Ingolstadt
Horst Blechinger ist tot

30.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:08 Uhr

Horst Blechinger im Trikot des ESV Ingolstadt, für den er von 1960 bis 1964 spielte. - Foto: privat/DK-Archiv

Ingolstadt (DK) Der einstige ESV-Stürmer war eine Ingolstädter Fußball-Legende. 1966 schaffte er beim FC Schalke den Sprung in die Bundesliga. Nun starb Blechinger im Alter von 77 Jahren.

Sein wallendes Haupthaar war sein Markenzeichen. Bis ins hohe Alter trug er es schulterlang, und nur einmal gab Horst Blechinger diesbezüglich klein bei. Als der damals 25-Jährige im Sommer 1966 bei Schalkes Trainer Fritz "Ossi" Langner mit einer jugendlichen Lockenpracht zum ersten Training erschien, sagte dieser barsch: "Bei mir nicht. Diese Matte kommt ab." Blechinger gehorchte widerwillig, ging zum Friseur und ließ sie danach umso länger wachsen.

Das ist nur eine Episode aus Blechingers Fußballkarriere, von der er gerne erzählte und die sein Leben prägte. Bis vergangenen Dienstag - da verstarb der in Gaimersheim wohnhafte und stets sportlich aktive Ex-Profi im Ingolstädter Klinikum an den Folgen einer schweren Krankheit. Blechinger hinterlässt seine Ehefrau Anna, mit der er 53 Jahre lang verheiratet war, sowie drei Kinder, vier Enkel und zwei Urenkel.

Blechingers Weg ins Leben war nicht einfach. Der Vater starb früh, und so wuchs das schmächtige Kind mit seinen vier Brüdern in Grösdorf bei Kipfenberg (Landkreis Eichstätt) in ärmlichen Verhältnissen auf. Seine ganze Freude lebte er auf dem Fußballplatz aus - und wurde 1960 vom ESV Ingolstadt entdeckt. Sein Talent hatte manchmal aber auch unangenehme Folgen. Als er Trainer Charly Mai, dem Weltmeister von 1954, im Training einmal den Ball durch die Beine schob, reagierte dieser beleidigt und beschimpfte den 23-Jährigen. "Da habe ich ihm einen Fußtritt gegeben und wurde 14 Tage vereinsintern gesperrt", erzählte Blechinger einmal eine weitere Anekdote. Nach vier Jahren bei den Ringseern und einer weiteren Station bei Schwaben Augsburg schaffte der flinke Außenstürmer 1966 den Sprung in die Bundesliga. "Meine Geheimwaffe waren meine spitzen Ellbogen", verriet Blechinger einst und lachte dabei verschmitzt.

Die beiden Jahre, verbunden mit 64 Spielen (sechs Tore) für die Gelsenkirchner, bedeuteten für ihn den Karriere-Höhepunkt. "Ich habe beim 0:11 in Gladbach die höchste Niederlage der Vereinsgeschichte miterlebt und nur vier Tage später den 4:2-Sieg im DFB-Pokal", erinnerte sich Blechinger einst, als es wieder gegen Hennes Weisweilers Fohlen-Elf mit Netzer, Heynckes, Wimmer und Vogts ging. Letzterer war damals sein Gegenspieler, und Blechinger erzielte das 1:1. Über den Karlsruher SC (1968-70) ging es wieder zurück in die Heimat, wo er nach Engagements beim MTV Ingolstadt und FC Augsburg seine Profi-Karriere beendete.

Als Angestellter beim Landratsamt Eichstätt setzte er seine Laufbahn jedoch fort und betreute als (Spieler-)Trainer zahlreiche Vereine. Unter anderen stieg er mit dem VfR Neuburg und dem MTV Ingolstadt in die Bayernliga. 1995 beendete Blechinger seine Trainertätigkeit und widmete sich einem neuen Hobby: der Zucht von Kanarienvögeln, für die er mehrfach prämiert wurde. Den Fußball verfolgte er aber weiter mit großer Leidenschaft. Und als Mitglied des FC Ingolstadt freute er sich sehr, dass die Bundesliga zu ihm zurückkehrte - für Horst Blechinger schloss sich damit der Kreis.

Ein Interview zu Horst Blechingers 70. Geburtstag lesen Sie hier. Das Gespräch führte damals unser Redakteur Uwe Ziegler.