San Francisco (dpa
Es wird richtig teuer

Einigung im Abgas-Skandal kostet Volkswagen in den USA wohl knapp 15 Milliarden Dollar

29.06.2016 | Stand 02.12.2020, 19:37 Uhr

San Francisco (DK) Die Abgas-Affäre wird Volkswagen in den USA voraussichtlich bis zu 15 Milliarden Dollar kosten. Nach langen Verhandlungen erzielte VW eine Einigung mit US-Behörden und Klägern, die gestern vorgestellt wurde.

Das Unternehmen verpflichtet sich demnach, Hunderttausende vom Skandal betroffene Diesel-Autos in den Vereinigten Staaten zurückzukaufen oder umzurüsten. In dem Gesamtbetrag soll auch eine Zahlung von 2,7 Milliarden Dollar an einen Fonds enthalten sein, mit dem Umweltprojekte gefördert werden sollen. Außerdem soll VW mit 2 Milliarden Dollar die Verbreitung von emissionsfreien Autos fördern. Denkbar wäre etwa der Bau von Ladestationen für Elektroautos.

Umgerechnet kann die Aufarbeitung die Wolfsburger in den USA damit rund 13,3 Milliarden Euro kosten - dies entspricht etwa einem Jahresgewinn in früheren, guten Zeiten. Bislang hat der Autobauer für die Folgen der Krise gut 16 Milliarden Euro (aktuell 17,6 Milliarden Dollar) zurückgelegt. Dabei geht es aber nicht nur um Probleme in Amerika.

Der VW-Konzern hatte Ende September 2015 nach Vorwürfen des US-Umweltamtes EPA zugegeben, in großem Stil bei Abgas-Tests getrickst zu haben. Weltweit sind elf Millionen Wagen betroffen.

Der nun erzielte Vergleich ist noch nicht rechtskräftig. Zunächst muss der Richter Charles Breyer in Francisco dem Entwurf zustimmen. Bei ihm sind Klagen in den USA gebündelt. Im April hatte VW bereits eine Grundsatzeinigung erzielt, nun folgte die genaue Ausgestaltung. Breyers endgültige Entscheidung wird für Ende Juli erwartet. Danach haben Kläger die Möglichkeit, das Vergleichsangebot anzunehmen.

Im Einzelnen will VW US-Kunden mit manipulierten Autos jeweils mindestens 5100 Dollar Entschädigung zahlen. In manchen Fällen kann die Summe fast 10 000 Dollar betragen. Die Besitzer könnten sich aussuchen, ob VW ihre Wagen zurückkaufen oder umrüsten soll. Bei den vom Kompromiss betroffenen rund 480 000 Autos handelt es sich um VW-Modelle wie den Jetta oder Passat sowie um den A3 von Audi. Für die größeren Sechszylinder-Motoren mit 3,0 Litern Hubraum steht noch keine Regelung.

VW-Finanzchef Frank Witter nannte das Entschädigungspaket eine "sehr erhebliche Bürde für unser Geschäft". Das mache den eingeschlagenen Sparkurs umso nötiger. Vor allem die Kernmarke VW ist ertragsschwach. Witter warnte: "Vergleichslösungen in dieser Größenordnung belasten uns ohne Zweifel erheblich." Verbraucherschützer fordern seit Langem Schadensersatz auch für europäische Kunden. In Europa sind weitaus mehr Autofahrer von den Manipulationen betroffen. Eine US-Lösung für Europa hatte VW aber unter Verweis auf die unterschiedliche Gesetzgebung abgelehnt.

Konzernchef Matthias Müller nannte die Vereinbarungen "einen wichtigen Schritt nach vorn". Doch der Weg sei noch weit. "Wir sind uns bewusst, dass wir noch viel tun müssen, um das Vertrauen der Menschen in Amerika zurückzugewinnen." Nach Einschätzung des Justizministeriums ist der Diesel-Skandal eine der schwerwiegendsten Verletzungen von Verbraucher- und Umweltrechten der US-Geschichte. Verbraucher hätten VW vertraut und seien bitter enttäuscht worden, sagte Vize-Generalbundesanwältin Sally Yates. Die Einigung sei ein "wichtiger erster Schritt", um VW für den Bruch von Gesetzen zur Rechenschaft zu ziehen.

Die Chefin der Umweltschutzbehörde EPA, Gina McCarthy, sprach von einer in jeder Hinsicht bahnbrechenden Einigung - VW müsse in vollem Umfang alle Konsequenzen seines Verhaltens tragen. Die Frage, ob VW betroffene Autos notfalls außerhalb des Landes weiterverkaufen könne, verneinte sie: "Wir verfrachten diese Luftverschmutzung nicht woanders hin."

Ein Audi-Sprecher bezeichnete den Vergleich - sollte er rechtskräftig werden - als "wichtigen Schritt auf dem Weg zur Lösung". Bei den 14 000 betroffenen 2.0-Liter-Diesel-Motoren des Ingolstädter Autobauers stünde einer Regelung mit den Kunden dann nichts mehr im Wege. Noch keinen Vergleich gibt es dagegen bei den 85 000 betroffenen 3.0-Liter-Dieselmotoren. Hier liefe eine eventuelle Schadensregulierung nicht über VW, sondern direkt über Audi - da die Motoren von den Ingolstädtern entwickelt wurden.