München
Routine für die Löwen

Mit der Verpflichtung von Sebastian Boenisch reagiert 1860 München nicht nur auf die angespannte Personalsituation, sondern korrigiert auch Versäumnisse aus der Sommerpause. Gegen Düsseldorf soll der Defensivspezialist sein Debüt feiern.

13.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:11 Uhr

München (DK) Als Sebastian Boenisch nach einer guten Stunde das Spielfeld verließ, führten die Sechziger dank Romuald Lacazettes Treffer seit ein paar Minuten mit 1:0. Eine enttäuschende Leistung hatten sie beim Benefizspiel in Burghausen während der Länderspielpause abgeliefert, doch Boenisch hatte bei seinem 1860-Debüt zumindest dazu beigetragen, das eigene Tor mühelos zu verteidigen.

Wohlgemerkt gegen eine Regionalauswahl, in der sich auch Kreisklassen- und A-Klassen-Spieler tummelten. Im Heimspiel am kommenden Sonntag (13.30 Uhr, Sky) gegen Fortuna Düsseldorf wird die Löwen-Abwehr etwas mehr gefordert sein.

Dann soll auch Boenisch in seinem ersten Zweitligaspiel für den TSV - gleichzeitig sein erstes Zweitligaspiel überhaupt - erstmals zeigen, was sich die Münchner von seiner Verpflichtung erwarten: ein Stabilisator für die Defensive, der der Mannschaft sofort weiterhilft. Einen Führungsspieler, der mit seiner Routine vorneweg gehen und sich neben Jan Mauersberger zum neuen Abwehrchef entwickeln soll. "Er ist sehr kommunikativ und wird sehr schnell Verantwortung übernehmen", sagt Trainer Kosta Runjaic. Der 45-Jährige schätzt vor allem die Vielseitigkeit des gelernten Linksverteidigers. "Er kann alle Positionen in der Abwehr bespielen", sagt Runjaic.

Seiner Mannschaft hilft dies nun insofern, als dass sie zuletzt auf allen Positionen in der Abwehr Probleme hatte. Kai Bülow spielte neben Mauersberger in Würzburg (0:2) schwach. Milos Degenek, der Stamminnenverteidiger zu Saisonbeginn, patzte beim Heimspiel gegen Union Berlin (1:2), fällt zudem mit einem Innenbandriss im Knie bis Ende November aus. Auf der rechten Außenbahn fehlt Stammkraft Filip Stojkovic (Schambeinentzündung), der hochgelobte Maximilian Wittek ist auf der linken Seite nicht nur konkurrenzlos, sondern zeigt auch immer wieder eklatante Schwächen. Die Verpflichtung des zuletzt vertragslosen Boenisch ist vor diesem Hintergrund also zum einen die Reaktion auf eine Personalsituation, die "so ja nicht geplant war", wie Runjaic erklärt. Zum anderen rächt es sich vielleicht spätestens jetzt, dass die Löwen im Sommer nach dem Abgang von Kapitän und Innenverteidiger Christopher Schindler nicht entsprechend reagiert hatten.

Stattdessen wurden geschätzte 2,5 Millionen Euro in den Brasilianer Ribamar investiert, der noch immer von einer langwierigen Verletzung gestoppt wird und über dessen tatsächliches Leistungsvermögen kaum etwas bekannt ist. So attraktiv ein solcher Offensivtransfer für 1860 in der Sommerpause auch war, die Defensivprobleme der Löwen wird ein Stürmer wie Ribamar auch nach seiner Rückkehr nicht lösen. In vier Partien kassierte die Mannschaft zuletzt acht Gegentore.

Um dieses Versäumnis noch vor der Winterpause nachzuholen, ist Boenisch ein sinnvoller Transfer. 124 Erstligaspiele hat der 29-Jährige für Schalke 04, Werder Bremen und zuletzt Bayer Leverkusen absolviert, kam 15-mal in der Champions League zum Einsatz. Hinzu kommen 14 Partien des im polnischen Gliwice geborenen Defensivspielers für seine Nationalmannschaft. Erfahrung, die die Löwen erst recht nach den Ausfällen von Stefan Aigner und Ivica Olic gut gebrauchen können. Mit seiner Ball- und Passsicherheit könnte der beidfüßige Boenisch zudem jener Spieleröffner werden, den sich Runjaic längst für seine Abwehr wünscht.

Zu Hause gegen Düsseldorf wird er wohl neben Mauersberger in der Innenverteidigung beginnen. "Wir wollen unser Bestes geben und am Sonntag drei Punkte holen", sagt der Neuzugang, der bei seiner Vorstellung vor einer Woche tapfer verkündet hatte, den Wechsel zu 1860 "nicht als Rückschritt" anzusehen. Kurz darauf hatte er betont: "Man weiß ja, dass es hier auch mal ungemütlich werden kann." Wie ungemütlich, das würde der 29-Jährige wohl schon nach einem schlechten Ergebnis am Sonntag bemerken.