Nürnberg
Leoni hat gestohlenes Geld abgeschrieben

Millionen flossen nach China und Hongkong Zulieferer mit Gewinneinbruch

23.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:26 Uhr

Nürnberg (dpa) Der von Unbekannten im Vorjahr um 40 Millionen Euro betrogene Autozulieferer Leoni hat sich damit abgefunden, das Geld nie wiederzusehen. "Wir rechnen nicht damit, das Geld substanziell zurückbekommen zu können", stellte Leoni-Finanzvorstand Karl Gadesmann bei der Bilanzkonferenz seines Unternehmens gestern in Nürnberg fest.

Inzwischen sei klar, dass die mit der sogenannten "Chef-Betrugs"-Masche ergaunerten Firmengelder auf Konten in China und Hongkong gelandet seien, berichtete der Manager.

Bevor die Leoni-Gelder auf die beiden Konten gelangten, seien sie über ein weitverzweigtes Netz von weltweit mehr als 50 Konten transferiert worden, sodass eine Nachverfolgung des Geldflusses nur schwer möglich sei, erläuterte Gadesmann. Die Täter seien weiter unbekannt. Hinweise, dass Leoni-Mitarbeiter in die kriminellen Machenschaften verstrickt seien, gebe es nicht. Die unbekannten Betrüger hatten sich gegenüber Mitarbeitern ausländischer Leoni-Gesellschaften "mit falschen Daten und Identitäten" als hochrangige Leoni-Manager ausgegeben; in dieser angeblichen Funktion ordneten sie zahlreiche Überweisungen in zumeist einstelliger Millionenhöhe auf ausländische Konten an. "Das Ganze lief über einen Zeitraum von drei Wochen. Das ging so schnell, dass für uns keine Reaktionszeit blieb, die über ein weitverzweigtes Netz laufenden Geldtransfers zu stoppen", berichtete Gadesmann.

Als Konsequenz aus dem Betrugsfall hat der Vorstand inzwischen vier Mitarbeiter entlassen; ein für Personalfragen zuständiger Geschäftsführer wurde abgemahnt. Firmeninterne Untersuchungen hätten ergeben, dass "Fehlverhalten und Regelverstöße einiger Mitarbeiter die millionenschweren Betrügereien begünstigt" hätten, sagte der Finanzvorstand. Als Sofortmaßnahmen habe man die Abläufe im Zahlungsverkehr unter die Lupe genommen, Mitarbeiter geschult und das interne Kontrollsystem überprüft. Auch wenn eine Versicherung mit einer Fünf-Millionen-Zahlung für einen Teil des Schadens aufkommt, haben die Betrügereien neben anderen finanziellen Belastungen die Leoni-Bilanz für 2016 ordentlich verhagelt.

Bei einem auf 4,431 Milliarden Euro (minus 1,6 Prozent) gesunkenen Umsatz verringerte sich der operative Gewinn (Ebit) um fast die Hälfte; er lag bei 78,1 Millionen Euro. Der Gewinneinbruch geht zum einem auf das Konto des Betrugsfalls, andererseits auf Kosten einer teuren Reorganisation des schwächelnden Kabelbereichs.

Für 2017 hofft der Vorstand nach fast drei schwierigen Jahren aber wieder auf eine "Rückkehr in die Erfolgsspur", wie Leoni-Vorstandschef Dieter Belle (Foto) betonte. Der Umsatz soll um rund 170 Millionen Euro auf rund 4,6 Milliarden Euro wachsen. Beim operativen Gewinn (Ebit) strebt der Konzern mit 180 bis 200 Millionen Euro mehr als eine Verdoppelung des Gewinns von 2016 an.