Frau
"Mit Freude laufen"

Die Deutsche Halbmarathonmeisterin Ingalena Heuck über ihre Karriere, Verletzungssorgen und das Rennen in Ingolstadt

28.03.2014 | Stand 02.12.2020, 22:53 Uhr

Kann wieder unbeschwert laufen: Ingalena Heuck musste im vergangenen Jahr wegen Fußproblemen ihre Leistungssportkarriere beenden. Am Dienstag kommt die 27-Jährige nach Ingolstadt. - Foto: Garvelmann

Frau Heuck, der vergangene Winter war wegen der milden Temperaturen eigentlich ideal für Läufer. Sie allerdings haben sich etwas geärgert. Warum

Ingalena Heuck: Weil ich zum ersten mal an der Schneeschuh-WM teilgenommen habe. Es war eine sehr tolle Erfahrung. Leider konnte ich wegen des milden Winters mit den Schneeschuhen nicht so viel trainieren, wie ich es mir gewünscht hatte. Da ich nicht mehr aktiv bin, war es eine neue Möglichkeit, etwas Neues auszuprobieren. Und ich muss sagen, dass es eine spannende Erfahrung war.

 

Wie unterscheidet sich das Schneeschuhlaufen vom gewöhnlichen Joggen?

Heuck: Zum einen ist die Schrittfrequenz und die Schrittlänge etwas niedriger, weil der Widerstand je nach Schneetiefe und Konsistenz größer ist. Und: Die Schneeschuhe sind inzwischen zwar wahnsinnig leicht geworden, wiegen aber immer noch etwa dreimal so viel wie Laufschuhe.

 

Jetzt sind Sie aber froh, dass der Winter vorbei ist?

Heuck: (lacht) Ja. Ich bin nicht so ein großer Winterfan, wobei ich aber auch niemand bin, der über schlechtes Wetter quengelt. Denn dafür haben wir in Bayern auch gute Alternativen, indem man sich zum Beispiel auf Langlaufski stellt. Auch in meiner Zeit als Leistungssportlerin gab es wenige Winter, in denen ich aufs Laufband gegangen bin und dort einen Dauerlauf gemacht habe. Eigentlich kann man bei fast allen Bedingungen laufen.

 

Sie konnten zuletzt aber nicht immer so laufen, wie Sie wollten. Sie mussten sogar ihre Karriere als Leistungssportlerin beenden. Warum?

Heuck: Ich hatte seit Herbst 2011 Probleme mit meinem linken Fuß. Ich habe dann viele Behandlungen und Therapien ausprobiert, aber leider konnte weder die Ursache, noch die richtige Therapieform gefunden werden. Deswegen habe ich im Februar letzten Jahres aufgehört. Es war sicherlich die richtige Entscheidung, da ich bis Ende des vergangenen Jahres immer noch mit der Verletzung zu tun hatte. Und ich kann ehrlich gesagt immer noch nicht genau sagen, ob es jetzt ausgestanden ist.

 

Rückblickend sprechen Sie davon, dass Sie bei dieser schweren Entscheidung zwischen der Vernunft und Emotion entscheiden mussten. Wie viel Vernunft und wie viel Emotion steckt denn in einem Läufer, der beim Halbmarathon startet?

Heuck: (lacht) Ich finde, beim Halbmarathon trifft sich eigentlich ein ganz gutes Maß zwischen Vernunft, Emotion, körperlicher Vorbereitung und letztlich auch Freude. Die Halbmarathondistanz ist eine ganz tolle Strecke. Ich glaube, dass ich nicht umsonst auf dieser Strecke Deutsche Meisterin geworden bin. Der Marathon wäre nichts für mich gewesen. Man kann sich auf einen Halbmarathon sehr gut in einem gewissen Maß vorbereiten. Man kommt aber auch körperlich an einen Punkt, an dem es anstrengend wird und man sich durchbeißen muss. Aber das macht einen Wettkampf auch aus.

 

Es war nicht der erste Rückschlag, den Sie erlitten haben. Vor knapp drei Jahren hatten Sie eine Art Burnout. Wenn Sie die Uhr zurückdrehen könnten, würden Sie Ihre Karriere dann anders planen?

