Ingolstadt
"Müssen gedanklich stabiler sein"

ERC-Trainer Huras zieht vor Panther-Derby positive Zwischenbilanz, fordert aber mehr Konstanz

13.11.2014 | Stand 02.12.2020, 21:59 Uhr

Klare Ansagen: ERC-Trainer Larry Huras gibt Anweisungen auf der Bank, hier im Besonderen dem Verteidigertalent Fabio Wagner - Foto: Rimmelspacher

Ingolstadt (DK) Neuer Trainer, neue Mannschaft und immer in der Rolle des Gejagten – der deutsche Eishockey-Meister ERC Ingolstadt hat nach seinem Überraschungscoup den Saisonstart gemeistert. Trainer Larry Huras, der erstmals in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) arbeitet, zieht eine Zwischenbilanz und einen Vergleich zur Schweizer Nationalliga A, bevor heute Abend mit dem Derby gegen die Augsburger Panther (19.30 Uhr, Saturn-Arena) nach der zwölftägigen Deutschland-Cup-Pause die zweite Saisonphase beginnt.

Die Tabelle lügt nicht, heißt es. Die Panther stehen nach dem ersten Saisondrittel auf Rang vier. Ist das der Platz, wo der ERC Ingolstadt hingehört?

Larry Huras: Es ist okay. Natürlich hätte ich gerne noch die neun Punkte aus den verlorenen Heimspielen gegen Wolfsburg und Augsburg dazu, aber angesichts unserer Verletzungsprobleme ist die Bilanz in Ordnung. Es gibt noch viel zu tun, aber wir haben auch viele Fortschritte gemacht.

 

Es fällt auf, dass es zwischen Abwehr und Angriff ein großes Gefälle gibt. Der ERC hat die drittmeisten Tore erzielt, aber auch die viertmeisten kassiert. Woran liegt das?

Huras: Mit der Offensive können wir zufrieden sein. Die Chancenverwertung kann natürlich immer besser sein, aber es ist gut, dass wir so viele Möglichkeiten herausspielen. Wir arbeiten daran, dass wir noch kaltschnäuziger und effektiver vor dem Tor werden. Aber mit der Verteidigung bin ich gar nicht zufrieden. Genauer gesagt mit unserem Unterzahlspiel. Bei fünf gegen fünf ist unser Abwehrverhalten in Ordnung, aber in Unterzahl machen wir immer wieder andere Fehler. Das müssen wir klar verbessern.

 

Wie wollen Sie die Fehler abstellen?

Huras: Es sind meist Kleinigkeiten, die sich summieren. Wir arbeiten viel mit Videomaterial und wiederholen die Abläufe immer wieder, damit die Spieler eine klare Vorstellung davon haben, was sie tun müssen. Das braucht Zeit, aber jetzt geht es Richtung Weihnachten, da steht das Teamspiel in der Defensive im Fokus.

 

In Unterzahl sind die Aufgaben klar verteilt. Wo liegen die Probleme?

Huras: Es ist komisch, weil wir nicht immer die gleichen Probleme haben, sondern unterschiedliche. Darum sind sie schwieriger zu beheben. Grundsätzlich spielen wir aggressiv, aber wir müssen noch lernen, wann wir besser in unserer Position bleiben oder auf den Mann gehen. Da stimmt die Abstimmung noch nicht.

 

In der Verteidigung haben Sie das Landshuter Talent Fabio Wagner häufig eingesetzt. Wie zufrieden sind Sie mit ihm?

Huras: Es gibt nicht viele 19-Jährige, die auf diesem Niveau in der DEL spielen können. Das ist eine große Chance für ihn, aber auch für uns. Fabio wird täglich gefordert und steigert sich immer weiter. Man muss ihm nicht oft erklären, was er tun soll. Er begreift schnell.

 

Die jungen Spieler profitieren aber auch vom Verletzungspech etablierter Kräfte, oder?

Huras: Ich bin natürlich nicht glücklich darüber, dass gute Spieler so lange ausfallen. Andererseits bekommen dadurch die jungen Spieler mehr Eiszeit und Verantwortung. Dadurch finden wir verschiedene Lösungen für bestimmte Situationen, was sich über die ganze Saison hin positiv auswirken kann. Gerade jetzt sind unsere jungen Verteidiger gefordert.

 

Sie waren 17 Jahre in der Schweiz tätig und haben jetzt die DEL kennengelernt. Was sind die gravierendsten Unterschiede?

