Ingolstadt
Zu seinem Glück gezwungen

Vor drei Jahren war Simon Kürzinger Football egal – bald ist er Jugend-Nationalspieler

20.05.2015 | Stand 02.12.2020, 21:16 Uhr

Das Trikot der Ingolstadt Dukes hat Simon Kürzinger (links) bereits mehrmals getragen, bald schlüpft der 18-Jährige auch in das Dress der deutschen Jugend-Nationalmannschaft. - Foto: Spiess

Ingolstadt (DK) Vor knapp drei Jahren hat ihn ein Schulkamerad mehr oder weniger gezwungen, mit zum Football-Training zu kommen. Denn eigentlich interessierte sich Simon Kürzinger nur für Fußball. Jetzt steht er erstmals im Aufgebot der deutschen Jugend-Nationalmannschaft. Zudem besteht die Chance, dass er im Juni mit zur EM-Endrunde darf.

„Ich freue mich riesig darauf, wenn ich das Nationaltrikot tragen kann“, fiebert er dem Länderspiel gegen die Schweiz an Pfingsten schon entgegen. Dabei war es gar nicht leicht, sich für den endgültigen Kader zu qualifizieren. Mehr als 200 Spieler waren vor wenigen Wochen zu einem Lehrgang nach Köln gekommen, wo dann kräftig ausgesiebt wurde. Lange waren die Spieler im Unklaren, ob sie die letzte Hürde genommen haben, weil sich die Bundestrainer mehrere Wochen Zeit ließen, um ihre Entscheidung zu fällen. Und je näher die Bekanntgabe des Kaders kam, umso nervöser wurde Kürzinger. „Da wird man dann schon sehr unruhig. Aber umso mehr hat es mich gefreut, als ich dann erfahren habe, dass ich nominiert bin“, berichtet der 18-Jährige, der derzeit bei Audi eine Ausbildung zum Mechatroniker macht.

Begonnen hat er einst als Receiver, doch als bei einem seiner ersten Spiele ein Cornerback ausfiel und dieser dringend ersetzt werden musste, bot Kürzinger an, auf dieser Position einzuspringen. „Ich wollte einfach nur spielen, deshalb habe ich dem Trainer gesagt, ich mach’ das. Dabei hatte ich gar keine Ahnung, was ich da tun sollte. Aber ich hatte Glück: die Gegner starteten gleich den ersten Angriff über meine Seite und ich konnte meinen Gegenspieler tackeln. Von da an hatte ich meine Position gefunden.“

Und bei den Dukes fühlt er sich inzwischen bestens aufgehoben, auch weil ihn die Trainer sehr gut unterstützt haben. „Max Macek und Tobi Schmidt haben mir sehr viel beigebracht, von denen habe ich das meiste gelernt. Und sie haben mir auch die Motivation gegeben, dass ich so weit gekommen bin“, lobt er die Abwehrspezialisten der ersten Mannschaft, dich sich sehr um die Nachwuchsarbeit kümmern.

Wie auch die amerikanischen Importspieler, die ebenfalls viel mit der Jugend trainieren. Worüber Kürzinger sich sehr wundert, denn in Gesprächen mit Kollegen aus der Bayernauswahl hat er festgestellt, dass dies bei den anderen Klubs nicht so ist. „Dadurch haben wir einen enormen Vorteil, denn es ist der Wahnsinn, was einem diese Jungs alles beibringen.“

Kein Wunder, dass er davon träumt, vielleicht irgendwann mal in die Staaten zu kommen und dort seinem Sport nachzugehen. „Aber“, weiß er, „die Colleges sind sehr teuer. Mit einem Stipendium wäre das möglich, aber das ist sehr schwer zu bekommen.“ So setzt er seine nächsten Ziele erst einmal in Ingolstadt, wo er hofft, bald auch schon erste Erfahrungen im Herrenbereich sammeln zu können. Headcoach Eugen Haaf hat ihm das jedenfalls schon mal in Aussicht gestellt: „Er ist ein großes Talent. Wenn die Chance besteht, werde ich ihn vielleicht schon in den letzten Spielen das eine oder andere Mal einwechseln.“

Immerhin trainiert Kürzinger gelegentlich schon mit seinen Vorbildern, wobei er festgestellt hat: „Was das Tempo und die Härte angeht, geht es da schon ganz anders ab, das ist schon brutal.“ Doch Angst davor hat er nicht. „Wenn ich dranbleibe glaube ich schon, dass ich nächstes Jahr meine Spielzeiten in der ersten Mannschaft bekomme.“ Dann ja vielleicht sogar als amtierender Europameister. Doch dazu muss im Halbfinale von Dresden erst einmal Favorit Frankreich geschlagen werden, ehe es im Finale dann gegen den Sieger aus der Partie Österreich – Dänemark ginge. „Wäre schön, wenn ich da meinen Teil dazu beitragen könnte“, blickt Kürzinger schon mal voraus.