Heuck: Ich habe sicherlich Fehler gemacht, aber wahrscheinlich auch ganz menschliche Fehler. Gerade das Thema, wie ich mit Druck umgehe oder dass ich den eigenen Leistungsanspruch vielleicht auch manchmal zu hoch angesetzt habe. Ich glaube, da steckt jeder Leistungssportler in einem gewissen Dilemma. Ich würde heute wahrscheinlich anders damit umgehen oder würde es zumindest versuchen.

 

Inzwischen laufen Sie wieder. Wie haben Sie die Lust daran wieder gefunden?

Heuck: Weil ich genau diese Leistung nicht mehr erbringen musste – in Anführungsstrichen. Wenn man mal eine Verletzungsphase durchmacht und den Wunsch hat, wieder gesund zu sein und die Leistung wieder einmal abrufen zu können, die man schon einmal erbracht hat, dann lebt man schon mit einem gewissen Druck. Ich habe die Freude dann schon etwas verloren. Aber seit ich diesen Druck, den Leistungsgedanken nicht mehr habe, finde ich, dass das Laufen etwas Belebendes ist. Ich kann es wieder mit einer neuen Leichtigkeit angehen – das tut mir sehr gut.

 

Sie sind beim Halbmarathon in Ingolstadt als Pacemakerin dabei. Wie kam es dazu?

Heuck: Ich war im vergangenen Jahr schon beim Rennen, bin selbst aber nicht mitgelaufen. In Ingolstadt bin ich generell noch nie gelaufen, freue mich aber darauf. Pacemakerin war ich auch noch nie, von daher bin ich da schon sehr gespannt.

 

Ist es nicht schwierig, den richtigen Laufrhythmus zu finden, damit alle Athleten mitkommen?

Heuck: Natürlich hab’ ich schon einmal für Freunde oder bei Firmenläufen die Pace gemacht, deswegen hoffe ich, dass ich das richtige Tempo finden werde. Ich freue mich einfach total darauf, weil das Tempo für die Zielzeit von 1:45 Stunden noch nicht so sehr weh tut und ich die Leute dann noch ganz gut motivieren kann. Das sollte eine Zeit sein, die noch sehr entspannt ist für mich.

 

Haben Sie einen Geheimtipp, wie man auf die Minute beziehungsweise Sekunde laufen kann?

Heuck: Mit der Erfahrung von früher, als ich auf der Bahn die 1000 Meter auf die Sekunde genau absolviert habe, sollte mir das konstante Tempo nicht zu schwer fallen. Und ich hoffe, dass ich die Leute um mich herum eben motivieren und animieren kann, dass sie den Lauf durchziehen. Ich würde mich jedenfalls freuen, wenn mir das gelingt (lacht).

 

Sie kommen am kommenden Dienstag im Rahmen der Vorbereitungsserie „Fit für den Halbmarathon“ nach Ingolstadt. Ihr Vortrag trägt den Titel „Den Halben als Ganzes laufen“. Was kann man sich darunter vorstellen, ohne dass Sie zu viel verraten müssen?

Heuck: Es beinhaltet noch einmal die Grundsäulen: Wie gehe ich den Wettkampf an, also Zeiteinteilung. Dann natürlich auch die Ernährung. Das Thema Equipment darf nicht fehlen und wie bereite ich das Rennen nach. Einfach noch einmal die Basics. Ich will auch noch einmal motivieren.

 

Bis zum Wettkampf am 26. April ist es nicht einmal mehr ein Monat. Was würden Sie den Läufern in dieser Phase raten?

Heuck: Mein größter Tipp ist eigentlich, dass die Athleten drei Wochen vor dem Halbmarathon einen Testlauf über zehn Kilometer machen. Den können Sie mit einer GPS-Uhr, auf einer vermessenen Strecke oder bei einer Laufveranstaltung machen. Damit können sie den Wettkampf simulieren, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Das gibt einem noch einmal das Selbstbewusstsein oder die Gewissheit, um sagen zu können: ,Da stehe ich heute und das kann ich dann auch in drei Wochen schaffen.’

 

Sie dürften es am Besten wissen: zu viel Druck sollte man sich aber auf keinen Fall machen . . .

Heuck: Ganz im Gegenteil. Ich bin inzwischen auch sehr entspannt geworden und merke die positiven Seiten daran. Ich empfehle den Leuten, sich schon langsam auf das Rennen vorzubereiten. Aber das wichtigste: Man sollte immer mit Freude laufen.

 

Das Gespräch führte

Julian Schultz.