Pfaffenhofen
Pfaffenhofen gibt Gas - erneuerbar

Neues Projekt der Bürger-Energiegenossenschaft: Überschüssiger Öko-Strom wird Biomethan

25.10.2017 | Stand 02.12.2020, 17:18 Uhr

Regionale Energie-Pioniere: (von rechts) Markus Käser (Bürgerenergie Bayern), Markus Ostermeier (Firma Electrochaea aus Planegg), Andreas Herschmann (BEG Pfaffenhofen), Sebastian Brandmayr (Stadtwerke Pfaffenhofen) und Audi-Händler Michael Stiglmayr. - Foto: BEG

Pfaffenhofen (DK) In Sachen Energiewende schreiten Stadt und Landkreis Pfaffenhofen in Meilenstiefeln voran - ein Verdienst der umtriebigen Bürger-Energiegenossenschaft (BEG). Das neueste Power-to-Gas-Projekt "Infinity 1" soll deutschlandweit einmalig sein.

Strom erzeugen, wo er gebraucht wird - so lautet das Credo der BEG. Deren Sprecher, SPD-Stadtrat Markus Käser, betont, im Pfaffenhofener Netz stammten bereits rund 70 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien. "Wir erzeugen 73 Gigawattstunden vor Ort - 105 verbrauchen wir. Rund 10 Prozent dieses erneuerbaren Stroms exportieren wir, das heißt, wir produzieren tageweise schon mehr Strom als wir benötigen." Doch warum die überschüssige, lokal erzeugte Energie nicht auch vor Ort nutzen? Etwa für Mobilität oder zur Abdeckung von Leistungsspitzen? Das fragten sich die findigen Genossenschaftler und machten sich auf die Suche nach einem passenden Energiespeicher.

Käser erklärt, wie es technisch funktionieren soll: Beim Verfahren Power-to-Gas wird mittels Elektrolyse aus überschüssigem erneuerbaren Strom zunächst Wasserstoff erzeugt. Der wiederum wird in einem Bioreaktor unter Hinzugabe von Kohlendioxid aus der örtlichen Kläranlage in Biomethan verwandelt. Den Job erledigen winzige Urzeitmikroben. Die Technologie stammt von dem Planegger Unternehmen Electrochaea "Das Biomethan wollen wir speichern und könnten damit beispielsweise rund 250 Gasautos oder alle Stadtbusse fahren lassen", so Käser, "und zwar 100 Prozent emissionsfrei." Auf diese Weise würde auch die Mobilitätswende vor Ort einen Sprung nach vorne machen - gemäß dem Anspruch der BEG.

Beim Stichwort Mobilität kam natürlich auch die Idee auf, den örtlichen Audi-Händler mit an Bord zu holen. Michael Stigl-mayr zeigt durchaus großes Interesse am Projekt "Infinity 1": "Wir haben früher schon Fahrzeuge umgerüstet und bieten unseren Kunden natürlich auch alle aktuellen g-tron-Modelle von Audi an. Wir verfügen sogar über einen g-tron-Vorführwagen, weil wir bei diesem Thema vorne mit dabei sein wollen." Für Käser insgesamt eine Win-win-Situation: "Wir wollen natürlich, dass diese Fahrzeuge bei uns fahren und einen Beitrag zur regionalen Mobilitätswende leisten. Und Audi hat uns gesagt: ,Wir sind dabei.'"

Power-to-Gas ist für den Ingolstädter Automobilbauer kein Neuland: "Für mehr Nachhaltigkeit drücken wir gern aufs Gas", heißt es auf der Homepage. Das Audi-Projekt im niedersächsischen Werlte koppelt den regenerativ erzeugten Strom über die Erzeugung von Methan an das Erdgasnetz an und trägt so dazu bei, das Problem der Speicherung überschüssigen Wind- oder Solarstroms zu lösen. Pro Jahr produziert die Anlage etwa 1000 Tonnen Gas und bindet dabei zirka 2800 Tonnen CO2. Das entspricht etwa der Menge, die ein Wald mit über 220 000 Buchen im Jahr aufnimmt.

Der Sprecher der BEG betont indes, das Projekt "Infinity 1" sei in dieser Konstellation bisher einmalig in Deutschland. "Es ist vom Bau her machbar und kann unseren Berechnungen zufolge im Betrieb kostendeckend sein," meint Käser. Vorausgesetzt, die Politik errichte keine neuen Hürden hinsichtlich der Projektgenehmigung, könne es bis 2020 losgehen. Pro Jahr sollen dann rund 616 500 Kubikmeter Biomethan produziert werden. Was der emissionsfreie Kraftstoff genau kosten wird, kann Käser jetzt noch nicht sagen, das hänge auch von bundespolitischen Rahmenbedingungen ab, die sich schnell ändern können. Aber die Zeichen stünden eher auf Verbesserungen: "Dass wir Speichersysteme für erneuerbaren Strom brauchen, ist mittlerweile Konsens innerhalb aller Parteien. €

Das Projekt "Infinity 1" wird heute am "Tag der erneuerbaren Energien" in Pfaffenhofen vorgestellt, der Teil der Themenwoche "Energie für alle" ist. Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr im Stockerhof, Münchener Straße 86. Unter anderem wird Naturwissenschaftler Helmut Muthig vorführen, wie Urzeitmikroben Biomethan produzieren.