''Ich würde mir mehr Tore wünschen''

ERC-Sportdirektor Larry Mitchell zieht nach einem Viertel der DEL-Saison ein Zwischenfazit

17.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:20 Uhr
Ingolstadts Sportdirektor Larry Mitchell. −Foto: Bösl

Ingolstadt (DK) ERC-Sportdirektor Larry Mitchell zieht nach einem Viertel der DEL-Saison ein Zwischenfazit

Herr Mitchell, wie steht es um Ihr Handicap? Angesichts des sehr ordentlichen Saisonstarts der Panther dürften Sie aktuell genügend Zeit haben, Ihrer Golf-Leidenschaft nachzukommen.

Larry Mitchell: (grinst) Ich habe so wenig Golf gespielt wie schon seit Jahren nicht mehr, weil ich einfach nicht dazu gekommen bin. Das letzte Mal war beim ERC-Turnier am Rande des Trainingslagers in Südtirol.

 

Wie fällt Ihr Zwischenfazit aus? Was lief bislang gut?

Mitchell: Es ist ja kein Geheimnis, dass wir die beste Defensive und das zweitbeste Unterzahlspiel der Liga haben. Das hängt ganz stark mit der Defensivarbeit unserer Stürmer und Verteidiger zusammen. Und wenn mal ein Fehler passierte, waren unsere Torhüter meistens da.

 

Was ist noch verbesserungswürdig?

Mitchell: Wenn man das Haar in der Suppe suchen will, dann sind wir im Powerplay nicht effektiv genug und schießen zu wenig Tore. Wir sind zu verspielt, mir fehlt etwas die Kaltschnäuzigkeit. Ich bin mir aber sicher, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis das Powerplay funktioniert. Denn wir haben genügend Spieler, die ihre Stärken in Überzahl haben, und es wird auch immer wieder trainiert.

 

Haben sich Timo Pielmeier oder Jochen Reimer bei Ihnen eigentlich schon bedankt, dass Sie durch den neu entstandenen Konkurrenzkampf zu Höchstleistungen angespornt werden?

Mitchell: Ich kann wahrscheinlich lange warten, bis sich ein Spieler beim Sportdirektor bedankt (lacht). Das müssen sie natürlich auch nicht. Der größte Dank ist, wenn sie mir Siege oder sogar Zu-Null-Spiele schenken.

 

Die größte Überraschung in dieser Saison ist die bislang sehr starke Defensive, nachdem diese in der vergangenen Spielzeit noch das Sorgenkind war. Warum sind Sie nicht überrascht?

Mitchell: Dass wir fünf Shut-outs nach 13 Spielen haben, ist für mich schon eine Überraschung. Das kann man nicht erwarten, und das ist einmalig für mich. Ich sage es mal so: Fragen Sie heute mal Kinder, welcher Spieler sie gerne werden wollen. Da werden die meisten Timo Pielmeier, Thomas Greilinger oder Brandon Buck sagen. Die Spieler also, die im Rampenlicht stehen. Es gibt aber viele andere, die genauso wichtig sind, indem sie bereit sind zu verteidigen. Das ist der große Unterschied zur Vorsaison. Wir haben andere Spielertypen und ein Team, das sich nicht zu schade ist, Schüsse zu blocken.

 

Vorne dagegen hat der ERC eher weniger Tore geschossen . . .

Mitchell: Das stimmt. Ich würde mir mehr Tore wünschen. Die Spieler nehmen mir es wahrscheinlich übel, wenn ich immer wieder über unser Überzahlspiel spreche. Aber wenn wir im Powerplay sechs, sieben Tore mehr geschossen hätten, würden wir da stehen, wo ich uns bei der Toranzahl sehe. Neben der erwähnten Verspieltheit im Powerplay möchte ich auch ansprechen, dass wir aus unerklärlichen Gründen die wenigsten Überzahlsituationen der Liga bekommen – obwohl wir oft in Scheibenbesitz sind. Zum Vergleich: Augsburg durfte bislang 60-mal in Überzahl spielen, wir nur etwa die Hälfte (35-mal, d. Red.) davon. Dann ist es doch klar, dass man auch öfter trifft. Ich lehne mich so weit aus dem Fenster, dass, wenn wir ähnlich oft Überzahl gehabt hätten, wir auch wesentlich öfter getroffen hätten.

 

Einer trifft dagegen wie eh und je: Thomas Greilinger. Der Vertrag des mit bislang acht Treffern besten Torschützen läuft nach der Saison aus. Kann es sein, dass Sie den Fans zu Weihnachten ein Geschenk mit einer Verlängerung machen?

Mitchell: Beide Seiten haben definitiv Interesse, dass es weitergeht. Ich habe mit seinem Agenten schon Gespräche geführt, dass wir uns demnächst treffen. Das war von Anfang an der Plan. Ich bin mir sicher, dass beide Seiten einen Weg finden, dass „Greile“ hier in Ingolstadt bleibt. Ich möchte mich nicht unter Druck setzen, aber bis Weihnachten ist das realistisch.

 

Auch der Kontrakt von Trainer Tommy Samuelsson läuft aus. Gibt es mit ihm auch schon Gespräche?

Mitchell: Nein, noch nicht. Ich bin kein großer Fan von überstürzten Entscheidungen. Klar, es gibt immer Einzelfälle wie Petr Taticek vor der Saison oder eben Thomas Greilinger. Man sollte aber schon den gesamten Saisonverlauf bewerten und nicht nur das erste Viertel.

 

Einige Klubs in der DEL haben in den vergangenen Wochen auf dem Transfermarkt zu einem frühen Zeitpunkt zugeschlagen und Spieler nachverpflichtet. Wie bewerten Sie das?

Mitchell: Grundsätzlich ist das alles legitim, aber es ist schon ungewöhnlich. Die Frage ist auch, wie viele noch dazukommen und wo das alles hinführt. Auf der anderen Seite gibt es unheimlich viele Verletzte. Das war durch den engen Spielplan (aufgrund der Olympischen Winterspiele, d. Red.) aber zu befürchten. Durch die Vielzahl der Partien haben die Spieler weniger Zeit, sich zu erholen.

 

Mit Nachwuchshoffnung Simon Schütz hat es auch einen Ingolstädter erwischt. Gibt es nach seiner schweren Knieverletzung auch bei Ihnen Überlegungen, auf dem Transfermarkt tätig zu werden?

Mitchell: Ich halte immer die Augen offen. Am vergangenen Wochenende war ich unter anderem in Österreich. Das ist ein Teil meines Jobs. Im Moment läuft es bei uns aber so, wie wir es uns wünschen. Es gibt daher keinen Grund, einen Spieler zu holen. Es wird ausschlaggebend sein, wie wir durch die nächsten Tage und Wochen kommen und was wir machen wollen und können.

 

Wie schaut die Situation bei Joachim Ramoser aus? Er trainiert nach wie vor nur individuell.

Mitchell: Ich kann nur wieder sagen, dass wir ihm die Zeit geben, die er braucht. Er macht gute Fortschritte. Wenn er das erste Mal aufs Eis geht, braucht er aber sicher noch einmal sechs bis acht Wochen. Wir sind alle guter Hoffnung, dass er diese Saison noch spielen kann.

 

Das Gespräch führte Julian Schultz.