Frankfurt (DK) Bei kaum einem anderen Verein sind die Prognosen zu unterschiedlich wie bei Eintracht Frankfurt. Wie viel Armin Veh erreichen kann, dafür gibt es völlig gegensätzliche Meinungen. Auf jeden Fall muss der Trainer an der Defensivleistung arbeiten, denn in der vergangenen Saison hatte Frankfurt die drittschlechteste Abwehr der Liga.
Zu allem Überfluss hat nun auch noch Torhüter Kevin Trapp die Eintracht verlassen.
Was ist von Armin Veh zu erwarten? Die Rückkehr des Trainers, der die Eintracht 2012 in die Bundesliga und ein Jahr später in die Europa League geführt hatte, löste sehr unterschiedliche Reaktionen aus. Die einen sehen in ihm den Heilsbringer, der der Eintracht und ihrem Anhang wieder glanzvolle Auftritte im Europacup wie 2013/14 beschert. Die anderen bezweifeln, dass er an alte Erfolge anknüpfen kann. Die Spieler reagierten positiv auf den Trainerwechsel, schätzen Vehs Lockerheit nach der auf Rang neun beendeten Saison unter dem wortkargen, reservierten Thomas Schaaf. Buchmacher allerdings erwarten den ersten Trainerrauswurf der Saison in Frankfurt oder Hannover.
Haben die aussortierten Spieler wieder Chancen? Unter Schaaf spielten Takashi Inui, Johannes Flum und Vaclav Kad-lec wenig oder gar nicht. Inui blühte in den ersten Wochen unter Veh auf. Flum arbeitete sich in den Trainingspielen nahe an die erste Elf heran. Und Kadlec will beweisen, dass er kein millionenteurer Fehleinkauf ist. Der tschechische U 21-Nationalspieler wurde in der vergangenen Rückrunde an Sparta Prag verliehen und traf in 13 Partien neunmal.
n Was bedeutet der Wechsel von Torwart Kevin Trapp zu Paris Saint-Germain? Mit Trapp verlor die Eintracht einen ihrer besten Spieler, den einzigen Frankfurter im erweiterten Kader der deutschen Nationalmannschaft – und den Kapitän. Dafür erzielte sie mit neun Millionen Euro die höchste Ablöse seit 27 Jahren. Ob Neuzugang Heinz Lindner Trapp auch nur annähernd gleichwertig ersetzen kann, erscheint fraglich. Es soll aber noch ein weiterer Schlussmann verpflichtet werden, im Gespräch ist der finnische Nationalkeeper Lukas Hradecky (Bröndby Kopenhagen). Die Kapitänsbinde übernimmt Bundesliga-Torschützenkönig Alexander Meier (32), der verletzungsbedingt allerdings noch monatelang ausfällt. Stellvertreter ist Marco Russ.
Wie lief die Vorbereitung? „Man sieht, dass wir viele Dinge, die wir wollen, auch schon können“, bilanzierte Trainer Veh nach dem zweiten Trainingslager in Österreich zufrieden. Testspielsiege gegen Leeds United (2:1) und FC Fulham (1:0) zeigen, dass die Eintracht auf einem guten Weg ist. Als Top-Verstärkungen für die Defensive kristallisieren sich Stefan Reinartz auf der Sechs und Innenverteidiger David Abraham heraus. Sie erhöhen das Tempo im Zentrum. Für den ebenfalls überzeugenden, derzeit verletzten Luc Castaignos könnte Veh das von ihm präferierte 4-2-3-1-System ändern und mit zwei Stürmern beginnen. Der Schweizer Haris Seferovic (zehn Tore in der Vorsaison) scheint im Angriff gesetzt. Alexander Meier wird unter dem neuen, alten Trainer ins offensive Mittelfeld zurückkehren und nicht – wie unter Schaaf – ganz vorne spielen.
Geht das Spektakel weiter? Mit 56 Treffern der viertbeste Angriff der Liga, mit 62 Gegentoren die drittschlechteste Abwehr – bei Spielen der Eintracht war in der Saison 2014/15 oft Spektakel angesagt. Zu den fünf torreichsten Partien der gesamten Spielzeit zählen zwei der Frankfurter im eigenen Stadion: das 4:5 gegen den VfB Stuttgart und das 4:4 gegen Hertha BSC. Veh will die Defensive stabilisieren und hofft auf einen Verbleib des peruanischen Abwehrchefs Carlos Zambrano, der seinen Vertrag um ein Jahr verlängert hat, dank einer Ausstiegsklausel den Verein aber bis Ende August verlassen kann. Die Fans jedenfalls scheinen sich auf weitere spektakuläre Partien zu freuen: Die neuen Trikots sind ein Renner, alle 26 000 Dauerkarten waren im Nu vergriffen, und die Logen und Business-Sitze sind fast ausgebucht.
Abgänge: Kevin Trapp (Paris Saint-Germain/9 Mio.), Yusupha Yaffa (unbek./ablösefrei), Nelson Valdez (ohne Verein/ablösefrei), Felix Wiedwald (Bremen/ablösefrei), Olivier Occéan (Odds BK/ablösefrei), Jan Rosenthal (Darmstadt/ablösefrei), Lucas Piazón (FC Chelsea/Leihende).
Zugänge: Luc Castaignos (Twente Enschede/2,5 Mio.), David Abraham (Hoffenheim/1,7 Mio.), Stefan Reinartz (Leverkusen/ablösefrei), Heinz Lindner (Wien/ablösefrei).
Nächste Folge: 41 Millionen Euro hat der Verkauf von Firmino in die Kassen von Hoffenheim gespült. Nun will die TSG in die Europa League.