Huras: Das Spiel in der DEL ist viel schneller geworden. Das geht immer mehr in die Richtung der Schweizer Nationalliga A. Trotzdem bleibt für mich die NLA die schnellste Liga nach der NHL. Es geht direkt von Tor zu Tor. Das Wichtigste ist aber, dass in der Schweiz die einheimischen Spieler eine viel größere Rolle spielen.

 

Sie meinen wegen der Ausländerregelung?

Huras: Auch. In der Schweiz werden viel mehr junge Spieler eingesetzt, weil anstatt neun Ausländerstellen wie in der DEL nur vier zugelassen sind. Das ist ein Handicap für die Entwicklung der deutschen Spieler. Es hat meiner Meinung nach aber auch mit der fehlenden Ausbildungsentschädigung in Deutschland zu tun. Wie können Klubs wie Landshut oder Garmisch überleben, wenn sie für ihre Nachwuchsausbildung kein Geld bekommen? Die DEL-Vereine können sich ziemlich einfach bedienen. In der Schweiz gibt es eine klare Regelung, die sämtliche an der Ausbildung eins Spielers beteiligten Vereine profitieren lässt. Das muss man auch in Deutschland lösen, sonst werden die Probleme langfristig noch größer.

 

Auch der ERC bekommt die Problematik zu spüren, wenn Nationalspieler Patrick Hager die Panther verlässt. Suchen Sie schon Ersatz?

Huras: Das ist eher die Aufgabe von Sportdirektor Jiri Ehrenberger. Aber wir sprechen natürlich darüber. Es gibt nicht viele deutsche Spieler, die seine Klasse besitzen. Schon gar nicht in der Kategorie der 20-Jährigen. Aus den Nachwuchsprogrammen kommen immer weniger Spieler wie Hager, Timo Pielmeier oder Benedikt Kohl.

 

Haben Sie mit Jiri Ehrenberger schon über Ihre Zukunft gesprochen?

Huras: Nein, das ist jetzt noch kein Thema. Meine Arbeit mache ich nicht anders, ob ich jetzt noch drei Monate oder drei Jahre in Ingolstadt bleibe.

 

Zurück zur aktuellen Situation Ihrer Mannschaft. Sie müssen weiter mit Verletzungsproblemen zurechtkommen. Wie sieht das Team fürs Wochenende aus?

Huras: Mit Derek Hahn und Eddy Rinke-Leitans haben wir das erste Mal seit längerer Zeit wieder zwölf Stürmer. Aber zwischen Trainings- und Spielrhythmus ist ein Unterschied. Derek und Eddy müssen sehen, dass sie so schnell wie möglich wieder auf ihr Spielniveau kommen.

 

Sie hatten zuletzt drei gut funktionierende Angriffsreihen. Wie werden Sie umstellen?

Huras: Es ist sehr schade, dass wir die Formationen wieder durchmischen müssen. Ross, Laliberte und Greilinger haben gut harmoniert. Auch Hager, Szwez und Gawlik haben mir gefallen. Voraussichtlich ersetzt Hager Laliberte und Hahn bildet eine Reihe mit Gawlik und Boucher. Aber das kann vor dem Spiel schon wieder anders aussehen, weil Ross grippekrank ist.

 

Was macht die sogenannte „Schweizer Reihe“ mit Taticek, Buck und MacMurchy, die bisher 20 Tore erzielte, so gefährlich?

Huras: Taticek ist ein Spieler mit so viel Intelligenz, dass er weiß, was es braucht, damit die ganze Reihe harmoniert. Er ist ein Arbeitstier, der viel vor- und zurückcheckt. Dann haben wir die Schnelligkeit von Buck und die Robustheit von MacMurchy. Das passt gut zusammen.

 

Wie ersetzen Sie Verteidiger Benedikt Kohl?

Huras: Wagner und Kronthaler haben wir bisher viel Eiszeit gegeben, weil wir immer mit sieben Verteidigern spielen. Das sehen wir als Investition in diese jungen Spieler. Jetzt haben sie die Chance, sich in den Top Sechs zu zeigen.

 

Was muss insgesamt noch besser werden?

Huras: Die Konstanz. Wir schwanken noch zu stark von Drittel zu Drittel. Deshalb arbeiten wir auch mit unserem Mentaltrainer David Scott, den ich von den Montreal Canadiens kenne. Die Übungen mit Passen und Schießen laufen täglich auf dem Eis ab. Aber wir müssen noch einen Weg finden, gedanklich stabiler zu sein.

 

Das Gespräch führte

Gottfried Sterner.