Umstrittene Bezahlkarten in Fußballstadien: Verbraucherschützer planen rechtliche Schritte

16.11.2016 | Stand 02.12.2020, 19:02 Uhr

München (dk) Bier und Bratwurst per spezieller Plastikkarte statt mit Bargeld bezahlen: Das ist in vielen Bundesligastadien Alltag – und für Fans nicht selten ein Ärgernis. Kritiker bemängeln die Rückerstattungs-Regeln massiv und fordern mehr Transparenz. Nach einem Undercover-Test der ARD-Radio-Recherche Sport gibt es nun auch erste rechtliche Schritte.

Oft bleiben nach dem Stadionbesuch Restguthaben übrig. Deren Rückerstattung ist vielen Besuchern zu kompliziert geregelt, so dass die Guthaben am Ende verfallen. Diese „Schlummergroschen“ können für Vereine und Betreiber der Bezahlsysteme ein lukratives Zusatzgeschäft bedeuten. Kritiker bemängeln die Rückerstattungs-Regeln massiv und fordern mehr Transparenz.

Gemeinsam mit Verbraucherzentralen hat das Team der ARD-Radio-Recherche Sport die bargeldlosen Bezahlsysteme in fünf Bundesligastadien getestet. Die Ergebnisse fielen zum Teil so aus, dass die Verbrauchschutzzentralen jetzt Konsequenzen ziehen. Gegen die Betreiber der Bezahlsysteme in den Arenen von München, Augsburg und Schalke etwa wollen die Verbraucherschützer laut BR-Informationen mit Abmahnungen rechtlich vorgehen. Die Verbraucherzentrale in Hessen prüft zudem rechtliche Schritte in Bezug auf das Bundesligastadion in Frankfurt. Kritikpunkte gab es aus Sicht der Verbraucherzentralen auch in Dortmund sowie im Berliner Olympiastadion. Sie wiegen jedoch weniger schwer, weil in beiden Arenen auch mit Bargeld bezahlt werden kann.

In den Fällen von München und Augsburg will die Verbraucherzentrale Bayern konkret verbieten lassen, dass für die Rücküberweisung von Kartenguthaben Gebühren verlangt werden. Ebenfalls beanstandet werden eine zu kurze Gültigkeit der Bezahlkarten sowie eine dadurch zu knapp bemessene Frist, innerhalb derer Restguthaben zurückerstattet werden. Tatjana Halm von der Verbraucherzentrale Bayern kritisiert außerdem weitere Hürden wie zu wenige geöffnete Rückgabe-Schalter sowie lange Wege. „Da wird nicht ausreichend alles getan. Was zur Folge hat, dass man sich fragt, was mit den Geldern passiert, die nicht zurückabgewickelt werden? Wie viel Geld ist das? Und was macht der Verein damit?“

Der FC Bayern etwa hat noch im Jahr 2010 durch seine dafür zuständige GmbH Erträge in Höhe von rund 2,4 Millionen Euro durch verfallene Bezahlkartenguthaben ausgewiesen. Seitdem macht er dazu keine Angaben. Von Seiten des Vereins werden die Kritikpunkte der Verbraucherzentrale auf Anfrage der ARD-Radio-Recherche Sport zurückgewiesen. Die Betreiber-Firma des FC Bayern antwortet auf Anfrage, dass Restbeträge selbst nach Ablauf der Frist auf Kulanz ausgezahlt werden: „Jede werthaltige Karte wurde und wird ohne zeitliche Begrenzung rückerstattet.“ Auch der FC Augsburg gibt an, dass die Rückzahlungen kulant und nicht streng nach dem Wortlaut der AGBs gehandhabt werden.

Im Fall von Schalke will die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen verbieten lassen, dass bei der Rücküberweisung von Kartenguthaben zum einen Gebühren anfallen und dass zum anderen eine solche Rücküberweisung bis zu eineinhalb Jahre dauern kann. „Beim Einsenden der Karten entsteht ein hoher Aufwand, welcher mit der Gebühr von drei Euro belegt wird. Die lange Frist besteht aus buchhalterischen Gründen, die Beträge werden schnellstmöglich ausgezahlt“, heißt es seitens des FC Schalke 04 auf Anfrage.

Im Frankfurter Stadion, wo die Verbraucherzentrale Hessen rechtliche Schritte prüft, lauten die Vorwürfe: zu lange Wartezeiten, zu wenig Personal und Rückgabestellen sowie eine Gebühr für die Rücküberweisung verbliebener Kartenguthaben. Damit konfrontiert, kündigt die Betreiber-Firma an, den aufgeführten Missständen sofort entgegenzuwirken. Außerdem verweist der Betreiber darauf, dass es in Frankfurt bald eine App fürs Handy geben soll, damit das Bezahlen im Stadion schneller geht.

Massive Kritik an den bargeldlosen Bezahlsystemen kommt auch von den beiden großen Fan-Organisationen „Unsere Kurve“ und „ProFans“. Die Fan-Vertreter fordern Offenheit, inwiefern die Vereine von den Bezahlkartenguthaben profitieren. „Das ist ja nichts anderes als ein zinsloses Darlehen, das ich dem Verein gebe. Und da wäre schon mal interessant, wie viel dann letztendlich an Geld den Vereinen zur Verfügung gestellt wird, und womit die dann sofort arbeiten können,“ sagt Rainer Vollmer von „Unsere Kurve“. „Da haben wir auch überhaupt keine Möglichkeit, das abzufragen. Da fehlt es an Informationspolitik der Vereine.“