Nürnberg
"Wir haben keine Krise"

1. FC Nürnberg verspielt in der Schlussphase 2:0-Führung gegen Spitzenreiter Kiel

19.11.2017 | Stand 02.12.2020, 17:11 Uhr

Nürnberg (DK) Lange hatte es am Samstagnachmittag so ausgesehen, als könnte der 1. FC Nürnberg im Aufstiegskampf der 2. Bundesliga zu Hause ein dickes Ausrufezeichen setzen. Doch nach einer verdienten 2:0-Führung gegen Holstein Kiel schlugen die Gäste in der Schlussphase noch zweimal zu.

Am Ende war es eine gefühlte Niederlage. Fassungslos standen die Nürnberger Spieler noch Minuten nach dem Schlusspfiff auf dem Feld. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Großteil der 27 274 Zuschauer das Max-Morlock-Stadion bereits verlassen. Nur in der Gästekurve herrschte Partystimmung. Immerhin hatte Aufsteiger Holstein Kiel in der Schlussphase gegen den 1. FC Nürnberg gerade aus einem 0:2 noch ein 2:2 gemacht und sich so an die Tabellenspitze geschossen. Stand Samstagnachmittag war das noch eine Momentaufnahme. Nach dem Ingolstädter Sieg gestern gegen Fortuna Düsseldorf stand dann aber endgültig fest: Holstein Kiel ist neuer Spitzenreiter der 2. Bundesliga.

Wie aber die Nürnberger diesen sicher geglaubten Heimsieg in den Schlussminuten durch die späten Gegentreffer von Aaron Seydel (70.) und Alexander Mühling (88.) noch verspielen konnten, darüber herrschte nach dem Abpfiff allgemeines Rätselraten. Bis zur 70. Minute nämlich hatte die in dieser Spielzeit nicht immer sattelfeste FCN-Defensive gegen die stärkste Offensivabteilung der Liga so gut wie nichts zugelassen und hatte sich in der zweiten Halbzeit durch äußerst sehenswerte Treffer von Hanno Behrens (54.) und Mikael Ishak (62.) für einen diesmal starken Heimauftritt belohnt. Selbst Kiels Trainer Markus Anfang stellte klar: "Wir hätten heute auch verlieren können. Wenn du zu Beginn der zweiten Halbzeit zwei schnelle Gegentore bekommst, dann bist du in so einer Partie eigentlich raus."

Dementsprechend fielen auch die Analysen der Nürnberger Spieler und von Trainer Michael Köllner aus, der nach der Heimniederlage gegen den FC Ingolstadt mit seinem Team noch hart ins Gericht gegangen war. Gegen Kiel verbannte er den zuletzt formschwachen Stammtorwart Thorsten Kirschbaum auf die Bank und brachte Fabian Bredlow von Beginn an. Diesmal aber sprach Köllner davon, dass sein Team furios begonnen, mutig gespielt und vieles richtig gemacht habe. "Es tut mir sehr leid für die Fans und die Mannschaft, dass wir am Ende noch zwei Treffer fressen mussten. Bis zum 2:1 ist vor unserem Tor eigentlich nichts passiert, dann hat der Gegner aus zwei Chancen zwei Tore gemacht", stellte der Club-Coach fest, der dann aber doch noch einen Kritikpunkt fand: "Der erste Gegentreffer war zu billig." Tatsächlich machte die Nürnberger Defensive um Rückkehrer Georg Margreitter beim Gegentor von Seydel keine gute Figur. Dass eine junge Mannschaft dann in der Schlussphase auch einmal ins Wackeln kommen könne, sei klar, erklärte Köllner. Doch insgesamt zog der 47-Jährige diesmal ein versöhnliches Fazit.

So bot sich nach dem Remis in diesem unterhaltsamen Spitzenspiel auf Nürnberger Seite ein seltsames Stimmungsbild. Unter anderen Umständen hätte man mit einem Punkt gegen den Tabellenführer wohl gut leben können. Durch die 3:4-Niederlage von Union Berlin beim 1. FC Heidenheim war der viertplatzierte Club dem Relegationsplatz sogar einen Punkt näher gekommen. Freuen konnte sich auf Club-Seite diesmal aber niemand. Denn die nackten Zahlen der vergangenen Wochen sind nicht die eines Aufstiegskandidaten: nur ein Punkt aus den jüngsten drei Partien, dazu eine allenfalls durchschnittliche Heimbilanz (drei Siege, zwei Unentschieden, drei Niederlagen). Der Trend ist momentan nicht der Nürnberger Freund. Die inzwischen punktgleichen Ingolstädter, die noch vor fünf Wochen acht Zähler hinter den Franken lagen, dürften angesichts der momentanen Formkurven zügig am Club vorbeiziehen. Doch eines wollte Köllner trotz der jüngsten Ergebnisse dann doch noch zwingend klarstellen: "Wir haben keine Krise. Wir haben heute stark gespielt und ein gutes Gesicht gezeigt. Am Ende haben uns fünf Minuten zum Sieg gefehlt, und die tun natürlich heute weh."