Ingolstadt
Nur Mittelmaß

Team, Trainer, Finanzen: Die Brennpunkte beim bisher enttäuschenden ERC Ingolstadt

04.12.2017 | Stand 02.12.2020, 17:07 Uhr

Ratlosigkeit herrscht unter den Panthern angesichts des durchwachsenen Saisonverlaufs und Tabellenplatz elf. - Foto: Traub

Ingolstadt (DK) Trotz des verdienten Punktgewinns beim 1:2 nach Verlängerung bei den Eisbären Berlin am Sonntag läuft der ERC Ingolstadt den eigenen Ansprüchen weiter hinterher. Die Panther, die nach etwas mehr als der Hälfte der Saison in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) auf dem elften Tabellenplatz liegen, sind ein Klub im Mittelmaß geworden - und drohen zum dritten Mal in Folge die direkte Play-off-Qualifikation zu verpassen.

Wie geht es weiter? Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

 

Wie steht es um die Mannschaft?

Die Ingolstädter sind auch unter Interimstrainer Larry Mitchell nicht in Schwung gekommen. Überzeugenden Auftritten wie vor einer Woche bei den Grizzlys Wolfsburg (2:1) folgen unerklärliche Leistungen wie jene gegen die Straubing Tigers (3:6). Das bei den neun Niederlagen in Serie verloren gegangene Selbstvertrauen kommt so nicht wieder zurück. In der verzwickten Situation wären Führungsspieler gefragt. Doch ob Kapitän John Laliberte, Brandon Buck, Patrick McNeill, Benedikt Kohl oder Petr Taticek: Die Liste derer, die dieser Rolle aktuell nicht gerecht werden, ist lang. Die als Führungsspieler verpflichteten Darin Olver und Kael Mouillierat enttäuschen bislang auf ganzer Linie. Dass Rollenspieler wie Mike Collins und Laurin Braun zu den Topscorern der internen Rangliste zählen, kommt nicht von ungefähr.

 

Kommt noch ein Nachfolger für den entlassenen Trainer Tommy Samuelsson?

Rein sportlich hat sich der Trainerwechsel noch nicht ausgezahlt: Unter Samuelsson holten die Panther heuer im Schnitt 1,3 Punkte, unter Mitchell sind es bislang 1,125 Punkte. Dennoch könnte der Sportdirektor die Saison als Coach beenden. "Wir brauchen einen Trainer, von dem wir vollkommen überzeugt sind. Solange der nicht gefunden ist, bleibt Larry unser Trainer", sagte gestern Geschäftsführer Claus Gröbner, der zugab: "Letztlich ist das auch eine finanzielle Betrachtungsweise." Man suche zudem keinen Feuerwehrmann, sondern einen Mann mit Perspektive: "Das Ziel ist, dass der neue Trainer mit dem Sportdirektor harmoniert, eine gemeinsame Spielphilosophie hat und langfristig etwas entwickelt." Nicht unwahrscheinlich also, dass der ERC die Trainerfrage erst zur kommenden Saison beantwortet. Dass Mitchell seinen langjährigen Freund Geoff Ward, Meistertrainer der Adler Mannheim von 2015, auf dem Zettel hat, wollte Gröbner indes nicht bestätigen. Aktuell ist Ward Co-Trainer der New Jersey Devils in der nordamerikanischen NHL, wo ihn der ERC-Sportdirektor vor der aktuellen Saison besucht hatte.

 

Muss der ERC künftig kleinere Brötchen backen?

Trotz der verpassten sportlichen Ziele in den vergangenen beiden Spielzeiten blieb der Spieleretat der Panther für die laufende Saison konstant. Sollte auch die aktuelle Spielzeit früher als geplant beendet sein, will Gröbner eine Reduzierung nicht ausschließen: "Man kann dann nicht sagen: Weiter so. Das hätte Auswirkungen." Trotzdem werde man alles tun, um so viele Mittel in den Sport zu investieren wie möglich. Einfacher wird es laut Gröbner allerdings nicht: Die finanzielle Lücke zu den vier Top-Teams der Liga (München, Mannheim, Köln, Berlin), die laut eines Berichts der Fachzeitschrift "Sponsors" mehr als 50 Prozent des DEL-Gesamtetats auf sich vereinen, sei in den vergangenen Jahren größer geworden. "Man muss klar erkennen, dass die Top vier weit weg sind", sagt Gröbner.

 

Wie reagiert das Umfeld?

Das Grummeln unter den Fans ist vor allem wegen der ligaweit schlechtesten Heimbilanz mit lediglich fünf Siegen zwar zu verspüren. Große Unmutsbekundungen wie beim Stimmungsboykott in der Meistersaison 2013/14, als der ERC zu diesem Zeitpunkt mit Rang acht immerhin noch auf einem Pre-Play-off-Platz gelegen war, oder bei den Protesten gegen Ex-Sportdirektor Jiri Ehrenberger blieben bislang aber noch aus. Der Zuschauerzuspruch ist im Vergleich zu den Vorjahren (2016/17: 3547; 2015/16: 3926) mit durchschnittlich 3474 Zuschauern nach 14 Heimspielen aber rückläufig.

 

Was macht die Konkurrenz um Tabellenplatz sechs?

Mit den Kölner Haien steckte zuletzt ein weiterer Play-off-Kandidat in der Krise. Die Rheinländer entließen wie der ERC ihren Trainer - und fanden im Gegensatz zu den Panthern in Peter Draisaitl schnellen Ersatz. Dies zahlt sich bislang aus, mit vier Siegen in Serie arbeiteten sich die Kölner (8.) bis auf einen Punkt an die Top sechs heran. Gestern reagierten die Adler Mannheim (7.) und feuerten die komplette sportliche Leitung (siehe links). Auch die Iserlohn Roosters (6.) nahmen unter Neu-Trainer Rob Daum Fahrt auf, die Schwenninger Wild Wings (5.) spielen zudem eine überraschend konstante Saison. Den Ingolstädtern sollte allerdings der Saisonverlauf der Grizzlys Wolfsburg Mut machen. Nach katastrophalem Start liegt der Vizemeister inzwischen auf Platz vier.