Fulpmes
Die Bilder trügen nicht

Neuer Torwarttrainer Martin Scharrer feilt mit Videoanalysen am Spiel der FC-04-Keeper

18.07.2014 | Stand 02.12.2020, 22:27 Uhr

Schwitzen in Österreich: Der neue Torwarttrainer des FC Ingolstadt, Martin Scharrer (links), und seine Schützlinge Ramazan Özcan, André Weis und Nachwuchskeeper Christian Ortag.

Fulpmes (DK) Martin Scharrer kennt kein Erbarmen. Immer wieder lässt er seine drei Torhüter denselben Parcours durchlaufen. Erst mehrfach eine Langhantel stemmen, dann über fünf unterschiedlich hohe Würfel springen, schließlich ein Abschlusssprung über eine Stange und noch zwei Torschüsse.

So sieht eine von mehreren Übungen aus, die der neue Torwarttrainer des FC Ingolstadt zusammen mit Fitnesscoach Jörg Mikoleit ausgearbeitet hat. Ramazan Özcan, André Weis und Nachwuchskeeper Christian Ortag, die drei Torhüter des FC 04, absolvieren die Einheiten im Trainingslager in Fulpmes ohne Murren. Auch wenn die Sonne gnadenlos herunterbrennt und der Schweiß rinnt. „Deswegen sind wir da. Natürlich spürt man da am Abend die Oberschenkel“, sagt Özcan nach einer weiteren Übung, bei der sich die Keeper mit einem Bein von einem rund 40 Zentimeter hohen Podest abdrücken und nach oben springen müssen. Zusätzlich beschwert mit einem Medizinball, versteht sich. Nach fünf Wiederholungen dürfen sie quasi zur Belohnung den Medizinball nach einem Strecksprung wegstoßen. Eine Übung, bei der Kraft, Stabilität und Koordination geschult werden.

Für Ortag, den 19-jährigen U 23-Schlussmann sind die Übungen nichts Neues. „Ich habe ja vergangenes Jahr schon bei den Profis mittrainiert. Außerdem haben wir auch in der Junioren-Bundesliga so gearbeitet. Da hatte ich bereits seit der U 17 tägliches Torwarttraining und wir arbeiteten mit Videoanalysen. Das ist schon eine gute Kontrolle, wenn man seine Aktionen mal von vorne sieht“, sagt Ortag.

„Jeder Trainer hat seine eigene Herangehensweise. Martin ist ein moderner Trainer, der viel analysiert und mit Bildmaterial arbeitet“, meint Özcan, der am längsten mit Scharrers Vorgänger, Brano Arsenovic, gearbeitet hat. Ist der Trainerwechsel für „Rambo“ ein Problem? Fehlt ihm möglicherweise noch das Vertrauen in den neuen Coach, der selbst nicht als Profi gespielt hat? „Jeder will den Erfolg, darum geht es. Alles andere ist nicht wichtig“, sagt Özcan nur, der seine Position als Nummer eins im Tor verteidigen will, und dabei gute Chancen hat. André Weis füllt seine Rolle als Herausforderer aus. „Für mich hat sich nichts geändert. Es ist ein Konkurrenzkampf. Der Trainer entscheidet, wer gegen St. Pauli im Tor steht“, sagt der 24-Jährige.

Für Scharrer zählt etwas anderes. „Für mich wäre es ein Erfolg, wenn sich alle drei verbessern. Jeder hat seinen Stil und soll ihn auch behalten. Bei meiner Arbeit geht es um Details“, sagt Scharrer und nennt Beispiele. „Da geht es darum, ob der Fuß in bestimmten Situationen besser diagonal steht, um mehr Kraft beim Absprung zu entwickeln, ob man zehn Zentimeter weiter links oder rechts steht, der Oberkörper weiter nach vorne oder hinten muss. Dazu sind Videos für die Jungs eine Top-Rückmeldung“, erklärt der 31-jährige Nürnberger.

Scharrer war selbst jahrelang Keeper der U 23-Mannschaft des Club und bei Greuther Fürth, ist aber ausgebildeter Lehrer für Englisch und Sport. Seit seinem Abschluss vor eineinhalb Jahren war er als pädagogischer Leiter im Nachwuchsleistungszentrum des 1. FC Nürnberg tätig. „Jetzt habe ich die Chance, meine Leidenschaft zum Beruf zu machen. So viele Torwarttrainerstellen im Profifußball gibt es nicht“, sagt Scharrer, der vorerst zwei Jahre beim FC 04 unter Vertrag steht. Seine Arbeit mit den Profis unterscheidet sich dabei gar nicht so sehr von der mit den Jugendlichen. „Das ist nicht so viel anders wie ich mir das vorgestellt habe, sogar angenehmer, weil ich nicht so viel erklären muss. Und meine Torhüter sind offen und kommunikativ“, sagt Scharrer. Bedenken, dass er als Trainer ohne eigene Profierfahrung schwerer akzeptiert werden könnte, haben sich schnell zerstreut. „Ich konnte mich immer gut einschätzen und wusste, dass es für eine Profikarriere nicht reicht. Aber ich weiß auch, dass ich das, was ich mache, ganz gut kann und mir damit auch Respekt erarbeite“, sagt Scharrer selbstbewusst.

Viel zu verbessern gibt es ohnehin nicht. Torwartschnitzer waren in der vergangenen Saison die Ausnahme, 14-mal spielte das Team zu null. Und seit Ralph Hasenhüttl das Traineramt übernahm, kassierten die Schanzer in 24 Spielen nur 13 Gegentore. „Martin ist ein junger Torwarttrainer mit viel Fachwissen. Aber auch er muss sich den Erfolg erst erarbeiten“, meint der Chefcoach.