Nicht
Von Nordbaden aus in die große Fußballwelt

24.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:37 Uhr

Nicht Günter Netzer. Ebenso wenig Paul Breitner, Bernd Schuster, Bodo Illgner, Mesut Özil oder Toni Kroos. Derjenige Deutsche, der bislang die meisten Partien für Real Madrid absolvierte, der die meisten Tore für die Königlichen schoss, heißt Uli Stielike.

Insgesamt brachte er es zwischen 1977 und 1985 auf 215 Einsätze in der Primera Division, netzte hierbei 41-mal ein - und schaffte in jener Zeit zudem das Kunststück, gleich viermal in Folge zum besten ausländischen Akteur in Spaniens höchster Spielklasse gekürt zu werden. "Er war einer der wenigen Legionäre, die auch mit dem Herzen bei uns waren", so Ramon Mendoza, der Real-Chef von 1985 bis 1995, durchaus begeistert.

Auf der Iberischen Halbinsel also ein Topstar. Nur im heimischen Deutschland? Da ließ sich Stielike zunächst einmal Zeit damit, überhaupt zu einem größeren Verein zu wechseln. So kickte er als 17-Jähriger bereits für das DFB-Nachwuchs-Nationalteam - aber die A-Junioren seines Heimatklubs, der SpVgg 06 Ketsch, wollte der elegante Abwehr- beziehungsweise Mittelfeldakteur trotzdem nicht verlassen. Erst der legendäre Hennes Weisweiler ("Uli ist vom Talent her eine halbe Klasse besser als alle Fußballer seines Alters, die ich jemals auszubilden hatte") bewirkte ein Umdenken beim Nordbadener - und so wechselte er im Winter 1973 doch zu Borussia Mönchengladbach. Erst 18 Jahre war Stielike damals alt - was für ihn dennoch kein Hindernis darstellte, sofort zu einem unumstrittenen Stammspieler aufzusteigen. So wurde er mit den Fohlen vom Bökelberg DFB-Pokalsieger 1973, holte dreimal den Deutschen Meistertitel, ergatterte zudem den Uefa-Pokal 1975. Ja, Stielike startete am Niederrhein richtig durch. Sein Debüt im A-Nationalteam, beim 3:0 gegen Österreich in Wien am 3. September 1975, war die logische Konsequenz hiervon.

Und spätestens nach jenem Länderspiel überschlugen sich die Fußballexperten mit Lobeshymnen für ihn. Von "Entdeckung des Jahres" bis "künftiger Weltstar" gingen sie - was selbstverständlich auch von den Topklubs im Ausland registriert wurde. Also ging der Nordbadener 1977 eben zu Real Madrid - für damals stolze 1,8 Millionen D-Mark. Bundestrainer Helmut Schön hätte nun eigentlich extrem stolz auf das Jungtalent bei den Königlichen sein können, war's aber nicht: "Stielike soll mal schön auf dem Teppich bleiben. Er irrt gewaltig, wenn er denkt, dass wir ihn dauernd zu Länderspielen holen."

Prompt fand die WM 1978 ohne den Real-Star statt. Aber kaum war Schön weg, war Stielike wieder zurück in der DFB-Auswahl - weil Neu-Bundestrainer Jupp Derwall durchaus auf ihn setzte. Prompt zählte er zu den unumstrittenen Leistungsträgern beim EM-Titelgewinn 1980 in Italien, kam dort in allen vier Partien je 90 Minuten zum Einsatz - und zwei Jahre später wurde der Abwehrchef zudem Vize-Weltmeister mit Deutschland in Spanien.

Insgesamt trug Stielike 42-mal den Adler auf der Brust. Nach drei Jahren bei Xamax Neuchâtel, mit dem zweimaligen Gewinn der Schweizer Meisterschaft, beendete er schließlich 1988 seine Spielerlaufbahn - um danach bei zahlreichen Stationen als Trainer ("Als solcher sollte man am besten im Wohnwagen leben") Geld zu verdienen. Aktuell betreut der inzwischen 61-Jährige das südkoreanische Nationalteam - übrigens meist top gekleidet. Die Sache mit dem "Sakko des Grauens", seinem schwarzweißkarierten Fehlgriff bei der Vorstellung als DFB-Assistenztrainer 1998 - längst verjährt.