Ingolstadt
Brutal und nahezu perfekt

FCI-Matchwinner Sonny Kittel wird nach dem 4:2 gegen Dynamo Dresden mit Lobeshymnen überhäuft

19.03.2018 | Stand 02.12.2020, 16:40 Uhr

Ingolstadt (DK) Nach dem 4:2-Sieg des FC Ingolstadt gegen Dynamo Dresden war ein Name in aller Munde: Sonny Kittel. Der 25-jährige Kreativkopf der Schanzer war Mann des Tages und an jedem FCI-Tor beteiligt. "Ich bin einfach nur froh, dass der Junge bei uns spielt", sagte Kapitän Marvin Matip.

Überhaupt konnte sich Sonny Kittel vor Lobeshymnen kaum retten. Verständlich. Denn schließlich erzielte der Gießener einen Treffer selbst und bereitete die drei anderen vor. Aber nicht irgendwie, sondern mit einer Präzision, die wirklich außergewöhnlich ist - vor allem in der 2. Bundesliga.

Beim 1:0 spielte Kittel den Ball in die Schnittstelle der Abwehr direkt in den Lauf von Thomas Pledl, beim 2:0 zirkelte er eine Flanke exakt auf Tobias Schröck, und beim 4:2 hatte er nach einem Solo am Fünfmeterraum noch das Auge für den frei postierten Pledl und legte die Kugel quer.

"Es war nahezu einperfektes Spiel.Einfach extraklasse."

FCI-Trainer Stefan Leitl über Sonny Kittel

 

"Wenn es bei Sonny läuft, ist das die logische Konsequenz. Er hat einfach ein brutales Auge, einen brutalen Fuß und einen brutalen Abschluss", sagte Marvin Matip, wollte seinen "brutalen" Mitspieler aber nicht alleine aufs Podest stellen. "Alles an ihm runterzubrechen ist zu einfach. Wir hatten ganz viele Jungs, die ein tolles Spiel gemacht haben, vielleicht nicht so auffällig. Deswegen darf Sonny auch ein bisschen im Scheinwerferlicht stehen. Er hat es sich verdient", präzisierte der Kapitän.

Kittel machte selbst seinen Trainer Stefan Leitl ein wenig sprachlos. "Was soll man sagen?", fragte der FCI-Coach nach dem Spiel in die Journalistenrunde. "Es war nahezu ein perfektes Spiel. Einfach Extraklasse. Sonny macht sich sehr viele Gedanken, es geht nicht alles spurlos an ihm vorüber. Deswegen freut es mich, dass er mit so einer Leistung zurückgekommen ist", meinte Leitl.

Der 40-Jährige spielte damit auf die Durststrecke seines Spielgestalters an, die einhergeht mit der Punktausbeute der Schanzer. Als Leitl beim FCI das Kommando übernahm, war Kittel mit je sechs Toren und Vorlagen maßgeblich am Aufschwung beteiligt. Ohne Kittels Geistesblitze gab es aber nur zwei Siege - das 2:1 beim 1. FC Nürnberg und das 2:1 bei Union Berlin. Oder in Punkten ausgedrückt: 27 von 37 Zählern holte der FCI, wenn Kittel selbst ein Tor erzielte oder daran beteiligt war. Mittlerweile steht er bei neun Treffern und elf Vorlagen. Die noch im Dezember geäußerte Einschätzung von FCI-Sportdirektor Angelo Vier ("Wir sind nicht von Sonny abhängig") ist daher längst widerlegt.

"Ich fühle mich genauso wie in der Hinrunde. Das Wichtigste ist, dass ich meine Leistung bringe. Natürlich werde ich an Scorerpunkten gemessen, aber darüber mache ich mir keinen Kopf", sagte Kittel dazu. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Wenn man sieht, wie unzufrieden der 25-Jährige reagiert, wenn ihm mal eine Aktion nicht so gelingt, wie sehr er sich unter Druck setzt, kann man sich vorstellen, wie es in ihm brodelt, wenn er eine längere Durststrecke überstehen muss oder einfach nur seinen eigenen Ansprüchen nicht genügt. "Der Spielverlauf spiegelt die Saison wider. Erst ging alles gut bergauf. Dann gab es den einen oder anderen Nackenschlag. Aktuell ist es umso schöner, wenn ich helfen kann. Ich bin einfach nur glücklich", meinte Kittel.

Zugute kam dem Techniker sicher die jüngste Umstellung auf ein 4-2-3-1-System, in dem er im zentralen offensiven Mittelfeld agieren konnte. "In der Mitte ist man freier als links oder rechts", meinte Kittel dazu nur und wollte seine Position nicht weiter bewerten. Der Trainer erklärte seine Absicht dahinter: "Wir haben ihm die Möglichkeit gegeben, sich besser entfalten zu können. Er hat das auch am Flügel schon gut gemacht und so die Offensivkräfte freigespielt. Jetzt ist er derjenige, der den letzten Pass spielen kann. Es freut mich, dass wir ihn in den letzten beiden Spielen als Entwicklungsspieler nutzen konnten."

Über seine Rolle und die weitere Zukunft will Kittel nicht nachdenken. Lieber genießt er den Moment. Zu lange musste er sich in der Vergangenheit nach schweren Knieverletzungen mit Reha und anderen Dingen herumschlagen. Seit er 2015 zum FCI kam, ging es dank seiner konzentrierten und zähen Arbeit im Fitnessbereich langsam, aber stetig bergauf. Nun erntet er den Lohn. Noch nie kam Kittel auf so viele Spielminuten in einer Saison wie in dieser.

Konkrete Ziele nennt der Schanzer Hoffnungsträger deswegen nicht. Weder für sich noch für das Team. "Wir schauen nirgendwo hin. Die Tabelle ist verrückt, die Zweite Liga der Wahnsinn. Deswegen ist es am besten, gar nicht auf die Tabelle zu schauen, sondern einfach nur zu gewinnen. Dieser Sieg hat allen gutgetan, dem ganzen Verein." Die Länderspielpause bis zur Auswärtspartie am Ostersamstag in Heidenheim dürfte beim FCI jedenfalls entspannt verlaufen.