Hamburg
''Ich habe den FCI noch auf dem Zettel''

St. Paulis Trainer Markus Kauczinski sieht seinen Ex-Klub weiter mit Chancen im Aufstiegsrennen

15.02.2018 | Stand 02.12.2020, 16:48 Uhr

Hamburg (DK) Den Namen Markus Kauczinski verbindet man beim FC Ingolstadt mit dem schlimmsten Saisonstart der Vereinsgeschichte.

Lediglich zwei Punkte holte der gebürtige Gelsenkirchner in der zweiten Bundesliga-Spielzeit der Schanzer 2016/2017 in den ersten zehn Spielen - die Folge war am Ende der Abstieg. Am Samstag (13 Uhr) kehrt der 47-Jährige als Trainer des FC St. Pauli an seine alte Wirkungsstätte zurück.

 

 

"Ich war bei meinenEntscheidungen immervoller Überzeugung."

 

 

 

Herr Kauczinski, freuen Sie sich auf das Wiedersehen mit dem FC Ingolstadt?

Markus Kauczinski: Ja, natürlich. Ich habe da viele nette Menschen kennengelernt und hatte mit Geschäftsführer Harald Gärtner und Peter Jackwerth immer gute Ansprechpartner. Auch die Spieler sind mir trotz der kurzen Zeit ans Herz gewachsen.

 

Sie waren nur vier Monate Trainer bei den Schanzern. Wie haben Sie die Zeit in Ingolstadt reflektiert?

Kauczinski: Ich habe immer voller Überzeugung entschieden, und es war eine sehr emotionale Zeit. Es waren viele enge Spiele, in denen uns manchmal das Quäntchen Glück gefehlt hat. Das muss man dann so akzeptieren, und dann heißt es, nach vorne zu blicken. Das habe ich getan.

 

Was haben Sie als Ursachen ausgemacht, dass es nicht funktioniert hat. Waren es der Umbruch nach Ihrem Vorgänger Ralph Hasenhüttl, die späten Spielerverpflichtungen oder Ihre Umstellung auf ein anderes Spielsystem?

Kauczinski: Das kann man so pauschal nicht sagen. Wir haben einfach die Punkte nicht geholt. Es gab ganz viele enge Spiele. Ich denke beispielsweise an das 3:3 gegen Dortmund, wo wir so gut gespielt und in der letzten Minute noch den Ausgleich kassiert haben. Auch in München haben wir ein klasse Spiel gezeigt genau wie in Köln, wo wir sehr gut aufgetreten sind, aber dann einige Schiedsrichterentscheidungen gegen uns hatten. Da sind viele Dinge unglücklich gelaufen.

 

  Was hätten Sie rückblickend anders gemacht?

Kauczinski: Ich war bei meinen Entscheidungen immer voller Überzeugung. Da braucht man auch nicht mehr nachzukarten.

 

Sie waren nach Ingolstadt ein Jahr lang ohne Verein. Wie haben Sie die Zeit verbracht?

Kauczinski: Ich habe viele verschiedene Dinge gemacht. Ich war im Urlaub, habe mich um meine Familie gekümmert. Ich war aber auch mit Fußball beschäftigt, habe Trainingslager besucht und vom Jugendbereich bis zur Bundesliga spiele besucht. Auch im Ausland habe ich Spiele beobachtet.

 

Jetzt sind Sie seit Anfang Dezember beim FC St. Pauli. Wie beurteilen Sie die Situation bei Ihrem neuen Verein?

Kauczinski: Wir sind ganz gut gestartet und hatten dann einen kleinen Hänger. Aber wir können uns noch steigern und haben Qualität im Kader. Da kann man etwas aufbauen, davon bin ich überzeugt, und darauf freue ich mich. St. Pauli ist ein besonderer Verein mit einer besonderen Kultur und mit Fans, die bedingungslos hinter dem Verein stehen, das imponiert mir. Dass wir kämpfen müssen, wissen wir, es ist ein enges Rennen.

