich das Gymnasium besucht und hegte schon immer den Wunsch, Kranken und alten Menschen zu helfen. Doch, ich kann wirklich sagen, dass ich inzwischen meinen Traumjob gefunden habe", gesteht die 28-Jährige, die mittlerweile gut Deutsch spricht.

Ihr Glück war, dass sie in Kontakt zu einem Ingolstädter Lehrerehepaar kam, das sie dreimal pro Woche unterrichtet und nicht nur gefördert, sondern auch gefordert hat: "Hier in der Region hat es mir gleich gut gefallen. Die Menschen sind sehr nett und helfen immer, wenn ein geflüchteter Mensch Hilfe braucht. Ich möchte etwas von dieser Hilfe zurückgeben", sagt Mgamba.

Die junge Afrikanerin, die übrigens auch perfekt Englisch spricht und weiter an ihren Deutschkenntnissen arbeitet, engagierte sich vor Beginn ihrer Ausbildung selbst ehrenamtlich, als Dank für die erfahrene Hilfe. "Ich bekam den Tipp, in einem Seniorenheim meine Hilfe anzubieten. In meiner Heimat gibt es keine speziellen Alteneinrichtungen, deshalb war dies für mich eine ganz neue Erfahrung. Vor meiner Ausbildung ging ich zwei bis dreimal pro Woche in das Seniorenheim Titting, um mit den Bewohnern Beschäftigungsspiele zu machen", so die junge Frau.

Unterstützung bei allen notwendigen Behördengängen hat sie vom befreundeten Ingolstädter Ehepaar bekommen, "diese nahmen mich sofort mit offenen Armen auf". Sie dankt ihnen diese Mühe mit eifrigem Lernen, für die Pflegefachhelfer-Prüfung lernte sie oft nachts in der Küche der Gemeinschaftsunterkunft, die sie sich mit 15 weiteren Personen teilt: "Hier halten alle zusammen, es gibt keine Probleme. Aber manchmal ist es halt schwierig, eine ruhige Ecke fürs Lernen zu finden. Da muss man sich einfach etwas einfallen lassen", so Mgamba.

Zur Ablenkung vom Lernen näht die HWA-Schülerin übrigens sehr gerne und absolviert gerade einen Kochkurs, was ihr viel Spaß macht. Alle ihre bisherigen Prüfungen hat sie bestens geschafft und freut sich nun auf die Ausbildung zur Altenpflegerin: Die Mitschüler der HWA-Einrichtung unterstützen sie, auch die Lehrkräfte und die Schulleitung in der Person von Heika Guba bieten der jungen Frau stets eine offene Türe: "Wenn jemand etwas lernen will und eine Ausbildung anstrebt, dann erhält er von der HWA individuelle Unterstützung. Wir sind glücklich über die jungen Menschen, die sich der pflegerischen Tätigkeit öffnen und sich empathisch gegenüber alternden Menschen verhalten. Noch dazu, wenn sie innerhalb eines Jahres die Sprache so schnell lernen wie Frau Mgamba", sagt Heika Guba nicht ohne hörbaren Stolz auf ihre Schülerin.

Natürlich hoffen alle gemeinsam mit der jungen Frau, dass sie ein Deutschland bleiben darf - auch ihre Ausbildungsstätte im Seniorenheim schätzt die Mitarbeiterin sehr, sie ist auch bei den Bewohnern überaus beliebt. "Wenn man jemandem helfen darf, dem es aufgrund von Krankheit oder Alter eben nicht mehr so gut geht, das ist doch die schönste Aufgabe überhaupt! Man bekommt selbst so viel zurück: Dankbarkeit, Anerkennung und Liebe. Es ist ein sinnerfüllter Beruf, ich kann mir gar nichts anderes mehr vorstellen", gesteht Amiry Mgamba.

Die junge Afrikanerin hat nach dem Altenpfleger-Examen sogar noch höhere Ziele: ein Studium beginnen. "Ich habe bisher so viel geschafft, da bin ich zuversichtlich, dass es gut weitergeht. Ich werde hart daran arbeiten, dass mir eine gute Zukunft gelingt und ich all meinen Schmerz und die Nöte der Flucht hinter mir lassen kann."

Weitere Informationen zur Berufsfachschule und ihren Angeboten im Bereich der Aus- und Weiterbildung gibt es unter www.hwa-online.de oder unter Telefon (08421) 60 79 50. Die Schule informiert ganzjährig über aktuelle Aus- und Fortbildungsprogramme sowie Praktikumsmöglichkeiten und duales Studium.