 

Sie stehen mit Ihrem Team derzeit auf Platz elf. Schauen Sie in der Tabelle mehr nach oben oder unten?

"Im Moment schauen wir nach unten. Wir müssen noch aufpassen."

 

 

Kauczinski: Im Moment eher nach unten, da haben wir den kleineren Abstand. Wir haben im Dezember vier Punkte geholt, und dann direkt in Dresden gewonnen. Jeder hat gedacht, es geht so weiter. Aber jedes Spiel ist hart umkämpft, das ist eine ganz hohe Qualität in der zweiten Liga. Dass es da nicht einfach ist, bekommt ja auch der FC Ingolstadt zu spüren.

 

Ihr Verein hat zu Saisonbeginn ja auch Ambitionen nach oben geäußert. Platz drei ist mit acht Punkten Abstand auch noch nicht völlig außer Reichweite. Haben Sie ein Auge darauf?

Kauczinski: Nein, was vor der Saison gesagt wurde, weiß ich nicht. Ich bin geholt worden, weil die Mannschaft schlecht stand und der Verein in Not war. Das hat sich ein bisschen verbessert, und wir sind auf dem aufsteigenden Ast. Aber wir müssen immer noch aufpassen.

 

Sie können am Samstag im Audi-Sportpark für Ihren Ex-Klub zum Spielverderber im Aufstiegsrennen werden. Was haben Sie sich vorgenommen?

Kauczinski: Wir wollen natürlich gewinnen. Aber wir wissen um die Schwere der Aufgabe. Der FC Ingolstadt hat eine gewachsene Mannschaft mit ganz vielen erfahrenen Spielern und spielt um den Aufstieg mit. Wir freuen uns auf ein hart umkämpftes, enges Spiel. Wir werden nicht als Favorit in die Partie gehen, aber wir werden ein harter Gegner sein.

 

Sie haben damals in Ingolstadt versucht, das Spielsystem hin zu mehr Ballbesitz zu entwickeln. In St. Pauli bevorzugen Sie mehr das Umschaltspiel. Warum?

Kauczinski: Das hängt immer auch von den Spielern ab und nicht davon, was ich will. Die Spieler müssen sich in dem Spielsystem wohlfühlen. Gegen Darmstadt hatten wir beispielsweise 62 Prozent Ballbesitz. Wir sind also auch in der Lage, das Spiel zu machen. Beim Sieg in Dresden war es weniger. Wir sind da flexibel und auch offen in der Ausrichtung.

 

Nach dem 0:0 gegen den 1. FC Nürnberg treffen Sie nun mit Ingolstadt, Kiel und Düsseldorf auf drei weitere Aufstiegskandidaten. Wer hat die besseren Chancen?

Kauczinski: Das ist schwer zu sagen. Jeder ist anders und hat seine Qualität. Betrachtet man die Kaderstärke, sind Nürnberg, Düsseldorf und Ingolstadt am besten besetzt. Sie können von der Bank Impulse bringen und auf Verletzungen reagieren. Aber auch Kiel hat etwas Besonderes, kommt nach dem Aufstieg über den Zusammenhalt und bleibt gefährlich.

 

Wer macht auf Sie den besten Eindruck?

Kauczinski: Nürnberg ist körperlich schon eine sehr robuste Mannschaft und hat mir imponiert. Dann kommen wohl Düsseldorf und Ingolstadt. Die beiden Ersten haben ein bisschen Vorsprung, aber es gibt auch noch direkte Duelle. Ich habe Ingolstadt schon noch auf dem Zettel.

 

Das Gespräch führte Gottfried Sterner.

 

ZUR PERSON

Markus Kauczinski hat als Trainer des Karlsruher SC, FC Ingolstadt und von St. Pauli 131 Punktspiele in der 1. und 2. Bundesliga bestritten. Mit dem KSC erreichte er 2015 die Aufstiegsrelegation gegen den Hamburger SV (1:1, 1:2). In seiner Zeit beim FCI ging er als einer von wenigen Trainern ohne Sieg in die Bundesliga-Geschichte ein.